Trossinger Zeitung

„Impfen, wenn Voraussetz­ungen erfüllt sind“

Befürwortu­ng, Skepsis und Ablehnung – Bei Corona-Impfung gehen die Meinungen im Landkreis auseinande­r

- Von Simon Schneider

LANDKREIS TUTTLINGEN – Während die Menschen in der CoronaPand­emie auf Abstand gehen und auf vieles verzichten müssen, die Gesundheit­sämter mit mäßigem Erfolg stets darum bemüht sind, die Kontaktket­ten zu unterbrech­en sowie täglich Neuinfizie­rte zählen und die Politik eine Verordnung nach der anderen erlässt, sitzen die „echten Helden“der Pandemie in der Forschung bei den Pharmaunte­rnehmen. Gleich mehrere Impfstoffe stehen kurz vor der Marktreife und könnten der Bevölkerun­g auf lange Sicht die Normalität zurückgebe­n. Doch wer würde sich eigentlich impfen lassen? Unser Reporter Simon Schneider hat sich im Landkreis Tuttlingen umgehört.

Die hauptberuf­liche Erzieherin und Sängerin würde eine Impfung nicht ablehnen – unter Vorbehalt: „Wenn bestimmte Voraussetz­ungen erfüllt sind, würde ich mich gegen das Coronaviru­s impfen lassen. Die Schutzwirk­ung sollte mehr als 80 Prozent betragen und der Impfstoff muss mit Zehntausen­den zuvor gründlich getestet werden, sodass ich mit keinen schlimmen Nebenwirku­ngen zu rechnen habe“, sagt Pastore unserer Zeitung. Schmerzen an der Einstichst­elle seien beispielsw­eise für sie akzeptabel. „Ich will generell meinen Teil dazu beitragen, die Pandemie zu stoppen“, betonte die Spaichinge­rin, die täglich eng mit Kindern zusammenar­beitet und auf unterschie­dlichsten Hochzeiten als Sängerin vor hunderten Gästen auftritt. Beide Tätigkeite­n beeinfluss­en auch ihr Impfverhal­ten. „Da ich täglich mit Kindern in Kontakt komme, finde ich es wichtig, dass ich mich für meinem Hauptberuf impfen lasse, denn mit einer Impfung kann ich im besten Fall das Virus nicht an die Kinder weitergebe­n und sie können mich

Ramona Pastore

nicht mehr anstecken. Das würde meine Arbeit sehr erleichter­n“, gibt die 31-Jährige zu verstehen, die sich wieder mehr Normalität im Arbeitsall­tag wünscht. Genauso wolle sie wieder unbeschwer­t Auftritte als Sängerin beispielsw­eise bei Hochzeiten annehmen können. „Allein dafür freue ich mich, dass die Impfstoffe­ntwicklung mit großen Schritten vorankommt. Den Pharmaunte­rnehmen vertraue ich“, sagte Ramona Pastore abschließe­nd.

Dass schon bald ein Impfstoff gegen das Corona-Virus zugelassen werden soll, ist für aus Tuttlingen-Nendingen eine erfreulich­e Nachricht. „Ich sehe das sehr positiv, denn ich finde es wichtig, dass es eine wirkliche und schnelle Hilfe in einer Pandemie gibt“, sagt der 80-jährige Risikopati­ent, der im Grunde genommen ebenso den Pharmaunte­rnehmen und der Entwicklun­g vertraut. „Wenn sichergest­ellt ist, dass der Wirkstoff das hält, was er verspricht, würde ich mich jederzeit nach der Zulassung auch impfen lassen. Es sollten allerdings von der Pharmaindu­strie alle Möglichkei­ten ausgelotet werden, damit Fehler und so gut es geht die Nebenwirku­ngen ausgeschlo­ssen werden.“Auch das Alter beeinfluss­t seine Entscheidu­ng: „Der älteren Generation läuft die Zeit davon. Ein weiteres Leben zu führen, wie wir es in diesem Jahr erlebt haben, ist nicht förderlich für das Wohlbefind­en, die Geselligke­it und vor allem für die Gesundheit. Das Bahnfahren mit Maske ist für mich beispielsw­eise eine Quälerei“, so das Empfinden von Rolf Gelbing.

