„Genau so, wie wir es uns gewünscht haben“
Natalie Geisenberger und Dajana Eitberger sind als junge Mütter zurück im Rodel-Weltcup
INNSBRUCK-IGLS - Natalie Geisenberger und Dajana Eitberger kehren in den Eiskanal zurück. Beim Weltcup-Auftakt in Innsbruck-Igls geben die beiden Rodlerinnen nach ihren Babypausen ihr Comeback. Dabei, so erfuhr Klaus-Eckhard Jost, organisieren die vierfache Olympiasiegerin aus Miesbach und die Olympiazweite aus Ilmenau ihr Leben als Mutter völlig unterschiedlich.
Frau Geisenberger, Frau Eitberger, Sie kehren am Wochenende als Mütter in den Weltcup zurück. Wo werden Ihre Söhne sein, wenn Sie am Freitag durch den Eiskanal rasen?
Dajana Eitberger: Ich antworte mal zuerst, weil mein Sohn Levi der Ältere ist. Mein Freund Chris Mayer ist gerade zu Hause in Elternzeit. Ich habe für mich beschlossen, dass ich ein Stück weit ruhiger, entspannter bin, wenn – so traurig es klingt – meine Liebsten zu Hause sind. Ab 1. Dezember haben wir das große Glück, dass Levi einen Kita-Platz hat. Natalie Geisenberger: Leo ist mit meinem Mann Markus und meinem Vater immer vor Ort mit dabei. Mein Mann macht parallel Hotel-Homeoffice, und wenn ich beim Training oder in der Werkstatt bin und Markus arbeitet, passt mein Vater auf Leo auf. Es ist logistisch nicht ganz einfach, und ich weiß am Abend auch immer, was ich getan habe.
Wie funktioniert die Doppelrolle als Mutter und Athletin? Eitberger: Die Partnerschaft wird leider als allererstes hinten angestellt. Das bringt es einfach mit sich, wenn eine Leistungssportlerin sagt, sie möchte Mama sein und weiter Leistungssport betreiben. Ich wollte mich noch nicht geschlagen geben. Chris und ich wussten von Anfang an, auf welches Abenteuer wir uns da einlassen. Levi ist aber ein sehr entspanntes Kind.
Geisenberger: Dass das stressig wird, war klar. Es ist auch anstrengend. Aber ich habe es genau so, wie wir es uns gewünscht haben. An Nummer eins steht das Kind, an Nummer zwei Sport sowie der Partner und die Familie.
Wie hat das mit dem Training geklappt?
Geisenberger: Teilweise denke ich am Abend: „Och, das war wieder mal hart heute.“Ich bin echt viel unterwegs. Mir ist es zum Beispiel wahnsinnig wichtig den Kleinen noch zu stillen, deshalb fahre ich vom Training schnell wieder heim. Ansonsten ist er überall dabei, das ist bei uns schon ein bisschen anders als bei Dajana.
Eitberger: Bei uns war es zeitweise schon chaotisch. Wenn Chris nach der Arbeit nach Hause kam, habe ich ihm das Kind in die Hand gedrückt und bin ins Training gegangen.
Zum Saisonende steht noch ein Weltcup auf der Bahn in Peking an, auf der 2022 die olympischen Rennen ausgetragen werden. Werden Sie Ihren Sohn auch dahin mitnehmen, Frau Geisenberger? Geisenberger: Ich denke nicht. Ich werde mir auch zu Sigulda Gedanken machen, sonst kommt mir der Kalender coronabedingt entgegen. Alle Rennen finden in der Nähe statt. Deswegen wird Leo überall dabei sein.
Anders würde es mein Mutterherz einfach nicht schaffen. Ich habe Kind, Hund, Mann und meinen Hausstand dabei. Das wird die ganze Saison so laufen.
Eitberger: Ich kann der Natalie spätestens, wenn es Richtung Peking geht, eine tröstende Schulter geben. Ich weiß ganz genau, wie sich das anfühlt. Auf dem Flug zum Lehrgang in Sigulda habe ich mich das erste Mal für eine längere Zeit von meinem Sohn verabschiedet. Im Flugzeug habe ich mich nach ganz hinten verkrümelt und eine halbe Stunde lang geheult. Es war wirklich schwierig. Dass es mich so übermannt, damit habe ich selber nicht gerechnet. Aber wenn man so ein kleines Wesen an seiner Seite hat, das so viel Freude gibt, vermisst man das auch. Ich werde Natalie unterstützen, dass sie die Woche übersteht. Geisenberger: Das ist doch auch die Zeit, in der Levi seinen ersten Geburtstag hat?
Eitberger: Leider werde ich seinen ersten Geburtstag nicht miterleben. Ich versuche es, so gut es geht, zu meistern, und Levi wird sich schwerer an seinen ersten Geburtstag erinnern als ich.
Rodeln ist nicht ungefährlich. Sind Sie noch genauso risikofreudig wie früher?
Eitberger: Als ich auf dem Schlitten saß, hatte ich keinen Gedanken, dass zu Hause jemand wartet und ich noch eine ganz andere Rolle dort absolvieren muss. Für mich war klar, Rodeln ist eine Risikosportart, das gehört mit dazu. Aber ich bin schon behutsamer geworden. Geisenberger: Ich hatte, ehrlich gesagt, schon Respekt. Als ich in Altenberg meinen ersten Lauf nach der Pause gemacht habe, war schon kurz mal ein „Will ich das noch, brauche ich das noch?“da. Als ich dann im Ziel war, dachte ich: „Ja, will ich und brauche ich noch.“Der erste Lauf war schon spannend, da hat man auch das Bauchkribbeln gemerkt, weil die Situation komplett neu war. Aber ich bin schon immer mit Hirn und Verstand gefahren.
Welche sportlichen Ziele haben Sie sich gesetzt?
Geisenberger: Ich plane auf jeden Fall bis zu den Olympischen Spielen 2022 in Peking. Erst einmal. Aber ich sehe auch diese Saison mit der neu gewonnenen Heim-WM in Königssee nicht als Zwischenziel. Ich bin nicht der Typ, der einfach nur dabei ist, damit möglichst viele dabei sind. Ich möchte Leistung bringen. Dass Dajana und ich das Rodeln in dem einen Jahr nicht verlernt haben, sieht man auch. Wir haben mit Julia Taubitz, die letztes Jahr den Gesamtweltcup gewonnen hat, eine spannende Qualifikation gefahren. Jetzt wird es spannend, wenn es international wird. Eitberger: Ich habe das von Anfang an etwas anders gehandhabt. Ich habe mir so eine Art Meilensteine gesetzt. Der erste war der Startlehrgang im Sommer, dort mich der Situation zu stellen und zu schauen, wohin die Reise geht. Der nächste Meilenstein war der zweite Lehrgang im September in Berchtesgaden. Dann habe ich mir die Qualifikation für den Weltcup als Ziel gesetzt. Das ist jetzt gemeistert, daher ist der nächste Meilenstein jetzt die Nominierung für die Weltmeisterschaft.