Ein Kompass im Gründer-Dschungel
IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg will Jungunternehmer in der „Gründergarage“begleiten
MÜHLHEIM/REGION - Zu viele Angebote, wenig Transparenz und kein roter Faden: Wer ein eigenes Unternehmen gründen will, findet sich schnell in einem undurchsichtigen Dschungel mit den unterschiedlichsten Akteuren wieder – und weiß am Ende kaum, wo er anfangen und wo er aufhören soll. Für dieses Problem will die Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg nun Abhilfe schaffen. Im Oktober ist zum ersten Mal die „Gründergarage“gestartet. Dort will die IHK alle wichtigen Akteure in Sachen Gründung bündeln und die Jungunternehmer bei ihrem individuellen Prozess an die Hand nehmen.
Die Stolpersteine bei der eigenen Unternehmensgründung, die kennt auch die Mühlheimerin und Gründerin Jessica Schilling nur zu gut. Sie hat einen Stöpsel zum Cupcake-Backen erfunden (wir berichteten). „Am Anfang war es eine Katastrophe, den roten Faden zu finden“, erinnert sie sich. „Es war wie ein Zickzacklauf ohne Licht am Ende des Tunnels“, beschreibt sie. So sei die erste Zeit der Unternehmensgründung von einer regelrechten Panik geprägt gewesen. „Man hat einfach keine Ahnung, wie man anfangen soll“, erinnert sich Schilling.
Sie sei von Berater zu Berater gelaufen – auch, weil sie große Angst davor gehabt habe, einen Fehler zu machen. Denn Schilling hatte schon einmal ein Unternehmen gegründet und war damit gescheitert. „Dieses Chaos wollte ich nicht noch einmal“, sagt sie. Deshalb habe sie jede Entscheidung zu 100 Prozent absichern wollen. Dabei habe sie gemerkt, wie groß das Angebot in der Gründerszene ist. Hinzu komme, dass viele Beratungsangebote auch so teuer seien, dass sie sich kaum ein Gründer leisten könne.
Deshalb sei Schilling von der Idee der Gründergarage begeistert gewesen. Auch wenn sie selbst nicht mehr ganz am Anfang der Unternehmensgründung stehe, sei das Angebot für sie interessant. „Es gibt immer noch viele offene Themen, zu denen man noch nichts weiß“, sagt sie.
„Wir wollen gar nicht wissen, wie viele Gründer irgendwann frustriert aufgeben“, sagt Thomas Wolf, IHKGeschäftsbereichsleiter Unternehmensförderung. Er erläutert das Konzept der Gründergarage. Dieses
„Gründer mit guten Ideen sollten nicht an den Regularien scheitern.“
basiere auf vier Handlungsfeldern: Information und Coaching, Finanzierung und Förderung, Vernetzung und Patenschaft sowie Infrastruktur. „Die Reihenfolge der Handlungsfelder ist nicht willkürlich“, erklärt Wolf weiter. Vielmehr seien es vier Stufen, die jeder Gründer auf dem Weg zum eigenen Unternehmen durchlaufe. In jedem Handlungsfeld gebe es Pflichtteile und zusätzliche
Achim Scheerer, IHK-Vizepräsident
optionale Angebote. Dabei arbeite die IHK auch mit zahlreichen Partnern zusammen.
Im Handlungsfeld Information und Coaching werde die Basis für die Gründung der Unternehmen geschaffen. Gründer erhalten hier Informationen zu den Themen Buchhaltung, Finanzierung, Recht und Steuer. Im nächsten Schritt, der Finanzierung und Förderung, stellt die Gründergarage Kontakte zu Banken und Kreditinstituten her, informiert aber auch über weitere Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten.
Das Handlungsfeld Vernetzung und Patenschaft soll dabei helfen, praktische Erfahrungen zu vermittteln, indem jeder Gründer einen ehrenamtlichen Paten aus einem ähnlichen Geschäftsbereich zugeordnet bekommt. „So können sich die Gründer untereinander vernetzen und austauschen“, erklärt Wolf. Im letzten Schritt unter dem Titel Infrastruktur sollen die Gründer schließlich auch bei der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten unterstützt werden.
Der gesamte Prozess soll laut Wolf in vier Monaten durchlaufen werden und richtet sich sowohl an Gründungswillige als auch an Personen, die bereits gegründet haben. Geplant sei, dass die Gründergarage zwei Mal pro Jahr startet. In der ersten Runde, die Anfang Oktober gestartet war, seien bereits 16 Gründerinnen und Gründer dabei. „Die Nachfrage war überwältigend und spricht für das Konzept“, zeigt sich Wolf zufrieden.
Die Hürden für die Teilnahme habe die IHK bewusst niedrig gehalten: Die Teilnehmer müssen mindestens 18 Jahre alt sein und aus dem Einzugsgebiet der IHK SchwarzwaldBaar-Heuberg kommen. Finanziert wird die Gründergarage durch die IHK. „Gründer mit guten Ideen sollten nicht an den Regularien scheitern“, sagt IHK-Vizepräsident Achim Scheerer. Es sei wichtig, eine gründerfreundliche Region zu schaffen, um den Anschluss nicht zu verlieren, die regionale Wirtschaft lebendig zu halten und Abwanderungen in Metropolen zu vermeiden.
Die zweite Runde der Gründergarage soll im April 2021 starten. Anmeldungen bei der Industrie- und Handelskammer hierfür sind bis März 2021 möglich.