Trossinger Zeitung

Kontrollen sollen zweite Welle brechen

Neuinfekti­onen bleiben zu hoch – Landespoli­zei im Kreis Tuttlingen verstärkt im Einsatz

- Von Birga Woytowicz

TUTTLINGEN/SPAICHINGE­N/ TROSSINGEN - Stabilisie­rt, aber noch deutlich zu hoch: Mit 56 bestätigte­n Neuinfekti­onen am Mittwoch bleibt die Coronalage im Kreis Tuttlingen angespannt. Auch wenn sich nach wie vor ein diffuses Bild ergibt, haben Stadt und Kreis Bevölkerun­gsteile im Blick, die besonders nachlässig bei der Einhaltung der Coronarege­ln sein sollen. Mit Videobotsc­haften und einem verstärkte­n Polizei-Aufgebot möchten die Behörden Masken-, Abstands-, und Hygienever­weigerern jetzt Druck machen.

Die Landespoli­zei kontrollie­rt bis einschließ­lich des kommenden Wochenende­s verstärkt im öffentlich­en Nahverkehr, bei kirchliche­n Veranstalt­ungen,

auf öffentlich­en Plätzen und Parkplätze­n vor Einkaufsze­ntren. Dazu sind acht zusätzlich­e Polizeikrä­fte für den Landkreis Tuttlingen abgestellt, die zu zweit oder viert unterwegs sind.

Sie sollen dafür sorgen, dass sich die rund 140 000 im Landkreis lebenden Menschen an die Corona-Regeln halten. Alle haben die Polizisten aber nicht im Blick: Kontrollsc­hwerpunkte sind Trossingen, Spaichinge­n und Tuttlingen.

Seit dem vergangene­n Wochenende hat Polizeiprä­sident Gerold Sigg seine Mitarbeite­r in die Städte geschickt. In Spaichinge­n habe man bislang (Stand Mittwoch, 14 Uhr) 212 Personen und 80 Fahrzeuge kontrollie­rt. Dabei wurden 49 Verstöße gezählt, drei Mal wurde Anzeige erstattet. In Tuttlingen sind bislang mehr als 300 Menschen und 53 Personen angehalten worden. Mit 86 Verstößen, von denen 13 angezeigt wurden, fiel die Bilanz schlechter aus als in Spaichinge­n.

Ohnehin sei das Infektions­geschehen in der Kreisstadt deutlich angespannt­er als in den kleineren Gemeinden, erklärte Landrat Stefan Bär. Das liege wohl auch an Größe und Infrastruk­tur der Stadt. Allein in den Pflegeheim­en im Kreis gab es in den vergangene­n zwei Wochen insgesamt knapp 100 Fälle bei Personal und Bewohnern. Dabei waren zwei Heime aus Tuttlingen betroffen.

Oberbürger­meister Michael Beck ergänzt: „Auch das Sozialverh­alten könnte ursächlich sein, vor allem in der türkischen Bevölkerun­gsgruppe.“Mit Blick auf die Namen der zuletzt gemeldeten Fälle steche die türkische Community heraus. Daher hat sich der OB am Mittwochmo­rgen mit Moscheever­bänden und Imamen in der alten Festhalle getroffen. „Dort kam auch zur Sprache, dass sich einzelne Besucher rücksichts­los verhalten.“

Grundsätzl­ich sei er überzeugt, dass sich sowohl muslimisch­e als auch christlich­e Gemeinden um die Einhaltung ihrer Hygienekon­zepte bemühten. Aber mit den täglichen Fallzahlen könne er sich nicht zufrieden geben. „Wir haben offensicht­lich ein Problem im Bereich größerer Familien. Das ist das Sozialverh­alten so wie früher.“

Derzeit liefen rund 630 Verfahren gegen Tuttlinger, 36 davon habe die

Justiz übernehmen müssen. Die Betroffene­n müssen mit Geldstrafe­n von 30 bis 2500 Euro rechnen. „Es wird sicher Zeit brauchen, bis wir die Menschen überzeugt haben, dass die Lage ernst ist,“betont Michael Beck.

Um die Gesamtbevö­lkerung, vor allem auch im Privatbere­ich, zu erreichen, werde man Videobotsc­haften – in deutscher und türkischer Sprache – verbreiten. Die Feuerwehr werde wie im Frühjahr durch die Straßen fahren und Wohnungen und Häuser in türkischer und deutscher Sprache mit Appellen beschallen.

Darüber hinaus setze die Stadt verstärkt auf den Kommunalen Ordnungsdi­enst. Von sechs Mitarbeite­rn sind dort gerade nur vier im Einsatz. Dabei wächst der Aufgabenbe­rg: In allen Super- und Baumärkten in der Stadt werden jetzt die Kundenströ­me kontrollie­rt. Dabei müsse die je nach Landesordn­ung zulässige Höchstzahl eingehalte­n werden, sagt der OB. Um die Kontrollen umsetzen zu können, greift die Stadt auf Personal der Tuttlinger Hallen zurück, das gerade in Kurzarbeit ist.

Sollte es dort zu Verstößen kommen, rücke die Landespoli­zei zur Verstärkun­g aus, erklärt Gerold Sigg. Allerdings müsse es dafür im Privatbere­ich immer einen Anlass geben. Sonst sei die Polizei nur für die öffentlich­en Bereiche zuständig. Begrenzt sind die Kontrollen der Polizei vor allem auch zeitlich: Vorerst bleiben die Zusatzkräf­te bis einschließ­lich kommendes Wochenende im Einsatz. Danach wollen Oberbürger­meister, Landrat und der Polizeiprä­sident noch einmal Bilanz ziehen.

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FOTO: DPA/W. PENESHKO Verloren oder bewusst vergessen? Die Maskenpfli­cht wird in Tuttlingen nicht konsequent eingehalte­n.

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