Bank steht in der Kritik
Kontoüberziehungen: Warum ist ein Kreditinstitut nicht eingeschritten?
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Hätte die Bank einschreiten müssen? Im Fall des betrügerischen Hausverwalters, der einen Gesamtschaden in Höhe von rund 600 000 Euro verursacht hat, wird auch Kritik an einem Kreditinstitut laut. Denn tatsächlich hätte das unübliche Agieren des Finanzbeamten schon früh auffallen müssen.
Die Transaktionen auf den Konten, in die Journalisten Einblick erhalten haben, sprechen Bände: Unter anderem über zahlreiche Barabhebungen war der 63-jährige Finanzbeamte, der sich als Hausverwalter an Konten von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) in der Region bedient hat, an hohe Summen gelangt. Immer wieder tauchen BarAbhebungen von den Konten diverser WEGs auf – mal 6000 Euro oder 4000 Euro, manchmal auch weniger oder mehr, insgesamt aber nach Recherchen rund 180 000 Euro.
Mit darauffolgenden Geldtransfers von Summen im fünfstelligen Bereich kurz vor Eigentümerversammlungen hatte er dafür gesorgt, dass die Kontostände gestimmt hatten. Ein Verdacht sei bei den Kassenprüfern deshalb lange Zeit nicht aufgekommen. Doch gehören Bargeldabhebungen zu einem üblichen Vorgehen eines Hausverwalters? Bei weiteren Hausverwaltern, die mit dem Fall betraut sind, stellen sich angesichts dieser Informationen die Nackenhaare. Es gäbe als Hausverwalter keine Gründe, über das Bargeld eines WEG-Kontos zu verfügen.
Ganz im Gegenteil: In einigen Fällen hätten Banken bei Abhebungen nachgefragt. Dass hier seitens der Bank nicht eingegriffen wurde, sehen Hausverwalter und auch Eigentümer als Skandal an.
Auch die Rechts-Referentin von „Haus & Grund“, dem Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungsund Grundeigentümer, Julia Wagner, sieht ein solches Vorgehen als unüblich an. Sämtliche Warnleuchten
hätten aus Sicht der Eigentümer bei der betroffenen Bank angehen müssen, als es zudem zu Überziehungen auf den WEG-Konten kam – und zwar unter Duldung des Kreditinstituts. Wagner erklärt hierzu, dass es „Verwaltern grundsätzlich nicht gestattet ist, ohne Beschluss und Vollmacht Kredite für die WEG aufzunehmen“.
Aus dem Verbot der unbefugten Darlehensaufnahme folge nach den Richtern des BGH in einem ihrer Urteile auch, dass der Verwalter nicht berechtigt sei, kurzfristig das WEGKonto zu überziehen. Doch wie kann es sein, dass dem Treiben des 63-Jährigen nicht Einhalt geboten wurde? Die betroffene Volksbank Mittlerer Schwarzwald wurde mit den Vorwürfen konfrontiert. In einer Stellungnahme vom Vorstandsvorsitzenden Martin Heinzmann heißt es zunächst, „dass wir aufgrund unserer bankrechtlichen Verschwiegenheitsverpflichtung zu einzelnen Geschäftsbeziehungen keine Auskünfte erteilen dürfen“. Dennoch äußert sich Heinzmann zu den allgemeinen Handhabungen im Rahmen der WEG-Konten. Demnach sei der Verwalter, nach entsprechenden Nachweisen,
„zur Kontoführung und folglich zur Vornahme von Verfügungen aller Art (auch Barverfügungen) über die Konten berechtigt“. Heinzmann: „Die Bank ist anschließend gegenüber dem Vertreter der WEG vollumfänglich weisungsabhängig, sodass wir dessen Aufträge zu Überweisungen oder Barabhebungen nicht entgegentreten können. Wir agieren bei diesen Transaktionen lediglich als Zahlungsdienstleister ohne inhaltliche Prüfungspflichten und Eingriffsmöglichkeiten.
Eine Bank, die keinerlei Eingriffsmöglichkeiten hat? Dieser Darstellung widerspricht Salih Kar. Der Rechtsanwalt der Kanzlei BenediktJansen & Kar, die sich auf Bank- und Kapitalrecht spezialisiert hat, erklärt auf Anfrage: „Es ist nicht richtig, dass die Bank gegenüber dem Vertreter der WEG vollumfänglich weisungsabhängig ist.“So könne die Bank Aufträgen zu Überweisungen oder Barabhebungen entgegentreten, „jedoch macht sie das nur, wenn es dafür einen wichtigen Grund gibt“, so Kar. Eine Bank müsse zudem Informationen über ihren Kunden gemäß Geldwäschegesetz einholen, wenn eine Transaktion von 15 000 Euro oder mehrere Transaktionen von insgesamt 15 000 Euro erfolgt sind. Kar: „Die Bank hat als Zahlungsdienstleister also eine staatlich auferlegte inhaltliche Aufsichts- beziehungsweise inhaltliche Prüfungspflicht und auch Eingriffsmöglichkeiten.“
Warum die Volksbank nicht eingeschritten ist, dafür haben die Eigentümer eine Erklärung. Denn immer immer wieder werde an Redaktionen die Information herangetragen, dass es langjährige, persönliche Beziehungen zwischen einem der leitenden Angestellten am Sitz in Triberg und dem Hausverwalter gegeben haben soll. Dies sei auch der Grund gewesen, dass sämtliche WEG-Konten der zahlreichen betreuten Objekte bei eben jenem Kreditinstitut geparkt waren und von jenem Angestellten betreut wurden.
Doch auch zu den persönlichen Beziehungen schweigt die Volksbank – und beruft sich dabei ebenfalls auf die Verschwiegenheitsverpflichtung. Jedoch dürfte die Causa mit all ihren Facetten – und damit auch mit der Rolle des Kreditinstituts – im Rahmen des für kommenden Sommer in Villingen geplanten Prozesses beleuchtet werden.