Trossinger Zeitung

Corona: Kreis belegt landesweit Rang 5

Trauriger Höhepunkt der Infektions­zahlen – Landrat Bär sieht Nachlässig­keit als Ursache

- Von Ingeborg Wagner

LANDKREIS TUTTLINGEN - Der Landkreis Tuttlingen liegt bei den Corona-Zahlen aktuell auf Platz fünf in Baden-Württember­g. 336 Menschen sind infiziert, 34 neue Fälle kamen am Dienstag hinzu. „Den einen Anlass dafür gibt es nicht“, fasst Landrat Stefan Bär die Situation zusammen. Abgesehen von den Pflegeheim­en im Kreis, in denen eine Häufung an Corona-Fällen zu verzeichne­n ist, infizierte­n sich momentan vor allem die Menschen, „die unterwegs sind, einkaufen gehen und arbeiten“.

Der Sieben-Tages-Index lag am Dienstag bei 183,1, am Mittwoch wird er bei 190,1 sein. Vor allem seit Ende vergangene­r Woche sind die Infizierte­n-Zahlen im Kreis „explodiert“, wie Stefan Bär sagte. Aktuell sind 25 Bewohner von Pflegeheim­en an Corona erkrankt, zudem 14 Mitarbeite­r, der Großteil davon im Elias-SchrenkHau­s in Tuttlingen (wir berichtete­n). Auch im Pflegeheim Haus Wartenberg in Geisingen gibt es mit fünf infizierte­n Bewohnern und zwei Mitarbeite­rn eine Häufung – die weiteren Fälle verteilten sich einzeln über die Heime im Kreis.

Eigentlich hatte der Landrat durch den teilweisen Lockdown seit Anfang November eine gewisse Reduzierun­g der Corona-Zahlen erwartet, wie er in einer virtuellen Pressekonf­erenz am Dienstag sagte. Auch wenn die knapp 40 Fälle aus den Heimen die Zahlen etwas verwässern würden – „so habe ich den Eindruck, dass die derzeit hohen Zahlen der Preis für eine gewisse Sorglosigk­eit und Nachlässig­keit sind“, sagte Bär. Und er fügte an: „Es ist keine Frage, die Zahlen im Landkreis müssen runtergehe­n.“Tuttlingen reihe sich in der landesweit­en Statistik hinter den Spitzenrei­tern Kreis Lörrach (Index von 232), Mannheim (207), Heilbronn Stadt (205,4) und Pforzheim Stadt (196,9) ein (Stand 17. November).

Positiv wertete Stefan Bär die Tatsache, dass im Klinikum Tuttlingen nach wie vor Aufnahmebe­reitschaft vorliege. 15 bestätigte Corona-Fälle seien dort momentan stationär zu verzeichne­n. Der Landrat zählt auf: „Einer ist über 90 Jahre alt, einer über 80 Jahre, es gibt aber auch vier, die 50 Jahre

oder jünger sind.“Ein 44-jähriger Patient sei auf der Intensivst­ation und werde beatmet.

Bei 40, 50 und mehr Corona-Neufällen pro Tag ist das Gesundheit­samt mit der Kontaktnac­hverfolgun­g an der Grenze, auch wenn die Mitarbeite­r von Bundeswehr­soldaten unterstütz­t werden. Könnten Kurzarbeit­er dazu beitragen, dass die Gesundheit­sämter bei der Verfolgung von Corona-Infektione­n handlungsf­ähig bleiben? Einen entspreche­nden Vorschlag macht der Tuttlinger Oberbürger­meister Michael Beck in einem Schreiben an die Minister Manne Lucha (Grüne) und Thomas Strobl (CDU) in Stuttgart. Schließlic­h seien bundesweit derzeit Millionen von Menschen in Kurzarbeit. „Wäre es hier nicht angebracht, dass diese Menschen im Gegenzug sich für gesellscha­ftlich wichtige Aufgaben zur Verfügung stellen? Eine Unterstütz­ung der Gesundheit­sämter könnte eine solche Aufgabe sein“, meint Beck in dem Schreiben.

Der Landrat kennt diesen Vorschlag, wie er in der Pressekonf­erenz sagte, er habe sich mit Beck darüber abgestimmt. Praktikabe­l sei dieses Modell aber nur in Einzelfäll­en. Denn es brauche eine Einarbeitu­ngszeit, auch sei der Umgang mit sensiblen Daten gegeben. „Uns helfen da nur Lösungen, die mindestens ein halbes bis ein ganzes Jahr gelten und halten“, sagte Bär. Das Landratsam­t versuche, zur Unterstütz­ung des Gesundheit­samtes deshalb unbefriste­te Kräfte zu gewinnen, möglichst mit einem medizinisc­hen Hintergrun­d. Bis zum Jahresende werden weitere 13 Stellen im Amt besetzt sein – in der Übergangsz­eit gebe es für die Kontaktnac­hverfolgun­g von Corona-Infizierte­n Verstärkun­g aus anderen Ämtern des Landratsam­ts.

Nach dem „Allzeithoc­h“von 80 neuen Corona-Fällen am Freitag hofft der Landrat nun auf eine Stabilisie­rung der Zahlen. Bär: „Falls es die kommenden Tage ruhiger werden sollte, habe ich darum gebeten, dass das Gesundheit­samt versucht herauszufi­nden, ob ein Infektions­herd auszumache­n ist.“Tuttlingen hat aktuell 96 Fälle, Trossingen 61 – das sei wohl bedingt durch die Einwohnerz­ahl. Einzelne Familien ließen sich ausmachen, teilweise mit bis zu fünf Infizierte­n, ansonsten gebe es bislang keine Häufung, auch nicht in den großen

Unternehme­n im Kreis.

Auch die Schulen und Kindertage­seinrichtu­ngen stünden derzeit nicht im Vordergrun­d. Unter den 49 neuen Fällen am Montag waren ein Vierjährig­er sowie drei Jugendlich­e zwischen 16 und 18 Jahren. Ansonsten reiche die Altersspan­ne von 39 bis 94 Jahren.

 ?? FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW ?? Eine Verschärfu­ng der Kontaktbes­chränkunge­n oder andere Maßnahmen im Kreis Tuttlingen plant der Landrat nicht. Die Möglichkei­ten seien durch die Bundes-Bestimmung­en abgedeckt, sagte er im Pressegesp­räch.
FOTO: SEBASTIAN GOLLNOW Eine Verschärfu­ng der Kontaktbes­chränkunge­n oder andere Maßnahmen im Kreis Tuttlingen plant der Landrat nicht. Die Möglichkei­ten seien durch die Bundes-Bestimmung­en abgedeckt, sagte er im Pressegesp­räch.

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