Ein Schicksalsspiel, das keines ist
Partien der Stuttgarter gegen Augsburg bergen oft Gefahren – Matarazzo sieht es gelassen
AUGSBURG - Als Schicksal prägendes Spiel mit weitreichenden Konsequenzen könnte man die Partie des FC Augsburg gegen den VfB Stuttgart (So., 15.30/Sky) guten Gewissens bezeichnen – zumindest wenn man die Vergangenheit zugrunde legt. Kommt es zum Schwaben-Derby, dann heißt es nämlich hinterher nicht selten: Guten Flug! Und zwar in Richtung des VfB-Trainers. Bruno Labbadia, Armin Veh, Alexander Zorniger und auch Markus Weinzierl wurden Niederlagen gegen die Fuggerstädter in den vergangenen Jahren zum Verhängnis. Muss Pellegrino Matarazzo also schon einmal bibbern? Mitnichten. Der aktuelle Trainer sitzt so sicher auf seinem Platz wie lange kein Trainer am Wasen.
Der Aufschwung der Brustringtruppe ist nicht zuletzt mit dem Namen Matarazzo verknüpft und dennoch ist das Arbeiten derzeit alles andere als leicht für den 48-Jährigen. Vor allem das Chaos in der Führungsetage mit dem Hahnenkampf zwischen Präsident Claus Vogt und Vorstandschef Thomas Hitzlsperger bereitet trotz der jüngsten „Aussprache unter Männern“und dem zumindest öffentlich kolportierten Burgfrieden Kopfzerbrechen. Also ist es an Matarazzo, weiterhin für Ruhe in der Mannschaft zu sorgen. „Die Unruhe, die oben stattfindet, hat mit unserem Weg nichts zu tun. Das gebe ich auch an die
Jungs weiter. Und mehr möchte ich zu diesem Thema auch nicht sagen“, formulierte Matarazzo: „Mein Weg ist das Sportliche und die Jungs zu führen.“
Das gelingt dem Trainer derzeit ausnehmend gut, auch wenn die Partie gegen das Spitzenteam von RB Leipzig zuletzt verloren wurde, genauso wie das Bundesligaspiel zuvor gegen den VfL Wolfsburg. Eine negative Serie, die nun gegen Augsburg fallen soll? Ja und Nein. Natürlich will Matarozzo gewinnen. „Ich will immer gewinnen – auch jedes Trainingsspiel – und hadere sehr lange mit Niederlagen“, sagt der Trainer, der das mit der negativen Serie aber für Quatsch hält. „Wir haben dazwischen das Pokalspiel gegen den SC Freiburg gewonnen und deshalb ist das Gefühl nicht da, dass wir zwei Spiele hintereinander verloren haben. Eher war im Training eine unfassbare Energie zu spüren.“Auch die zuletzt mangelhafte Chancenverwertung beunruhige ihn nicht. „Aus meiner Sicht ist alles noch im grünen Bereich“, sagte er. Und die Tabelle, in der der Aufsteiger mit ordentlichen 18 Punkten weiter im gesicherten Mittelfeld liegt, interessiere ihn aktuell sowieso nicht. „Ich habe der Mannschaft schon öfter gesagt, dass die einzige Tabelle, die zählt, die am 34. Spieltag ist, Das klingt langweilig, aber wir beschäftigen uns immer nur mit dem nächsten Spiel.“
Richtungsweisende Wochen seien es daher nicht. Zumindest nicht offiziell. Dennoch warten mit Ausnahme von Champions-League-Achtelfinalist Borussia Mönchengladbach nach Augsburg im Januar noch ausschließlich Mannschaften, die als gleichwertige Konkurrenten angesehen werden können: Arminia Bielefeld, der SC Freiburg und der FSV Mainz 05. Spiele, in denen sich die Schwaben vielleicht schon endgültig aller Abstiegssorgen entledigen können – oder eben nicht.
Doch ein Schritt nach dem anderen. Noch sei das alles weit weg und auch die Risiken, die so ein Mittelfeldplatz in der Tabelle bietet, aktuell nicht zu erkennen – aber im Hinterkopf. „Die Gefahr, sich zu sicher zu fühlen“oder einer gewissen „Ziellosigkeit“erkenne er bei seiner Mannschaft angesichts von acht Zählern Vorsprung auf Relegationsrang 16 nicht, so Matarazzo. Doch nun liege der Fokus ohnehin nur auf dem Gegner aus Augsburg – zudem sind jene Kicker längst kein Verein aus der Puppenkiste. Seit zehn Jahren bereichern sie schon die höchste Spielklasse. Matarazzo hatte vor allem ein Wort parat, als er über das Team von Kollege Heiko Herrlich sprach: effektiv: „Sie haben eine extrem effektive Spielweise, ein effektives Konterspiel, stehen extrem tief und nicht umsonst“in der Tabelle mit 19 Punkten da. Auf Augsburger Außenflügel mit ihren schnellen Spielern müsse man besonders aufpassen, da – wie könnte es anders sein – ihre „Flankeneffektivität sehr“hoch sei.
Dabei helfen, dass es gar nicht erst zu vielen solcher gefährlichen Vorstöße kommt, kann Mittelfeldspieler Daniel Didavi, der nach auskurierter Erkältung wieder einsatzbereit ist. Gerade recht, immerhin erwartet den VfB gegen die bayerischen Schwaben einmal mehr reichlich Arbeit – auch wenn es diesmal ganz sicher kein weiteres Schicksalsspiel für seinen Trainer sein wird.