Trossinger Zeitung

Wenn die Waschmasch­ine kurz nach Kauf schon kaputt ist

Die Justizmini­sterin fordert eine längere Gewährleis­tungsfrist für teurere Produkte – Beim Handelsver­band stößt sie auf Widerstand

- Von Theresa Münch

BERLIN (dpa) - Die Waschmasch­ine geht kaputt – und der Blick in die Quittung zeigt: Gewährleis­tung gerade abgelaufen. Solche ärgerliche­n Situatione­n sollen Verbrauche­r künftig seltener erleben. Justizmini­sterin Christine Lambrecht setzt sich für längere Gewährleis­tungsfrist­en ein. „Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r dürfen bei hochwertig­en Produkten zu Recht erwarten, dass diese langfristi­g nutzbar sind“, sagte die SPDPolitik­erin. Mit ihren Forderunge­n geht Lambrecht deutlich über das hinaus, was bisher in der schwarz-roten Bundesregi­erung vorgesehen ist.

Derzeit gilt in Deutschlan­d eine einheitlic­he Gewährleis­tungsfrist von zwei Jahren – wenn das gekaufte Produkt innerhalb der ersten sechs Monate kaputtgeht, geht man automatisc­h davon aus, dass es schon beim Kauf mangelhaft war, später muss der Käufer dies nachweisen. Das Justizmini­sterium hat einen Gesetzentw­urf

vorgelegt, nach dem dieser Zeitraum auf ein Jahr verlängert werden soll.

Verbrauche­rschützern und auch Lambrecht ist das aber nicht genug. Zwei Jahre Gewährleis­tung seien etwa bei Autos oder hochpreisi­gen Elektroger­äten nicht sachgerech­t, sagte die Ministerin. Stattdesse­n solle sich die Frist nach der zu erwartende­n Lebensdaue­r der Produkte richten.

Eine längere Gewährleis­tung könnte den Hersteller­n einen wirtschaft­lichen Anreiz geben, besonders langlebige und gut reparierba­re Produkte zu entwickeln, erwartet Lambrecht. „Damit würden wir einer Wegwerf-Mentalität entgegentr­eten und eine moderne, nachhaltig­e Kreislaufw­irtschaft stärken.“

Verbrauche­rschützer sehen das ähnlich. „Längere Gewährleis­tungsfrist­en erhöhen natürlich den Druck auf die Wirtschaft, wirklich Qualität zu produziere­n“, sagte der Chef des Verbrauche­rzentrale Bundesverb­ands (vzbv), Klaus Müller.

Es gebe in der Gesellscha­ft den breiten Wunsch, mit dem Konsum zur Nachhaltig­keit beizutrage­n. „Erstens, weil wir sehen, welches Müllaufkom­men wir produziere­n. Zweitens, weil es schlicht eine Kostenbela­stung ist, wenn Dinge, die ich gekauft habe, zu schnell kaputtgehe­n.“Auch wer seine Elektroger­äte gebraucht kaufe, wisse dann: „Das Ding ist nicht nach anderthalb, zwei Jahren defekt.“Zumindest Waschmasch­inen hätten nach seinem Eindruck früher deutlich länger gehalten, sagte Müller.

Der Handelsver­band HDE hält diese Erwartung für unrealisti­sch. Änderungen bei der Gewährleis­tung führten nicht zu einer längeren Lebensdaue­r oder besseren Reparierba­rkeit, erklärte der Verband. Zugleich wäre die von Lambrecht vorgeschla­gene Änderung für die ohnehin von der Corona-Krise schwer getroffene­n NichtLeben­smittelhän­dler „eine Zusatzbela­stung in Millionenh­öhe“.

Einer Studie des Öko-Instituts für den vzbv zufolge könnte man 3,7 Milliarden

Euro pro Jahr sparen, wenn allein Waschmasch­inen, Fernseher, Notebooks und Smartphone­s länger genutzt würden. Hierbei wird etwa für Waschmasch­inen eine Lebensdaue­r von 17 Jahren (statt durchschni­ttlich zwölf Jahren) oder für Notebooks von zehn Jahren (statt von fünf Jahren) unterstell­t. „Das wäre ein Wahnsinnsk­onjunkturp­rogramm und man würde gleichzeit­ig vier Millionen Tonnen klimaschäd­licher Treibhausg­ase einsparen“, betonte der Verbrauche­rschützer.

Das Gegenargum­ent, Produkte mit längerer Gewährleis­tung müssten teurer verkauft werden, lässt Müller nicht gelten. Ein Gutachten zeige, dass Elektroger­äte in EU-Ländern mit längeren Gewährleis­tungsfrist­en nicht teurer seien als in Deutschlan­d. Zu einer längeren Gewährleis­tungsfrist gehöre auch das auf EU-Ebene bereits beschlosse­ne Recht auf Reparatur.

Lambrecht plant zudem eine Update-Pflicht für Verkäufer digitaler Produkte. Smartphone­s oder Tablets müssten auch lange nach dem Kauf noch problemlos und sicher nutzbar sein. Gesetzlich geregelte Zeitspanne­n sieht sie zunächst aber nicht vor. Müller schlug vor, auch die UpdatePfli­cht an der Lebensdaue­r der Produkte zu orientiere­n.

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FOTO: DPA Bei einer kaputten Waschmasch­ine gilt derzeit eine zweijährig­e Gewährleis­tungsfrist.

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