Trossinger Zeitung

„Helfen bringt Freude“erleichter­t den Schulstart

Spendenakt­ion knackt die Millionen-Euro-Marke – Jesidische Kinder erhalten Soforthilf­e gegen Kälte

- Von Ludger Möllers

Am Montag öffnen – nach langer durch die Pandemie bedingte Schließung – im Irak wieder die Schulen. „Und dann sind wir mit jeweils 4700 Winterjack­en, Taschen, Heften und Schulmater­ial für die Schulkinde­r in den Camps Mam Rashan und Sheikhan am Start“, sagt Sabah Kakoni. Er verdient sein Geld als Angestellt­er einer Bank in der Kurdenhaup­tstadt Erbil, doch in diesen Tagen ist er stark im Ehrenamt tätig: Der 56-Jährige engagiert sich gemeinsam mit seiner Frau Suad Hana, sie ist Chemielehr­erin, für die Weihnachts­spendenakt­ion „Helfen bringt Freude“der „Schwäbisch­en Zeitung“und sorgt vor allem dafür, dass die Spendengel­der schnell und effektiv eingesetzt werden.

In diesem Jahr sind Suad Hana und Sabah Kakoni besonders stark gefragt. Denn „Helfen bringt Freude“kann einen neuen Spendenrek­ord verzeichne­n. „Mit der aktuellen Kampagne haben wir erstmals die Millionen-Euro-Marke geknackt“, dankt Chefredakt­eur Hendrik Groth. „In der Weihnachts­aktion haben wir bisher genau 909 581,71 Euro verbucht, im Sommer hatten unsere Leserinnen und Leser 141 612,51 Euro für notleidend­e Menschen gespendet.“Die Spendenber­eitschaft gerade in Zeiten der Pandemie sei erstaunlic­h hoch. In der kommenden Woche endet die Weihnachts­aktion: „Spenden nehmen wir weiter gerne an“, sagt Groth, „sie kommen Menschen in aller Welt zugute.“

Die Spendengel­der werden direkt und zweckgebun­den eingesetzt, wie Suad Hana und Sabah Kakoni berichten: „Wir sind dankbar, dass schon vor Weihnachte­n die erste Überweisun­g hier eintraf“, berichtet Sabah Kakoni im Gespräch, das über Skype geführt wird. „Von dem Geld haben wir Lebensmitt­el gekauft, Pakete gepackt und sie an bedürftige Familien in der Ninive-Ebene verteilt.“Jetzt sorgt Kakoni sich um einen gelungenen Schulbegin­n: „Bildung ist schließlic­h das nachhaltig­ste Investment, das man sich vorstellen kann.“

Suad Hana und Sabah Kakoni sind Teil eines großen Netzwerkes, das für die Umsetzung der Hilfsproje­kte aus der Weihnachts­aktion „Helfen bringt Freude“im Nordirak sorgt. In Deutschlan­d, bei der Caritas-Flüchtling­shilfe Essen e.V., dem langjährig­en Partner der „Schwäbisch­en Zeitung“, engagiert sich Thomas Shairzid als ehrenamtli­cher Koordinato­r und Irak-Beauftragt­er. Er stammt aus Kurdistan, lebt mit seiner Familie seit den 1990er-Jahren in Deutschlan­d, hält und pflegt die Kontakte in seine alte Heimat. Mit Suad Hana und Sabah Kakoni hat er Ansprechpa­rtner, die sich um die finanziell­e Seite kümmern: „Überweisun­gen, Auszahlung­en, Buchführun­g, Verhandlun­gen, die ganze Verwaltung: Wir führen auch die Gespräche mit den Verwaltung­sspitzen, Campleiter­n und Priestern vor Ort, um euch und eure Leserinnen und Leser zu informiere­n und um effektiv helfen zu können.“

Die Projekte sind langfristi­g angelegt: Seit 2016 unterstütz­en die Leserinnen

und Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“die Flüchtling­e in den beiden Camps Mam Rashan und Sheikhan, sorgen für Schulbusse, Wohnraum, Ladenzeile­n, Arbeitsplä­tze, Kleidung und sogar Sportplätz­e. Therapeute­n bieten auch in diesem Jahr den schwer traumatisi­erten Menschen, vor allem Frauen und Kindern, ihre profession­elle Hilfe an.

In den kommenden Monaten werden Suad Hana und Sabah Kakoni viel zu tun haben, denn die Umsetzung der Projekte aus der Weihnachts­aktion läuft mit dem Kauf und der Verteilung der Winterjack­en und der Schulmater­ialien gerade erst an: „Außerdem besorgen wir für die Schulen in den Camps jeweils zwei Laptops und PCs“, blickt Thomas Shairzid voraus. Ebenso drängend, aber durch „Helfen bringt Freude“zuverlässi­g finanziert: „Treibstoff für die vier Schulbusse und Lohn für die Fahrer“, erklärt Shairzid, „die Jugendlich­en freuen sich auf die Rückkehr ins Gymnasium.“

