Heimatverein lässt Gedenktafel restaurieren
Zum Todestag eines gefallenen Mühlheimers soll sie wieder aufgehängt werden
MÜHLHEIM - Der Heimatverein Mühlheim lässt derzeit eine Tafel restaurieren, die an die Gefallenen des deutsch-französischen Kriegs 1870/71 erinnert. Wenn Corona nicht dazwischen funkt, soll sie am 30. November vorgestellt werden – einem Tag mit Symbolcharakter.
Die Schlacht bei Villiers ist einer der letzten Versuche der französischen Armee, die deutschen Truppen am Einmarsch nach Paris zu hindern. Von Mobilgarden aus der Hauptstadt unterstützt, marschiert sie Ende November bei Villiers gegen preußische, württembergische und sächsische Truppen – und erleidet eine furchtbare Niederlage, Paris steht den Angreifern offen.
Das erste von zwei Gefechten der Schlacht, die sich insgesamt über mehrere Tage zieht, findet am 30. November beim Ort Coenilly statt. Zu den Toten auf deutscher Seite zählt auch der Mühlheimer Franz Carl Henninger vom 1. Württembergischen Infanterieregiment „Königin Olga“, der beim Ort Coenilly fällt. Der Tag wird als sonnig und kalt beschrieben. Henninger, einfacher Soldat, gehört damit zu den drei Toten aus dem kleinen Mühlheim an der Donau, die in diesem Krieg sterben, dessen Beginn 150 Jahre zurück liegt.
Wenige Jahre später gibt der neu gegründete Veteranenverein der Donaustadt ein so genanntes Epitaph in Auftrag – es entsteht eine Gedenktafel aus Sandstein, die an der Kirchenmauer verankert wird. Mit den Jahrzehnten hat sie unter der Feuchtigkeit gelitten; jetzt saniert der Fridinger Steinmetz Klaus Locher die Tafel. Am Todestag Franz Carl Henningers soll sie wieder ihren angestammten Platz finden. Seitens der Gemeinde betreut Stadtarchivar Ludwig Henzler das Projekt.
Derzeit liegt die Tafel in der Steinmetz-Werkstatt Klaus Lochers – und zeigt schon erste Spuren der Bearbeitung, Die Zeit hat an ihr Spuren hinterlassen; Feuchtigkeit ist in den porösen Stein eingedrungen und hat dort Salze und Kalk gelöst. Die früher golden bemalten Buchstaben des Textes sind nur noch schwerlich lesbar, hier und da zeigt die etwa 1,60 Meter hohe Tafel Risse und Brüche. Die größeren Fehlstellen hat Klaus Locher bereits ausgebessert – er kennt sich mit solchen Vorhaben aus; so hat er schon an der Sanierung mehrerer Kirchen oder auch des Schwarzen Tors in Rottweil mitgewirkt. In zwei Buchstaben hat er aktuell testweise Goldfarbe aufgebracht, die den Text wieder lesbar machen soll.
Der rötliche Sandstein stammt aus Renfrizhausen bei Sulz; wer das Epitaph seinerzeit gefertigt hat, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Vermutlich, schätzt Ludwig Henzler, hat der 1873 gegründete Veteranenverein die Tafel aus einer Werkstatt in Tuttlingen bezogen. Sie spielte im Gemeindeleben nach ihrer Einweihung viele Jahre lang eine wichtige Rolle – etwa beim jährlichen Sedanstag, an dem das Deutsche Reich an die siegreiche Schlacht bei Sedan am 2. September 1870 erinnerten, oder an den Geburtstagsfeiern zu Ehren des württembergischen Königs.
Namentlich genannt werden auf dem Denkmal der Feldwebel Moriz Buhl (von Mauritius, manchmal auch Moritz geschrieben), gestorben 28jährig am 10. Dezember 1870, der Obermann (ein damals gebräuchlicher militärischer Rang) Ulrich Wirth und eben Franz Carl Henninger. Gewidmet ist die Tafel den Gefallenen von „ihren Waffenbrüdern, Freunden und Anverwandten“- eine private Initiative also. Das ist auch die aufwändige Sanierung – der Heimatverein hat sie in Auftrag gegeben und wendet dafür immerhin 6000 Euro auf; Ludwig Henzler erforscht parallel dazu die Geschichte der regional einzigartigen Tafel und der dort erinnerten Personen. Ihren Platz finden soll sie wieder in jener Nische der Kirchenmauer, wo sie fast 150 Jahre lang stand, zuletzt wohl nur noch wenig beachtet, weil andere Kriege den von 1870/71 in der Erinnerungskultur überlagerten. Klaus Locher wird sie dann auf eine Metallkonsole stellen, damit sie vor kriechender Feuchtigkeit aus dem Boden geschützt ist.
Ludwig Henzler freut sich auf den Tag, wobei noch nicht genau feststeht, welches Programm Corona zulässt. Der Archivar ist auch persönlich betroffen: Der gefallene Franz Carl Henninger ist weitläufig einer seiner Vorfahren. Und auch Ulrich Wirth hat noch Nachkommen. So ganz weit zurück liegt die Vergangenheit also noch nicht.