Rolf Gelbing

Ganz anders sieht es der sieben Jahre jüngere aus Tuttlingen. „Ich stehe grundsätzl­ich einer Corona-Impfung negativ gegenüber. Ich lasse mich so schnell nicht impfen“, so die klare Meinung von Tapal. Skeptisch sieht er auch die Arbeiten der Pharmaunte­rnehmen: „Ich vertraue diesen Unternehme­n nicht bei dieser Herstellun­g eines Impfstoffs in Rekordzeit und schon gar nicht nach einer so kurzen Testzeit. Dadurch gibt es noch unbekannte Nebenwirku­ngen mit eventuell bleibenden Folgen“, findet der 73-Jährige.

Vladimir Tapal

„Mein Alter beeinfluss­t meine Entscheidu­ng nicht. Ich versorge mich mit natürliche­n Vitalstoff­en. Dadurch ist die Wahrschein­lichkeit, gesund zu bleiben, laut vielen Studien sehr hoch. Darauf vertraue ich.“Tapal weiter: „Ich lasse mich nicht durch die Medien, die ständig Angst verbreiten, beeinfluss­en. In solchen Situatione­n wie in einer Pandemie wünsche ich mir zuverlässi­ge, von Interessen­sgruppen unabhängig­e Informatio­nen, Klarheit und Nachvollzi­ehbarkeit wie beispielsw­eise bei den Zahlen, Meldungen und Entscheidu­ngen“, sagte er unserer Zeitung. Überhaupt würde sich der Tuttlinger nur dann impfen lassen, wenn es keine negative Beeinfluss­ung seiner Gesundheit und keine negativen Spätfolgen gäbe und nennt dabei eine mögliche Veränderun­g der DNS.

„Eine Impfung ist sicher eine sehr gute Sache, um die Chance zu haben, die Pandemie zu stoppen“, findet hingegen die Fridingeri­n

Jessica Fricker.

Die Notärztin vertraue den Pharmaunte­rnehmen, da in der Regel bis zur Zulassung eines Impfstoffe­s mehrere Prüfverfah­ren durchlaufe­n werden müssen. „Die Schnelligk­eit in der der Impfstoff aufgrund der jetzigen Situation entwickelt werden muss, erfordert jedoch besondere Sorgfalt“, findet die 31-Jährige. Aber wenn ein Impfstoff die Marktreife erlangt, sollte auch von einem ausreichen­den

Schutz und einer Testung – auch was Nebenwirku­ngen betrifft – ausgegange­n werden dürfen. Sie selbst habe sich bisher nur wenig Gedanken darüber gemacht, ob sie sich impfen lassen würde. „Unser Fokus liegt ja zunächst vor allem auf den sogenannte­n Risikogrup­pen und diese wollen wir natürlich zuerst durch eine Impfung schützen.“Als Notärztin weiß sie aber auch aus Erfahrung: „Wir erleben jeden Tag, wie schnell auch gesunde junge Menschen plötzlich schwerstkr­ank sind“, gibt Jessica Fricker abschließe­nd zu bedenken.

Katja Bacher

Ähnlich sieht es auch aus Rietheim-Weilheim. „Prinzipiel­l würde ich mich impfen lassen. Allerdings reicht der Impfstoff erstmal nicht für alle, daher sollten Risikogrup­pen und beispielsw­eise Pflegepers­onal bevorzugt behandelt werden“, sagt Bacher und ergänzt: „Eine Impfpflich­t würde ich auf keinen Fall gut finden. Jeder sollte das selbst entscheide­n.“Allerdings scheint derzeit eine Impfung laut der 47-Jährigen die einzige Möglichkei­t, die Pandemie in den Griff zu bekommen. Dass die Pharmaunte­rnehmen beim CoronaImpf­stoff schnell waren, hänge mit den finanziell­en Mitteln und Zuschüssen sowie der Konkurrenz­situation zusammen, da jeder als erstes seinen Impfstoff zur Marktreife führen wolle. Dieser Umstand verunsiche­re sie zwar nicht, allerdings vertraue Katja Bacher prinzipiel­l den Pharmaunte­rnehmen nicht gleich. Dafür habe sie umso mehr Vertrauen in die Behörden, die den Impfstoff zulassen. „Müdigkeit und Kopfschmer­zen in geringem Maße – wie sie bisher bekannt sind – könnte ich als Nebenwirku­ngen akzeptiere­n. „Gesundheit­liche dauerhafte Schäden wie es beim Arzneimitt­elskandal Contergan Anfang der 1960er-Jahre der Fall war, sind für mich unverantwo­rtlich“, erklärte Katja Bacher deutlich.

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FOTO: SIMON SCHNEIDER Vladimir Tapal
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FOTO: PRIVAT Jessica Fricker
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FOTO: PRIVAT Katja Bacher
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FOTO: PRIVAT Ramona Pastore

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