In den beiden großen Camps Mam Rashan und Sheikhan sollen in den kommenden Wochen vor allem weitere Arbeitsplä­tze geschaffen werden: „Die Jesiden, die dort seit ihrer durch den IS erzwungene­n Flucht leben, sind traditione­ll Bauern“, sagt Shairzid, „die Frauen züchten Hühner und Hasen.“Auf einem Grundstück in der Nähe des Camps werden Ställe und Auslauf eingericht­et: „Zunächst beginnen 25 Familien mit der Arbeit dort, dann sehen wir weiter“, blickt Shairzid optimistis­ch voraus, „wichtig ist auch, dass die Frauen aus den Camps herauskomm­en und nicht dauernd in den Zelten oder Containern leben müssen.“

Mit kleinen Schritten und in Zusammenar­beit mit staatliche­n Stellen oder anderen Partnern ein menschenwü­rdiges Leben ermögliche­n: Nach diesem Prinzip geht „Helfen bringt Freude“vor und hatte im vergangene­n Jahr im Camp Mam Rashan eine kleine Zahnarztpr­axis eingericht­et. Das Modell macht Schule: In diesem Jahr wird auch im Camp Sheikhan ein Container aufgestell­t, in dem der örtliche Zahnarzt praktizier­en kann.

Szenenwech­sel ins Shingal-Gebirge, die Heimat der Jesiden: In den vergangene­n Wochen und Monaten sind viele Geflüchtet­e aus den Camps in die von der Terrormili­z „Islamische­r Staat“zerstörten Städte und Dörfer zurückgeke­hrt. Die Sicherheit­slage hat sich dort zum Guten gewendet.

Im vergangene­n Sommer hatten die Leserinnen und Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“bereits für Wasserbehä­lter gespendet und damit die Versorgung von 200 Rückkehrer-Familien ermöglicht: „Wir wollen dort anknüpfen“, sagt Thomas Shairzid, „300 weitere Wasserbehä­lter sind bestellt.“Weiter sollen Gewächshäu­ser für den Anbau von Gurken und Okra-Schoten errichtet werden: „Damit schaffen wir Arbeitsplä­tze.“

Zurück zu Suad Hana und Sabah Kakoni nach Erbil. Für sie ist das ehrenamtli­che Engagement selbstvers­tändlich: „Wir sind chaldäisch-katholisch­e Christen“, berichtet Kakoni, „und wir sehen, dass die Jesiden die schwächste­n Mitglieder unserer Gesellscha­ft sind – also brauchen sie unsere Hilfe.“Seine Motivation? „Schauen Sie in die Bergpredig­t“, bittet Kakoni: „dort steht: Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes.“

Ziel unseres Projektes ist, ...

... das bereits Geschaffen­e zu erhalten und weiterhin die Bildung zu fördern, um dann mit guter Berufsausb­ildung die Einkommen nachhaltig zu sichern.

Mit der finanziell­en Unterstütz­ung durch die Spenden der Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“soll im Jahr 2021 realisiert werden, ...

... dass der Verein weiter große Anstrengun­gen leisten kann, die die Lage im Projektlan­d erfordert. Immer wieder wird von Hassan Karim, dem Bürgermeis­ter von Shimshal, betont, wie wichtig unsere Unterstütz­ung für die Schüler der von uns gebauten Schule ist. Seiner eindringli­chen Bitte, in diesen Zeiten, in denen alle Verdienstm­öglichkeit­en der Eltern wegbrechen, zu helfen, werden wir mit Hilfe der Spenden gerne nachkommen. Das Gleiche gilt für unser Wohnheim in Karimabad, wo 80 Mädchen untergebra­cht sind. Viele können die Gebühren für die nahe gelegene Zweigstell­e der Karakorum Universitä­t oder eines Colleges nicht mehr bezahlen. Auch ist es den meisten Bewohnern nicht möglich, den Eigenantei­l für das Wohnheim zu leisten. Für uns bedeutet es, unseren Anteil für den Betrieb aufzustock­en.

Für die Zukunft unseres Projektes hoffen und wünschen wir uns, ...

... dass unser Ziel „Bildung für Shimshal“auch 2021 fortgesetz­t werden kann. (msc)

 ??  ?? Schulkinde­r im Camp Mam Rashan. Sie gehen ab Montag wieder zur Schule und erhalten zum Start nach Wochen der Quarantäne Winterjack­en, Hefte, Schultasch­en und Stifte – finanziert aus Spenden der Aktion „Helfen bringt Freude“.
Schulkinde­r im Camp Mam Rashan. Sie gehen ab Montag wieder zur Schule und erhalten zum Start nach Wochen der Quarantäne Winterjack­en, Hefte, Schultasch­en und Stifte – finanziert aus Spenden der Aktion „Helfen bringt Freude“.
 ?? FOTOS: PM ?? Im Skype-Interview: Adisya Thomas von der Caritas-Flüchtling­shilfe Essen, Suad Hana und Sabah Kakoni (von links) im Gespräch mit „Helfen bringt Freude“Projektlei­ter Ludger Möllers von der „Schwäbisch­en Zeitung“.
FOTOS: PM Im Skype-Interview: Adisya Thomas von der Caritas-Flüchtling­shilfe Essen, Suad Hana und Sabah Kakoni (von links) im Gespräch mit „Helfen bringt Freude“Projektlei­ter Ludger Möllers von der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany