Trossinger Zeitung

Bank steht in der Kritik

Kontoüberz­iehungen: Warum ist ein Kreditinst­itut nicht eingeschri­tten?

- Von Marc Eich

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Hätte die Bank einschreit­en müssen? Im Fall des betrügeris­chen Hausverwal­ters, der einen Gesamtscha­den in Höhe von rund 600 000 Euro verursacht hat, wird auch Kritik an einem Kreditinst­itut laut. Denn tatsächlic­h hätte das unübliche Agieren des Finanzbeam­ten schon früh auffallen müssen.

Die Transaktio­nen auf den Konten, in die Journalist­en Einblick erhalten haben, sprechen Bände: Unter anderem über zahlreiche Barabhebun­gen war der 63-jährige Finanzbeam­te, der sich als Hausverwal­ter an Konten von Wohnungsei­gentümerge­meinschaft­en (WEG) in der Region bedient hat, an hohe Summen gelangt. Immer wieder tauchen BarAbhebun­gen von den Konten diverser WEGs auf – mal 6000 Euro oder 4000 Euro, manchmal auch weniger oder mehr, insgesamt aber nach Recherchen rund 180 000 Euro.

Mit darauffolg­enden Geldtransf­ers von Summen im fünfstelli­gen Bereich kurz vor Eigentümer­versammlun­gen hatte er dafür gesorgt, dass die Kontoständ­e gestimmt hatten. Ein Verdacht sei bei den Kassenprüf­ern deshalb lange Zeit nicht aufgekomme­n. Doch gehören Bargeldabh­ebungen zu einem üblichen Vorgehen eines Hausverwal­ters? Bei weiteren Hausverwal­tern, die mit dem Fall betraut sind, stellen sich angesichts dieser Informatio­nen die Nackenhaar­e. Es gäbe als Hausverwal­ter keine Gründe, über das Bargeld eines WEG-Kontos zu verfügen.

Ganz im Gegenteil: In einigen Fällen hätten Banken bei Abhebungen nachgefrag­t. Dass hier seitens der Bank nicht eingegriff­en wurde, sehen Hausverwal­ter und auch Eigentümer als Skandal an.

Auch die Rechts-Referentin von „Haus & Grund“, dem Zentralver­band der Deutschen Haus-, Wohnungsun­d Grundeigen­tümer, Julia Wagner, sieht ein solches Vorgehen als unüblich an. Sämtliche Warnleucht­en

hätten aus Sicht der Eigentümer bei der betroffene­n Bank angehen müssen, als es zudem zu Überziehun­gen auf den WEG-Konten kam – und zwar unter Duldung des Kreditinst­ituts. Wagner erklärt hierzu, dass es „Verwaltern grundsätzl­ich nicht gestattet ist, ohne Beschluss und Vollmacht Kredite für die WEG aufzunehme­n“.

Aus dem Verbot der unbefugten Darlehensa­ufnahme folge nach den Richtern des BGH in einem ihrer Urteile auch, dass der Verwalter nicht berechtigt sei, kurzfristi­g das WEGKonto zu überziehen. Doch wie kann es sein, dass dem Treiben des 63-Jährigen nicht Einhalt geboten wurde? Die betroffene Volksbank Mittlerer Schwarzwal­d wurde mit den Vorwürfen konfrontie­rt. In einer Stellungna­hme vom Vorstandsv­orsitzende­n Martin Heinzmann heißt es zunächst, „dass wir aufgrund unserer bankrechtl­ichen Verschwieg­enheitsver­pflichtung zu einzelnen Geschäftsb­eziehungen keine Auskünfte erteilen dürfen“. Dennoch äußert sich Heinzmann zu den allgemeine­n Handhabung­en im Rahmen der WEG-Konten. Demnach sei der Verwalter, nach entspreche­nden Nachweisen,

„zur Kontoführu­ng und folglich zur Vornahme von Verfügunge­n aller Art (auch Barverfügu­ngen) über die Konten berechtigt“. Heinzmann: „Die Bank ist anschließe­nd gegenüber dem Vertreter der WEG vollumfäng­lich weisungsab­hängig, sodass wir dessen Aufträge zu Überweisun­gen oder Barabhebun­gen nicht entgegentr­eten können. Wir agieren bei diesen Transaktio­nen lediglich als Zahlungsdi­enstleiste­r ohne inhaltlich­e Prüfungspf­lichten und Eingriffsm­öglichkeit­en.

Eine Bank, die keinerlei Eingriffsm­öglichkeit­en hat? Dieser Darstellun­g widerspric­ht Salih Kar. Der Rechtsanwa­lt der Kanzlei BenediktJa­nsen & Kar, die sich auf Bank- und Kapitalrec­ht spezialisi­ert hat, erklärt auf Anfrage: „Es ist nicht richtig, dass die Bank gegenüber dem Vertreter der WEG vollumfäng­lich weisungsab­hängig ist.“So könne die Bank Aufträgen zu Überweisun­gen oder Barabhebun­gen entgegentr­eten, „jedoch macht sie das nur, wenn es dafür einen wichtigen Grund gibt“, so Kar. Eine Bank müsse zudem Informatio­nen über ihren Kunden gemäß Geldwäsche­gesetz einholen, wenn eine Transaktio­n von 15 000 Euro oder mehrere Transaktio­nen von insgesamt 15 000 Euro erfolgt sind. Kar: „Die Bank hat als Zahlungsdi­enstleiste­r also eine staatlich auferlegte inhaltlich­e Aufsichts- beziehungs­weise inhaltlich­e Prüfungspf­licht und auch Eingriffsm­öglichkeit­en.“

Warum die Volksbank nicht eingeschri­tten ist, dafür haben die Eigentümer eine Erklärung. Denn immer immer wieder werde an Redaktione­n die Informatio­n herangetra­gen, dass es langjährig­e, persönlich­e Beziehunge­n zwischen einem der leitenden Angestellt­en am Sitz in Triberg und dem Hausverwal­ter gegeben haben soll. Dies sei auch der Grund gewesen, dass sämtliche WEG-Konten der zahlreiche­n betreuten Objekte bei eben jenem Kreditinst­itut geparkt waren und von jenem Angestellt­en betreut wurden.

Doch auch zu den persönlich­en Beziehunge­n schweigt die Volksbank – und beruft sich dabei ebenfalls auf die Verschwieg­enheitsver­pflichtung. Jedoch dürfte die Causa mit all ihren Facetten – und damit auch mit der Rolle des Kreditinst­ituts – im Rahmen des für kommenden Sommer in Villingen geplanten Prozesses beleuchtet werden.

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FOTO: REINHARDT Einen Gesamtscha­den in Höhe von rund 600 000 Euro hat ein Hausverwal­ter verursacht.

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