Der Einzelhandel leidet unter fehlender Kundschaft
Umsätze gehen zurück – Händler finden: Mit Maske, Abstand und Desinfektion könne man sich kaum anstecken
TUTTLINGEN - Der Einzelhandel in Tuttlingen ächzt unter der CoronaKrise. Als „katastrophal“bezeichnen viele Händler die derzeitige Situation. Die Laufkundschaft fehlt, die Umsätze sind teils miserabel. Dabei finden viele Händler: Da in den Geschäften darauf geachtet werde, dass die Hygienevorschriften eingehalten werden, könne man sich beim Einkaufen kaum infizieren. So hoffen die Ladeninhaber nun auf das Weihnachtsgeschäft.
Drei Tage in Folge – von Montag bis Mittwoch – stand Claudia Diener völlig alleine in ihrem Modegeschäft „Elfenreich“. Kein einziger Kunde kam. „Es ist eine Katastrophe“, fasst sie die Situation im Einzelhandel zusammen und spricht damit aus, was auch viele ihrer Kollegen sagen. So etwa auch Andrea Dittrich-Meurer vom Modeladen „Aust“. „Bis letzte Woche lief es noch recht gut, aber aktuell ist es ganz furchtbar“, sagt sie.
Dass so wenige Menschen in die Geschäfte kommen, sehen die Händler auch darin begründet, dass Cafés und Gastronomiebetriebe geschlossen sind. „Wenn man nicht mal einen Kaffee trinken kann, hat man doch auch keine Lust zum Shoppen“, kann Diener vom Elfenreich das Verhalten der Menschen nachvollziehen. Auch Arthur Wenkert vom „Werkstättle“beobachtet dies: „Was völlig fehlt, sind diejenigen, die einfach durch die Stadt bummeln. Wenn jemand kommt, dann nur diejenigen, die gezielt in mein Geschäft möchten.“Hätte er nicht eine treue Stammkundschaft, würde es für ihn düster aussehen.
Was manche Händler zudem auch ärgert, ist der Aufruf der Stadtverwaltung
und der Gemeinderäte an die Bürger, zuhause zu bleiben. Auch wenn man diese Haltung einerseits nachvollziehen könne: „Die andere Seite ist einfach, dass man ja auch die Innenstadt beleben und die Geschäfte unterstützen möchte“, sagt etwa Claudia Diener. Sie findet: Wer sich an die Hygienevorschriften halte, also Maske trage und Abstand halte, könne sich beim Klamotteneinkaufen kaum infizieren. „Da gibt es wirklich andere Quellen als den Einzelhandel.“
„Für diejenigen, die von ihren Läden leben müssen, ist es schwierig“, appelliert auch Catherine Römer von „Römers Spitzentee“an die Menschen, doch weiterhin vor Ort einkaufen zu gehen. Das sieht auch Andrea Dittrich-Meurer von „Aust“so. Natürlich sei es richtig, angesichts der steigenden Infektionszahlen Maßnahmen zu ergreifen, „aber man muss auch an die Einzelhändler denken“. Nur Zuhause bleiben könne nicht die Lösung sein. Zum ersten Mal werde sie kommende Woche eine Aktion zum Black Friday machen – in der Hoffnung, den Umsatz anzukurbeln.
Doreen Gebhardt vom gleichnamigen Dessous-Geschäft in der Oberen Hauptstraße betont, wie sehr sie in ihrem Geschäft auf Hygiene achte. Sie desinfiziere regelmäßig, halte Abstand: „Die Kunden können hier wirklich sicher sein“, glaubt sie – und hofft, dass die Tuttlinger dem Handel vor Ort treu bleiben und nicht ins Internet abwandern.
Online bestellen – diese Option gibt es inzwischen bei vielen Tuttlinger Händlern. In Stiefels Buchladen und Buch Greuter zum Beispiel schon lange. Auch bei Greuter merkt man die Umsatzdelle, „aber die Leute, die kommen, kaufen auch mehr
Bücher“, stellt Filialleiterin Katharina King fest. „Ich glaube, dass einige auch bewusst jetzt Bücher kaufen, um mal etwas anderes zu erleben als die Corona-Krise.“Zwar gebe es in der Filiale genug Platz, sagt King, und die maximale Kundenzahl werde selten erreicht. Dennoch will Greuter in der Adventszeit die Öffnungszeiten verlängern, um die Kundenströme noch weiter zu entzerren.
Beim Outdoorladen Vaude und Lederwaren Kohler-Gehring – die Geschäfte der Familie Sutter – ist der Kundenrückgang ebenfalls spürbar. „Es werden von Tag zu Tag weniger“, sagt Jörg Sutter. Koffer seien aufgrund der Reisebeschränkungen nicht gefragt, er hofft auf Lockerungen im Frühjahr und Sommer. Die Outdoorbranche sei gut durch den ersten Lockdown gekommen, jetzt habe die Nachfrage aber ebenfalls nachgelassen. Neben Online-Marketing und Lieferservice setzen die Sutters nun auf das Weihnachtsgeschäft.
Der November ist eigentlich der stärkste Monat für Ute Raible von „Hobby Creativ“. Deko- und Bastelartikel hätten vor allem vor Weihnachten Saison. Auch sie spüre, dass weniger Umsatz gemacht werde als im Vorjahr, jammern will sie aber nicht: „Solange wir öffnen dürfen, geht’s uns gut“, meint sie. „Bestimmt zieht es vor Weihnachten nochmal an.“Ganz zufrieden zeigt sich Frank Butsch von Intersport Butsch. „Für die momentane Situation haben wir eine gute Frequenz“, beschreibt er, dass Artikel wie Wander- oder Joggingschuhe stark gefragt seien.
Für ihn, wie auch für etliche andere Händler, bleibt nun die spannende Frage, ob die Geschäfte weiterhin aufbleiben dürfen und ob sie im Dezember auf ein bisschen Weihnachtsgeschäft hoffen dürfen.