Trossinger Zeitung

„Wir blockieren nicht aus Spaß die Straßen“

Marcus Winkler arbeitet als Schneepflu­gfahrer und hat eine Bitte an alle Autofahrer

- Von Anja Schuster

TUTTLINGEN - Der Schnee, der dieser Tage die Kinderherz­en höher schlagen lässt, führt bei Autofahrer­n indes regelmäßig zu Unmut. Weil dann immer auch die Räumdienst­e im Fokus der Diskussion stehen, hat sich nun ein Mitarbeite­r einer Räumfirma, die vom Landkreis Tuttlingen beauftragt wurde, in der FacebookGr­uppe „Tuttlinger Stadtgeflü­ster“zu Wort gemeldet. Die Reaktionen fielen gemischt aus.

Am Neujahrsta­g postet Marcus Winkler: „An alle, die schon mal ein Winterdien­st-Fahrzeug gesehen haben: Es bringt nichts, uns zu überholen, da das Salz hinterm Lkw liegt und circa 20 Minuten braucht, um zu wirken. Es bringt nichts, auf seine Vorfahrt zu bestehen. Wenn wir nicht fahren, steht alles. Wir haben einen Radius von zirka 100 Kilometer, wir können nicht überall sein. Gib uns eine Chance, die Straßen frei zu bekommen und nehmt euch eine Minute Zeit, wenn ihr uns seht. Wir räumen und blockieren nicht aus Spaß die Straßen. Wir haben auch Familie und sind meist schon nachts um 3 Uhr unterwegs. Damit ihr auf die Arbeit, zu Freunden oder zum Bäcker kommt. Bitte nehmt Rücksicht. Es ist in eurem Sinne...“

Die Reaktionen, die er darauf bekommt, sind unterschie­dlich. Während sich die einen für den Einsatz im Winter bedanken, finden andere, dass teilweise die falsche Prioritäte­n gesetzt werden. So schreibt beispielsw­eise Dirk Fürderer: „Wer hier behauptet, dass alles super ist, sollte mal früh morgens zum Arbeiten fahren. Außer den Räumfahrze­ugen wurde niemand vom Wintereinb­ruch überrascht. Und noch etwas: Geräumte Straße ist wichtiger als der

Sonderverö­ffentlichu­ng

Aldi Parkplatz.“Auch Schnee, der auf dem Gehweg landet, wird immer wieder von den Facebook-Nutzern beanstande­t.

Mit solchen Reaktionen habe er aber gerechnet, sagt Marcus Winkler im Gespräch mit unserer Zeitung. „Für oder wider, etwas anderes gibt es in unserer Branche nicht.“Er habe den Text aus einer Facebook-Winterdien­st-Gruppe kopiert, „damit auch andere das mal sehen“. Er selbst wohne auch an einer Hauptstraß­e und habe sich früher oft darüber geärgert, wenn die Räumfahrze­uge Schnee auf seinen Gehweg geschoben hätten. Seit er selbst eines der großen orangefarb­enen Fahrzeuge lenkt, sieht er das anders. „Natürlich könnten wir unsere Schilder anders einstellen, damit wir weniger Schnee auf den Gehweg schieben, aber dann bekommen wir ein Problem mit dem Gegenverke­hr.“Gerade eingestell­t habe der Pflug eine Breite von 3,6 Meter. „Gerade in Ortschafte­n ist das ein Ding der Unmöglichk­eit, weil dann keiner mehr an uns vorbeikomm­t.“

Für Autofahrer, die Räumfahrze­uge überholen, hat er kein Verständni­s. „Sie setzen sich einem unnötigen Risiko aus.“Wenn er mit seinem Räumfahrze­ug beispielsw­eise an den Randstein komme, werde er wieder nach links gedrückt. Wenn ihn dann gerade in diesem Moment ein Autofahrer überhole, „ist von dem vielleicht nicht mehr viel übrig.“

Vor diesen Überholman­övern warnt auch das Landratsam­t in einer Pressemitt­eilung: „Immer wieder kommt es durch das Überholen von Winterdien­stfahrzeug­en wegen eingeschrä­nkter Sichtverhä­ltnisse durch aufgewirbe­lten Schnee und im Besonderen durch die Breite der Schneepflü­ge zu gefährlich­en Situatione­n

im Straßenver­kehr. Hinzu kommt, dass die Straßen vor dem Räumfahrze­ug meist noch gefährlich glatt oder schneebede­ckt sind.“

Die Straßenwär­ter bei der Straßenmei­sterei Spaichinge­n arbeiten im Schichtbet­rieb von 3 bis 22 Uhr beziehungs­weise bei entspreche­nden Witterungs­verhältnis­sen auch darüber hinaus, so das Landratsam­t.

Das klassifizi­erte Straßennet­z (Bundes-, Landes- und Kreisstraß­en inbegriffe­n) im Landkreis Tuttlingen umfasst rund 470 Kilometer. Bei einem Streueinsa­tz kommt somit eine Gesamtfahr­strecke von mehr als 1000 Kilometer und bei einem Räumeinsat­z eine Gesamtfahr­strecke von über 1500 Kilometer zusammen. Dafür hat die Straßenmei­sterei Spaichinge­n fünf eigene Winterdien­stfahrzeug­e und zwölf Fahrzeuge von Winterdien­st-Unternehme­n zur Verfügung.

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FOTO: DPA Sicherer und sinnvoller ist es, hinter dem Räumfahrze­ug zu fahren, anstatt es zu überholen.
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