Ein letzter Warnschuss
Es musste etwas passieren: Deshalb haben der Oberbürgermeister und die Tuttlinger Verwaltung richtig gehandelt, den Wochen- markt am Freitag abzusagen. Über den Zeitpunkt kann man streiten. Für die Händler, die ihre Ware schon gekauft hatten, war es zu spät. Auch die Informationsweitergabe war sicher nicht optimal. Von daher ist der Ärger verständlich. Die Zusage, sich mit den Händlern über den finanziellen Schaden zu einigen, sollte diesen aber relativieren und den Blick darauf richten, wozu die Maßnahme letztlich gut gewesen sein kann.
Es musste gehandelt und ein Zeichen gesetzt werden. Einfach nur die Hände in den Schoß legen und abwarten, kann angesichts hoher Infektionszahlen nicht richtig sein. Der Zeitpunkt, bis zu dem die
Kontaktverfolgung erfolgreich sein konnte und das Infektionsgeschehen im Griff zu behalten war, ist längst überschritten. Mit den Marktbeschickern und den Käufern trifft es sicher nicht die Richtigen. Diese Menschen dürften sich überwiegend an die Regeln halten.
Vielleicht ist der verursachte Aufschrei aber gut. Mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen, kann helfen, der gesamten Bevölkerung die bedrohliche Lage und die Konsequenzen vor Augen zu führen. Wenn sich nicht alle an die Vorgaben halten und die Zahlen deutlich runtergehen, kann es bald noch andere Kollektivstrafen geben und diese – Ausgangssperre, Schulschließungen – treffen noch viel mehr unschuldige Bürger. Das kann niemandem recht sein.
Bei aller Zustimmung für die
Entscheidung am Donnerstag gilt es aber zu bedenken: Es darf keine Kurzschlussreaktion gewesen sein. Wenn das Markttreiben verboten wird, Orte für Treffen von Jugendlichen wie Skaterpark und Sportanlagen gesperrt werden, dann darf das nicht eine einmalige Sache sein. Es muss eine Linie dahinter stehen, die zeigt: In Tuttlingen treffen wir uns nicht, solange die Zahlen hoch sind. Die Entscheidung, den Markt ab der kommenden Woche dann doch wieder zu erlauben, steht im Widerspruch dazu.
Und dann ist da noch eine andere Frage: Wie ist dem wilden Treiben im privaten Bereich, wo sich die Menschen weiter zusammenrotten, beizukommen? Diese Frage muss auch mal diskutiert werden. Entschieden wird sie nicht in Tuttlingen. Da ist vielmehr die große Politik gefordert.
m.jansen@schwaebische.de