Kostenfaktor Corona
Jugendhilfe bekommt mehr Geld – Auswirkungen der Krise im Kreis schwer abschätzbar
TUTTLINGEN – Selten sind die zukünftigen Ausgaben so schwer abzuschätzen gewesen. In der digitalen Sitzung des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend am vergangenen Dienstag wurde ein Vorschlag für den Haushalt für das Jahr 2021 erarbeitet. Zentraler Punkt der Überlegungen: Wie wird sich die Corona–Pandemie im kommenden Jahr finanziell auf die Kinder– und Jugendarbeit auswirken?
„Im Moment bemerken wir zahlenmäßig noch keinen Anstieg“, erläuterte die Leiterin des Jugendamtes Christina Martin. Sie rechne jedoch damit, dass sich die Krise zeitverzögert abbilden wird. Eine Auswirkung ist allerdings schon jetzt sichtbar. „Die Fälle, die in letzter Zeit reinkommen, haben ein viel höheres Eskalationspotential“, so die Jugendamtsleiterin. Das bedeute vor allem, dass es für Prävention und Vermittlung in der Familie häufig schon zu spät ist. Immer öfter bleibt den Mitarbeitern des Jugendamtes nur die Intervention, zum Beispiel indem Kinder aus den Familien genommen werden. Der Nettoressourcenverbrauch für die Jugendhilfe soll daher um 204 200 Euro erhöht werden. Er steigt damit im Jahr 2021 auf rund 19,46 Millionen Euro.
Ein weiterer Posten ist die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen. „Auch hier stellen wir fest, dass zum Beispiel die Aufnahmen in stationären Wohneinrichtungen pandemiebedingt inzwischen von Angehörigen sehr lange hinausgezögert werden und wir eine deutliche Zunahme
der Anträge auf Unterstützung im häuslichen Umfeld verzeichnen“, heißt es dazu in den Sitzungsunterlagen. Hier plant der Ausschuss mit einem Nettoressourcenverbrauch von rund 25,9 Millionen Euro. Das sind 800 000 Euro weniger als im Vorjahr. Der Grund: Mehrkosten in Form von Eingliederungshilfen werden durch Corona erst im zweiten Halbjahr 2021 oder im folgenden Jahr aufkommen.
Außerdem rechnet der Ausschuss damit, dass das Land bald mehr Geld für Unterhaltsvorschüsse ausgeben muss. Auch hier wirkt sich die Pandemie aus. Mehr Väter in Kurzarbeit könne bedeuten, das diese den Unterhalt nicht mehr zahlen können. Der Ausschuss erwartet daher, dass mehr Anträge auf Unterhaltsvorschuss eingehen werden.
Zudem wurde in der Sitzung die künftige Ausrichtung der Jugendhilfeplanung sowie die Präventionsstrategie diskutiert. Sozialdezernent Bernd Mager: „Prävention ist die Basis und damit enorm wichtig.“Dazu soll unter anderem in der zweiten Jahreshälfte eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die über eine mögliche Umsetzung von Familienzentren im Landkreis berät. Diese sollen wenn möglich mit den Kindergärten vernetzt werden.