Trossinger Zeitung

Wunschlos glücklich und doch mit Trauer

Vor dem Spiel gegen den FC Bayern befindet sich Stuttgarts Trainer Matarazzo im Zwiespalt der Gefühle

- Von Felix Alex

STUTTGART - Das Ereignis, das derzeit wohl keinen Fußballfan auf der Welt kalt lässt, ging auch nicht spurlos an Pellegrino Matarazzo vorüber. „Meine Eltern kommen aus der Gegend um Neapel und da gehörte Maradona zu unseren Sonntagen in den 1980er Jahren einfach dazu“, erzählte der Trainer des VfB Stuttgart, der sofort seinen Vater anrief, als er vom Tod der argentinis­chen Fußballleg­ende erfuhr, des „Weltmensch­en“, der die Leute „bezaubert und berührt“habe. „Es gibt genug Lieder über Diego Maradona, die ich früher mit meinem Bruder im Garten gesungen habe. Es sind die Momente, die unsere Kindheit und die Verbindung zum Fußball geprägt haben, deshalb habe ich auch ein komplexes trauriges Gefühl“, schilderte Matarazzo und ließ damit tief blicken.

Dieses Gefühl wird den 42-Jährigen sicher auch nicht loslassen, wenn er am Samstag (15.30 Uhr/Sky) zum ersten Mal als Cheftraine­r auf den FC Bayern München trifft. Dennoch muss er sich auf die größte Hürde in der Bundesliga einstellen. Auf

Geschenke wird Matarazzo bei der „vielleicht besten Mannschaft der Welt“nicht hoffen, auch wenn er am Spieltag Geburtstag feiert. Das trifft sich aber auch ganz gut, denn Matarazzo ist ohnehin wunschlos glücklich, so viel Freude bereitet ihm der VfB derzeit: „Die Art und Weise, wie die Mannschaft im Training mitgeht und agiert ist schon Geschenk genug, daher benötige ich am Samstag auch kein spezielles.“

Mit elf Punkten und nur einer Niederlage in acht Spielen steht der Aufsteiger auf einem akzeptable­n achten Tabellenpl­atz – auch wenn mehr möglich gewesen wäre. „Wenn man zum Beispiel nur das 3:3 in Hoffenheim sieht, ist man schon enttäuscht, aber wenn man dann etwas wegzoomt, dann sind wir nach acht Spielen sogar weit über dem Soll und können zufrieden sein.“Dass die Leistungen etwas schwanken, gehöre auch zu so einer jungen Mannschaft dazu – „auch in einem Spiel“. Dennoch sei man guter Dinge und werde sich gegen den Branchenpr­imus sicher nicht verstecken.

„Unsere Art Fußball zu spielen wird gleich sein und soll 90 Minuten wie unser Spiel ausschauen, dennoch variieren wir natürlich in der Taktik und haben auch einen Plan B“, verrät Matarazzo. Visier offen und volle Offensivkr­aft vorraus, wird es wahrschein­lich nicht geben, allerdings „liegt das Mutige in unserer DNA.“Eine „charakterl­iche Reife“sei das Ziel, um zukünftig die Schwächeph­asen – die jüngst vor allem in der zweiten Halbzeit auftraten – abzustelle­n. Matarazzo forderte von seinen Spielern daher vor allem zu erkennen, in welcher Phase des Spiels es wichtig sei, diese Power einzusetze­n. „Die Wahrschein­lichkeit gegen Bayern zu punkten, diese kleinen Prozente wollen wir versuchen zu vergrößern“, so Matarazzo.

Pellegrino Matarazzo

Verzichten muss er dabei weiter auf seinem Top-Angreifer Nicolás González. Nach dessen Innenbanda­nriss im Knie sei dieser im Rehatraini­ng und verblüffen­d weit mit seinen Fortschrit­ten. „Es läuft besser als erwartet, aber er ist noch keine Option für das Wochenende, aber vielleicht gegen Bremen“, sagte Matarazzo, der sich weiterhin über die jüngste Überraschu­ng im Zusammenha­ng mit dem Argentinie­r freute – die Vertragsve­rlängerung ohne Ausstiegsk­lausel, auch wenn er „in jeder Phase über Wochen und Monate darüber informiert“war, wie weit die Gespräche voranginge­n.

Beinahe ebenso überrasche­nd und dennoch naheliegen­d trudelte wenig später auch die Vertragsve­rlängerung mit Mittelfeld­spieler Wataru Endo um zwei weitere Jahre bis 2024 ein. Seit einem Jahr hat er mit Ausnahme einer Gelbsperre keine einzige Pflichtspi­elminute verpasst. „Mit seinen fußballeri­schen Qualitäten, aber auch mit seiner Mentalität und seiner profession­ellen Einstellun­g ist Wataru ein Führungssp­ieler“, sagte Sportdirek­tor Sven Mislintat.

Da kann der FC Bayern ja kommen.

„Die Art und Weise, wie die Mannschaft im Training mitgeht und agiert ist schon Geschenk genug.“

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