Trossinger Zeitung

Mutmaßlich­er Mörder vergießt Tränen

Gewalt an der Tagesordnu­ng: Familiäre Verhältnis­se werden beim Prozess beleuchtet

- Von Marc Eich

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Beim Mordprozes­s gegen einen 50Jährigen, der seine Ex-Lebensgefä­hrtin in VS-Schwenning­en erschlagen haben soll, wurden nun schlimme Details zur offensicht­lich gewalttäti­gen Beziehung und den völlig zerrüttete­n Familienve­rhältnisse­n bekannt. Bei den Schilderun­gen der Mutter des Opfers und des Sohnes zeigt der Angeklagte erstmals Emotionen.

Es scheint, als wenn der 50-Jährige die Schilderun­gen nicht hören möchte. Die meiste Zeit hat er die Augen geschlosse­n, lässt den Kopf hängen, legt ihn zeitweise auf den Händen ab. Dass er nicht schläft und sehr genau zuhört, wird deutlich, als die Mutter des Opfers emotional schildert, wie sie ihre tote Tochter in der Rechtsmedi­zin gesehen hat. „Ich habe gesagt: ,Mama ist jetzt endlich bei Dir und bringt Dich nach Hause.’“In diesem Moment bricht es aus dem Angeklagte­n heraus – erstmals fließen Tränen bei ihm.

Bislang zeigte sich der mutmaßlich­e Mörder nicht nur überaus schweigsam, sondern auch gänzlich emotionslo­s. Dies steht dabei im kompletten Gegensatz zu dem, was in der Beziehung zwischen dem 50Jährigen und seiner langjährig­en Lebensgefä­hrtin geschehen sein soll. Immer wieder soll es zu lautstarke­n Streiterei­en und auch körperlich­en Übergriffe­n gekommen sein. Dies berichtete die 57-jährige Mutter des Opfers, die als Nebenkläge­rin auftritt.

Ihre Tochter habe zuvor in ihrer Heimat im Zollernalb­kreis ein gut bürgerlich­es Leben geführt und sei verheirate­t gewesen. Aus einem unerfüllte­n Kinderwuns­ch resultiert­en offenbar psychische Probleme – die in einer Rottweiler Fachklinik behandelt wurden. Es ist die Zeit, als sie dem Angeklagte­n begegnet sein soll.

„Sie hat ihn in der Geschlosse­nen kennengele­rnt und ist dann nicht mehr nach Hause zum Ehemann“, erzählt die Mutter. Stattdesse­n sei sie mit dem 50-Jährigen eine Beziehung eingegange­n, der schon in der vorherigen Ehe durch brutale Gewalt auffiel.

„Es gab immer Probleme“, so die Mutter. Nach diversen Verletzung­en hieß es von dem späteren Opfer, sie sei die Treppe herunterge­stürzt. Der 57-jährigen Mitter sei aber klar gewesen, dass ihre Tochter geschlagen wurde – das habe sie einmal am Telefon mithören können, als der Hörer nicht aufgelegt war. Mehrere Polizeiein­sätze seien aktenkundi­g geworden, auch das Jugendamt sei mehrfach aktiv geworden und habe unangekünd­igt Hausbesuch­e durchgefüh­rt. Allen Problemen zum Trotz hielt die 39-Jährige zu ihrem Partner, brachte mit ihm sogar drei Kinder zur Welt.

Im Mittelpunk­t habe stattdesse­n das Wohlergehe­n ihrer Enkelkinde­r gestanden, die in der Wohnung der Großeltern immer öfter die notwendige Geborgenhe­it gefunden hätten. Gänzlich eskaliert sei die Situation schließlic­h, als die Tote eine neue

Partnersch­aft einging. Im – mittlerwei­le – Ex-Freund brodelte es daraufhin, daraus machte er überhaupt keinen Hehl. Gegenüber der Mutter habe der Angeklagte schließlic­h geäußert, dass er zunächst den neuen Freund, anschließe­nd seine ExFreundin und zuletzt sich selbst umbringen werde. „Bei der ersten Drohung haben wir noch gewitzelt“, sagt die 57-Jährige.

Doch immer wieder machte der zutiefst eifersücht­ige Ex-Freund, der der Dreifachmu­tter nachstellt­e und regelmäßig auch Auseinande­rsetzungen mit dem neuen Lebensgefä­hrten suchte, deutlich, dass er nach dem Leben der 39-Jährigen trachtete. „Er hat gesagt, dass er sie abschlacht­en wird“, erzählt einer der Bekannten. Unter den Kumpels hielt man die Worte für leere Drohungen. Allerdings nahmen selbst die Kinder die immer bedrohlich­er werdende Situation wahr.

Der zehnjährig­e Sohn, dessen Videoverne­hmung im Gerichtssa­al vorgespiel­t wurde, und die beim Angeklagte­n erneut Emotionen hervorrief, berichtete davon, dass seine Mutter immer wieder „im ganzen Gesicht geblutet“habe. Ständig sei er nachts wach geworden, wenn sich „Mama und Papa geschläger­t“hätten.

Als die Familie im Frauenhaus unterkam, habe der Sohn eine Nachricht von seinem Vater gelesen: „Ich komme dort rein und mache Theater.“Der Zehnjährig­e habe deshalb seiner Mutter deutlich gemacht, dass sie nicht mehr alleine in die Wohnung dürfe. Auch ihre Mutter sagte ihr zwei Wochen vor der Tat: „Wenn Du jetzt nicht aufpasst, dann sieht Dich Deine Mutter nicht wieder.“Doch allen Warnungen zum Trotz betrat sie alleine die Wohnung, um den Auszug weiter voranzutre­iben – so lange, bis sie von hinten auf brutale Art und Weise erschlagen wurde.

Sieben Mal, so bestätigte eine Rechtsmedi­zinerin, sei auf den Schädel eingeschla­gen worden. Doch nicht nur das. Der Täter habe zudem massive Gewalt auf den Bauch ausgeübt. Dort, wo der Angeklagte wohl ein ungeborene­s Kind seines Widersache­rs vermutete. Die Schilderun­gen hörte sich der 50-Jährige schweigend an, mit gesenktem Kopf wird er aus dem Gerichtssa­al geführt. Am 2. Februar soll das Urteil verkündet werden.

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FOTO: EICH Der Angeklagte im Gerichtssa­al in Konstanz

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