Kreisseniorenrat: Vorschriften mit Nachdruck durchsetzen
Gremium kritisiert „geringen Teil der Bevölkerung“, der Gesundheit anderer Menschen gefährdet
TUTTLINGEN (pm) - Der Vorstand des Kreisseniorenrates hat mit Dr. Jürgen Schmidt, Chefarzt der Klinik Tuttlingen, über das Coronavirus und die Folgen diskutiert. Der Vorsitzende Anton Stier forderte die Ordnungsbehörden auf, mit Nachdruck die Einhaltung der Vorschriften durchzusetzen. Schließlich sei das Virus sehr gefährlich und es stünde nicht nur der Wohlstand des Landes auf dem Spiel.
Es sei nicht nachvollziehbar, dass viele Menschen diese Pandemie auf die leichte Schulter nehmen und keine Rücksicht auf die große Zahl von Menschen nehmen, die sich Sorgen um die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Gesellschaft machen, heißt es in einer Pressemitteilung. Deshalb appellierte Stier an alle, „die Schutzmaßnahmen ernst zu nehmen und umzusetzen.“Es gebe ein Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Religionsausübung. Es gäbe aber auch ein Recht auf Leben und Gesundheit, das der überwiegende Teil der Bevölkerung einfordere. „Es kann nicht sein, dass ein geringer Teil der Bevölkerung durch ihr Verhalten, die Gesundheit aller aufs Spiel setzt“, sagt Stier. Insbesondere für Risikopatienten sei das Virus sehr gefährlich, habe Auswirkungen auf Familien und die Wirtschaft.
Bei dem Treffen zeigte Schmidt nach den Erfahrungen im Klinikum Tuttlingen im Frühjahr auf, dass der Verlauf der Erkrankung sehr unterschiedlich war. Die Inkubationszeit betrage vier bis sieben Tage, die Infektiosität allerdings fünf bis 14 Tage. Bei einem leichten Verlauf würden die Symptome neun Tage auftreten. Die Chancen einer Genesung würden bei 95,5 Prozent liegen.
Bei einem moderaten Verlauf gehe man von einem 14-tägigen Krankenhausaufenthalt aus, heißt es in der Mitteilung. Unter anderem sei dann der Einsatz von Sauerstoff nötig. Die Heilungschancen würden dann nur noch bei 75 Prozent liegen.
Bei schwerem Verlauf, verdeutlichte der Mediziner, müsse man von zehn Tagen auf der Intensivstation ausgehen. Die Patienten hätten schwere Ateminsuffizienz. 35 bis 50 Prozent der Beatmeten sterben an den Folgen. Bei der Krankheit treten schwere Lungenschäden und Gefäßschäden auf, teilte Schmidt mit, der dies auf Röntgenbildern nachwies. Viele Patienten würden in Folge von Gefäßschäden sterben. Auch Schäden an Nieren oder am Geruchsinn seien verbreitet.
Das Klinikum habe sich auf die Pandemie aber gut eingestellt, sagte Schmidt. Es wurde eigens ein extra Infektionstrakt eingerichtet, es werden täglich Corona-Konferenzen abgehalten, alle Mitarbeiter wurden geschult und die Versorgung mit Beatmungsgeräten und Schutzausrüstung sei sichergestellt. Einen Engpass habe es dabei nie gegeben. Der Referent gab auch eine Bewertung der Therapiemittel ab. Hydroxychloroquin, das Malariamittel, das Donald Trump empfahl, bringe keine Erfolge. Bei dieser Therapie steige allenfalls das Risiko für das Herz. Die Behandlung mit Antikoagulation – Blutverdünnung – könne die Sterblichkeit reduzieren. Die Therapie mit Remdesivir bringe leichte Verbesserungen, aber keine Verbesserung bei der Sterblichkeit.
Insgesamt 321 Impfstoffe seien in der Entwicklung. Der russische Impfstoff Sputnik sei aber nur an wenigen gesunden männlichen Personen getestet worden. Ergebnisse lägen noch nicht vor. Patienten, die genesen sind, haben sich in Einzelfällen wieder infiziert, dabei handle es sich um eine Mutation des bisherigen Virus.
Schmidt ist der Auffassung, dass uns das Virus dauerhaft erhalten bleibt. Man müsse sich auch auf einen längerfristigen Umgang mit dem Virus einstellen, zumal es voraussichtlich keine Impfpflicht geben wird, und nicht alle sich impfen lassen werden. Umso mehr sei es wichtig, sich an die Vorschriften zu halten und Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen.
Seitens des Kreisseniorenrates wurde die Regionalversammlung des Landesseniorenrates und die Hauptversammlung, die beide für November vorgesehen waren, abgesagt.