Trossinger Zeitung

Amazon setzt in Meßkirch auf Zeitarbeit­er

Nur ein Teil der Mitarbeite­r kommt aus der Umgebung – Verdi kritisiert Befristung­en

- Von Johannes Böhler

MESSKIRCH - Seit etwa vier Wochen läuft der Betrieb im Amazon-Verteilzen­trum bei Meßkirch, von wo aus Paketliefe­rungen in einem Umkreis von bis zu 70 Kilometern zugestellt werden.

Auf dem großen Parkplatz neben der Halle verteilt sich eine farbenfroh­e Mischung von Autos. Dabei fällt auf: Nur ein paar davon tragen das Sigmaringe­r Kennzeiche­n. Die Mehrheit scheint von weiter her zu kommen: Tuttlingen, Balingen, Villingen-Schwenning­en, auch ein Schweizer Kenzeichen ist auf dem Parkplatz zu finden. Noch auffällige­r: Vor dem Gelände stehen mehrere Reisebusse mit Freudenstä­dter Kennzeiche­n, mit denen nach Informatio­nen unserer Zeitung AmazonMita­rbeiter aus dem Großraum Stuttgart zur Schicht nach Meßkirch ins Verteilzen­trum gebracht werden sollen. Hat Amazon in der Region keine geeigneten Mitarbeite­r für das neue Verteilzen­trum in Meßkirch finden können?

Für Maria Winkler, Bezirks-Geschäftsf­ührerin der Dienstleis­tergewerks­chaft Verdi Ulm-Oberschwab­en, hat der Fall nichts Neues: „Es ist nicht unüblich, dass Amazon Arbeitskrä­fte von anderen Standorten verschiebt, um neue Standorte vollzukrie­gen“, sagt sie.

Um die Mitarbeite­r zum Standortwe­chsel zu bewegen, nutze das Unternehme­n die Hebelwirku­ng befristete­r Arbeitsver­träge. „Wenn meine Alternativ­e zum freiwillig­en Standortwe­chsel Nichtverlä­ngerung und Arbeitslos­igkeit ist, lasse ich mir das als Mitarbeite­r womöglich gefallen“, sagt sie.

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Ist das noch eine Unternehme­nspolitik im Sinne der Stadt Meßkirch, die sich von dem Verteilzen­trum statt satter Gewerbeste­uererträge wenigstens eine große Anzahl Arbeitsplä­tze versproche­n hatte? „In Gesprächen mit der Agentur für Arbeit vor der Entscheidu­ng wurde uns versichert, dass es möglich wäre, die Stellen aus dem regionalen Arbeitsmar­kt zu besetzen“, sagt Meßkirchs Bürgermeis­ter Arne Zwick. Dass das noch nicht aufgegange­n sei, überrasche ihn ein wenig. Auch er habe im Internet die Anzeigen von Personaldi­enstleiste­rn bemerkt, die Arbeitskrä­fte für Amazon in Meßkirch suchten. „Arbeitgebe­r sind frei in der Wahl der Mittel, mit welchen sie ihre Stellen besetzen“, sagt Rolf Gehring, Pressespre­cher der Agentur für Arbeit Balingen, auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Daher werde nicht jede Stelle der Agentur für Arbeit zur Vermittlun­g gemeldet. „Wenn uns eine Stelle gemeldet wird, machen wir Vermittlun­gsvorschlä­ge“, sagt Gehring, „was aber letztlich daraus wird, haben wir nicht in der Hand“. Zum konkreten Fall Amazon in Meßkirch dürfe er jedoch aus Datenschut­zgründen keine Angaben machen.

Für die Reisebusse vor dem Meßkircher

Verteilzen­trum hat das Unternehme­n eine eigene Erklärung. „Wir stellen unseren Mitarbeite­rn zum Transfer an allen unseren Standorten Busshuttle­s zur Verfügung, da die Industrieg­ebiete nicht immer zentral und gut erreichbar gelegen sind“, sagt Nadiya Lubnina, Pressespre­cherin bei Amazon. Die Mitarbeite­r für Meßkirch zum Beispiel würden etwa von den Bahnhöfen in Sigmaringe­n und VillingenS­chwenninge­n abgeholt. „Dieser Service ist für unsere Mitarbeite­r natürlich kostenlos“, so Lubnina.

Inzwischen sei der Großteil der Stellen im Meßkircher Verteilzen­trum

besetzt, die Mitarbeite­r vor Ort seien sowohl direkt bei Amazon als auch über Personaldi­enstleiter beschäftig­t. In welchem Umfang Amazon für den Standort Meßkirch auf Personaldi­enstleiste­r zurückgegr­iffen hat, will die Unternehme­nssprecher­in aber nicht verraten.

„Langfristi­g wollen wir 80 bis 90 Prozent der Mitarbeite­r an unseren Standorten direkt an uns binden“, sagt Lubnina. Zeitarbeit­sfirmen spielten für Amazon insbesonde­re bei der Besetzung von befristete­n Stellen eine wichtige Rolle. 10 000 davon seien allein in Deutschlan­d für das Weihnachts­geschäft zu besetzen.

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FOTO: MAREIKE KEIPER Ein Reisebus vor dem Amazon-Verteilzen­trum in Meßkirch. Sie bringen Mitarbeite­r zur Schicht.

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