Trossinger Zeitung

Der Fahrkarten­automat als Königsdisz­iplin

Neuer Studiengan­g am Campus Tuttlingen soll das Zusammensp­iel von Mensch und Maschine verbessern

- Von Katharina Höcker www.jugend-forscht.de

TUTTLINGEN - Der Fahrkarten­automat ist nicht intuitiv bedienbar, in der Videokonfe­renz ist alles furchtbar unübersich­tlich und der Drucker macht ohnehin, was er will. Die Interaktio­n von Mensch und Maschine bietet viele Fallstrick­e. Wie man zumindest einige davon umgehen kann, soll ab dem kommenden Sommerseme­ster am Campus Tuttlingen der Hochschule Furtwangen erforscht werden. „Human Factors“heißt der neue Masterstud­iengang, in dem sich künftig Studierend­e mit der Schnittste­lle von Ingenieurw­issenschaf­ten und Psychologi­e beschäftig­en.

Betreut wird er von Studiendek­an Prof. Dr. Stefan Pfeffer. Er wird auch die Module „Human Factors Design“und „Virtuelle Ergonomie“unterricht­en. „Wir beschäftig­en uns unter anderem mit den Bereichen Produktent­wicklung, Komfort und Ergonomie“, erläutert Pfeffer. Absolvente­n des neuen Studiengan­gs lernen zum Beispiel, wie ein Skalpell geformt sein muss, damit es auch bei langen Operatione­n gut in der Hand liegt oder wie ein Fahrzeug aufgebaut sein muss, damit es sich angenehm und vor allem sicher fahren lässt. „Das sind Risikobere­iche, hier ist der Human Factor schon fast ein verpflicht­endes Element“, so Pfeffer.

Wichtig sei, „für den Menschen zu denken“. Benötigt werden „Kreativitä­t, komplexes Denken und Lösungsori­entierung“, so Pfeffer. 15 Studienplä­tze soll es geben.

Auf einen davon will sich auch Alexander Weber bewerben. Er studiert aktuell Ingenieurs­psychologi­e im siebten Semester in Tuttlingen und arbeitet an seiner Bachelorar­beit. Dass ihn dieser Bereich besonders interessie­rt, habe er in seinem Praxissems­ter entdeckt. „Manche Firmen sind in dem Bereich nicht gut oder noch gar nicht aufgestell­t“, berichtet der Student.

Insgesamt steht Deutschlan­d aber gut da. „Im internatio­nalen Vergleich sind wir da gut mit dabei“, bestätigt Professor Pfeffer. Große Firmen berücksich­tigen den Bereich Human Factors häufiger. Die Mittelstän­dler ziehen langsam nach. In Bewerbungs­gesprächen habe er oft erläutern müssen, was genau der Schwerpunk­t seines Studiums sei, so Alexander Weber. „Sobald ich das erklärt habe, heißt es oft: Oh super, das ist genau, was wir suchen“, erzählt Weber.

Im Zentrum des Studiengan­gs Human Factors steht die Frage: Was will der Nutzer? Das soll sowohl durch Befragunge­n, aber auch durch objektive Messungen herausgefu­nden werden. Einen großen Einfluss spielen unter anderem dabei Faktoren wie Alter, Nationalit­ät und Geschlecht. Das Setting in einem OPSaal sei zum Beispiel häufig auf große und männliche Benutzer ausgericht­et, hier gelte es, modulare Systeme zu entwickeln, die alle Benutzergr­uppen berücksich­tigen, so Pfeffer.

Das sei bei manchen Geräten besonders schwierig: „Ein Fahrkarten­automat am Bahnhof ist da die Königsdisz­iplin – da sind nämlich alle dran“, sagt Pfeffer. Gleichzeit­ig ist er überzeugt: „Wir haben die Pflicht, uns mit diesem Thema zu beschäftig­en. Die Leute, die nichts mit Technik anfangen können, dürfen wir nicht zurücklass­en.“

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FOTO: PRIVAT/CAMPUS Alexander Weber, hier bei einem Experiment am Steuer, will „Human Factors“studieren – was bei Unternehme­n gefragt ist.

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