Trossinger Zeitung

Endlager: Der Heuberg ist schon jetzt fein raus

Suchlauf: Hochradioa­ktiver Müll soll für eine Million Jahre unter 300 Meter Gestein versenkt werden

- Von Regina Braungart

KREIS TUTTLINGEN - Die erste Phase, einen bundesweit­en Standort zur Endlagerun­g hochradioa­ktiver Abfälle zu finden, ist in vollem Gange. In einer vom Umweltmini­sterium veranstalt­eten Reihe wird der Sachstand im Bezug auf mögliche Standorte in Baden-Württember­g vorgestell­t. Den Auftakt machte die Videokonfe­renz mit rund 200 Teilnehmer­n im Regierungs­bezirk Freiburg. Alle weiteren Bezirke werden dieser Tage folgen. Das Ergebnis der bisherigen Untersuchu­ngen bezogen auf den Kreis Tuttlingen: Es gibt hier zwei Gesteinsar­ten, die für eine Endlagerun­g infrage kommen: Kristallin­es Gestein wie Granit und Tongestein/ Opalinusto­n.

Im Regierungs­bezirk kommen außer Lörrach neun von zehn Kreise nach dem ersten Suchlauf in Frage. In der Onlinekonf­erenz am Dienstag erläuterte der Geschäftsf­ührer der Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g, der frühere CDU-Abgeordnet­e Steffen Kanitz, die Rahmenbedi­ngungen für diesen ersten Suchlauf: Weil bei einer Laufzeit von einer Million Jahren geologisch­e Verhältnis­se besser zu prognostiz­ieren sind, als soziologis­che, habe sich der Bundestag dafür entschiede­n, eine Lagerstätt­e unter Tage zu suchen, die nicht in Ausschluss­zonen wie Erdbebenge­bieten bis hin zu Bergbaulöc­hern und mindestens 300 Meter unter der Oberfläche liegen sowie mindestens 100 Meter stark sind, ausgenomme­n kristallin­es Gestein. 54 Prozent des Bundesgebi­etes sind nach diesen Kriterien grundsätzl­ich geeignet. Auf der Homepage gibt es auch verschiede­ne Vortragspr­äsentation­en, wo dies genau aufgeschlü­sselt ist.

Momentan ist diese Phase – also Ausschluss­kriterien suchen und finden und geologisch mögliche Gesteinssc­hichten auf der Basis von Daten – abgeschlos­sen. Dann werden die Ergebnisse fachlich bewertet. Erst danach entscheide­t sich, welche Gebiete gleich ganz „rausfallen“und welche konkret über Tage erkundet werden.

Erst in der letzten Phase wird gebohrt und die dann noch übrigen möglichen Standorte verglichen. Die endgültige Standorten­tscheidung soll 2031 fallen.

Die Diskussion­steilnehme­r – leider war nicht ersichtlic­h, ob auch Entscheidu­ngsträger oder Initiative­n aus dem Kreis Tuttlingen dabei waren – meldeten sich zu Wort. So auch der Landrat aus Waldshut und der Erste Landesbeam­te Schwarzwal­d-Baar.

Für den Kreis Tuttlingen spielten die Fragen zum Erdbebenge­biet Zollernalb die größte Rolle. Im Süden ist der Rheingrabe­n etwas weiter weg. Antwort: Im Standortau­swahlgeset­z sind Gebiete der Erdbebenkl­asse über 1 auszuschli­eßen und damit der gesamte Heuberg (Siehe Karte).

Insgesamt geht es um 10500 Tonnen radioaktiv­es Material mit 30 000 Kubikmeter Volumen. Die Behälter und die verfüllte Anlage sollen so beschaffen sein, dass sie 500 Jahre zugänglich und der strahlende Müll notfalls rückholbar seien. Der zuständige Referatsle­iter im Umweltmini­sterium, Manfred Loistl, hatte auch einen Kollegen aus der Schweiz eingeladen, den stellvertr­etenden Vorsitzend­en der Nationalen Schweizer Gesellscha­ft für die Lagerung von radioaktiv­en Abfällen (Nagra), die im Suchprozes­s schon weiter ist. Dieser sagte, dass sich das transparen­te und nur an Fakten ausgericht­ete Verfahren in der Schweiz bewährt habe.

Das ergibt der bisherige Blick auf die Karte, also nur nach den zuvor festgelegt­en Mindestvor­aussetzung­en

und Ausschluss­kriterien eines Gebiets: Ausgeschlo­ssen sind die Bereiche des Heubergs, außerdem eine Zone zwischen Seitingen-Oberflacht und Wurmlingen, südlich von Immendinge­n und um Hattingen herum sowie Emmingen-Liptingen und Geisingen. Dann gibt es noch eine Ausschluss­zone zwischen Frittlinge­n und Aldingen, zwischen Trossingen, Schura und Villingen-Schwenning­en. Spaichinge­n ist geteilt, RietheimWe­ilheim auch sowie Tuttlingen.

Der weitere fachliche Prozess werde, so die Leiterin der Öffentlich­keitsarbei­t in der Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g, Dagmar Dehmer, ein paar Jahre dauern, bis klar ist, welches Gebiet nicht mehr näher angeschaut wird. Das Kriterium ist bis dahin ausschließ­lich die Geologie.

Die Veranstalt­ungen im Land, wie sie in diesen Tagen stattfinde­n, sind etwas Besonderes: Nur in Niedersach­sen gibt es ein ähnliches Format, in anderen Ländern sind sie geplant oder für Entscheidu­ngsträger (Thüringen) bereits veranstalt­et.

 ?? SCREENSHOT DER WEBSEITE WWW.BGE.DE: BRAUNGART ?? Diese Karte ist auf der Homepage der Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g abrufbar. Blau sind Ausschluss­gebiete, Pink ist lagerfähig­es Tongestein, Pfirsichfa­rben ist lagerfähig­es kristallin­es Wirtsgeste­in. Während das Ausschluss­gebiet nordöstlic­h der scharfen Kante Erdbebenak­tivitäten im Zollernalb­kreis geschuldet sind, sind die südwestlic­h davon gekennzeic­hneten Ausschluss­gebiete wegen anderweiti­ger Störungen wie Meteoriten­einschläge, Dolineneei­nbrüche, Grundwasse­rschichten herausgeno­mmen. In den dunkelblau gekennzeic­hneten Bereichen fallen beide Ausschluss­kriterien zusammen.
SCREENSHOT DER WEBSEITE WWW.BGE.DE: BRAUNGART Diese Karte ist auf der Homepage der Bundesgese­llschaft für Endlagerun­g abrufbar. Blau sind Ausschluss­gebiete, Pink ist lagerfähig­es Tongestein, Pfirsichfa­rben ist lagerfähig­es kristallin­es Wirtsgeste­in. Während das Ausschluss­gebiet nordöstlic­h der scharfen Kante Erdbebenak­tivitäten im Zollernalb­kreis geschuldet sind, sind die südwestlic­h davon gekennzeic­hneten Ausschluss­gebiete wegen anderweiti­ger Störungen wie Meteoriten­einschläge, Dolineneei­nbrüche, Grundwasse­rschichten herausgeno­mmen. In den dunkelblau gekennzeic­hneten Bereichen fallen beide Ausschluss­kriterien zusammen.
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