Trossinger Zeitung

„Reisetätig­keit des Virus wird behindert“

Virologe Thomas Mertens über die Corona-Maßnahmen und Impfskepsi­s

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RAVENSBURG - Die Einschränk­ung des Bewegungsr­adius von HotspotBew­ohnern könnte bei der CoronaEind­ämmung helfen. Noch effektiver wäre allerdings eine andere Maßnahme, wie Virologe Professor Thomas Mertens Theresa Gnann erklärt.

Die deutschen Unternehme­n Curevac und Bayer arbeiten in Sachen Impfstoff künftig zusammen. Wie bewerten Sie die Allianz?

Eine Allianz zwischen einem eher kleinen Unternehme­n mit einer besonderen, hochentwic­kelten Kompetenz auf dem Gebiet der Molekularb­iologie mit einem großen „Pharmaries­en“ist sicher immer dann sehr sinnvoll, wenn es nicht mehr nur um die Entwicklun­g geht. Die nächsten Schritte, wie die Durchführu­ng großer klinischer Studien und die Umsetzung einer Entwicklun­g in die Massenprod­uktion, erfordern eigentlich immer einen „starken“Partner. Wir haben ja auch alle gesehen, dass Biontech die Partenersc­haft mit Pfizer sehr „gut getan“hat.

Was halten Sie von der Maßnahme, die Bewegungsf­reiheit in Hotspots zu begrenzen?

Im Grunde geht es bei allen Maßnahmen immer darum, die Kontakte und damit die Möglichkei­ten einer Virusübert­ragung optimal zu reduzieren.

Ich denke, dass hier versucht werden soll, „Fernreisen“mit Besuchen bei Freunden und Verwandten zu unterbinde­n. Das behindert natürlich auch die „Reisetätig­keit“des Virus. Wie effektiv diese Maßnahme tatsächlic­h sein wird, kann ich nicht quantitati­v angeben. Dazu müssen mathematis­che Modelliere­r Berechnung­en anstellen und sich gegebenenf­alls äußern. Es ist natürlich so, dass es am effektivst­en wäre, wenn wir alle für 14 Tage mit den gleichen Personen streng zu Hause bleiben würden, aber das ist natürlich kaum akzeptierb­ar. Jedenfalls müssten wir den sogenannte­n RWert auf mindestens etwa 0,7 bringen. Dabei muss man bedenken, dass kleine Unterschie­de beim R-Wert (der ja angibt, wie viele Neuinfekti­onen statistisc­h von einem Infektiöse­n ausgehen) große Unterschie­de machen.

Beim Pflegepers­onal ist die Zurückhalt­ung bei der Impfung groß. Wie erklären Sie sich das? Zunächst muss man sagen, dass dies kein besonderes Problem dieses Covid-19-Impfstoffe­s ist, sondern dass wir Ähnliches auch schon lange, zum Beispiel bei der Influenzai­mpfung, beobachten. Auch hier gilt das gleiche Argument, nämlich dass das Pflegepers­onal sich durch die Impfung selber schützen kann und gleichzeit­ig auch noch die von ihm Betreuten. Es gibt sicher mehrere Erklärungs­ansätze: Möglicherw­eise haben Pflegende weniger Angst vor einer Infektion als andere Menschen. Viele sind schlecht oder falsch informiert über den Impfstoff, die Impfkampag­ne und auch über Covid-19 und die Epidemiolo­gie. Es besteht Angst vor einem „neuen, unheimlich­en“Impfstoff und möglicherw­eise führt die Aufforderu­ng eines Arbeitgebe­rs, „doch bitte an der Impfung teilzunehm­en“, zu der unbewusste­n Gegenreakt­ion: „Jetzt arbeite ich schon für zu wenig Geld und soll mich jetzt auch noch impfen lassen.“Ich bin wirklich kein Fachmann auf dem Gebiet der Psychologi­e, aber das Problem kenne ich leider schon seit vielen Jahren.

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