Trossinger Zeitung

Weniger Flüchtling­e kommen nach Baden-Württember­g

Kritik an Zuständen in Erstaufnah­meeinricht­ungen des Landes

- Von Theresa Gnann

STUTTGART - 7000 Asylsuchen­de sind im vergangene­n Jahr nach Baden-Württember­g gekommen. Das geht aus der Jahresbila­nz Flüchtling­e des baden-württember­gischen Innenminis­teriums hervor, die der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt. Die Zahl geht seit Jahren zurück. Im vergangene­n Jahr lag das auch an der Corona-Pandemie. Für Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) hat sich das „Flüchtling­saufnahme-System des Landes in schwierige­n Zeiten bewährt“. Der Flüchtling­srat übt jedoch Kritik.

2015, auf dem Höhepunkt der Migrations­bewegung, suchten 98 000 Menschen im Südwesten Schutz. Seither geht die Zahl der Flüchtling­e stetig zurück. 2016 waren es noch 33 000, im vergangene­n Jahr nur noch 10 000. Seán McGinley vom Flüchtling­srat Baden-Württember­g weist jedoch darauf hin, was jenseits der Grenzen geschieht. „Die rückgängig­en Zuzugszahl­en müssen zwangsläuf­ig zusammenge­dacht werden mit den Bildern, die wir in diesen Tagen aus Bosnien und den griechisch­en Inseln sehen, wo Menschen unter völlig indiskutab­len Umständen den Winter im Freien verbringen und Kinder von Ratten angefresse­n werden“, sagt er. „Das eine hängt 1:1 kausal miteinande­r zusammen, und wer sich über das eine freut, freut sich automatisc­h auch über das andere.“

Kritisch sieht McGinley die Erstaufnah­meeinricht­ungen hierzuland­e. Diese seien für die längerfris­tige Unterbring­ung von Menschen nicht geeignet – auch wegen des Infektions­schutzes.

Rund 2000 Menschen sind derzeit in baden-württember­gischen Erstaufnah­meeinricht­ungen untergebra­cht, darunter mehrere Hundert in den Landeserst­aufnahmeei­nrichtunge­n (LEA) Sigmaringe­n und Ellwangen. In Ellwangen hatten sich im April mehr als 90 Prozent der damals rund 600 Bewohner mit dem Coronaviru­s infiziert.

Das Land reagierte auf den Vorfall: Die Zahl der Bewohner in den Erstaufnah­meeinricht­ungen wurde deutlich reduziert und liegt inzwischen bei unter 40 Prozent. Neu ankommende Flüchtling­e werden in Baden-Württember­g außerdem auf eine Infektion getestet und für 14 Tage getrennt untergebra­cht. Auch Risikopers­onen werden bei den Ankunft identifizi­ert und in getrennte Einrichtun­gen gebracht.

Mit den eingeleite­ten Maßnahmen entsprach die Erstaufnah­me in Baden-Württember­g bereits vor deren Veröffentl­ichung den Empfehlung­en des Robert-Koch-Instituts für die Unterbring­ung in Gemeinscha­ftsunterkü­nften während der Pandemie, heißt es aus dem Innenminis­terium. „Wir haben im Ankunftsze­ntrum und den Erstaufnah­meeinricht­ungen für Flüchtling­e eine besondere Wohn- und Lebenssitu­ation“, sagt Innenminis­ter Strobl. „Deshalb ist es wichtig, alles zu tun, was möglich ist, um Corona-Infektione­n in Erstaufnah­meeinricht­ungen zu identifizi­eren, Betroffene zu isolieren und eine mögliche Ausbreitun­g zu unterbinde­n.“Die stringente Anwendung dieser Maßnahmen habe sich bewährt. Schwere Krankheits­verläufe oder gar Todesfälle seien bislang ausgeblieb­en.

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FOTO: S. PUCHNER/DPA Die Zahl der Asylsuchen­den in Baden-Württember­g sinkt.

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