Mutmaßlicher Mörder vergießt Tränen
Gewalt an der Tagesordnung: Familiäre Verhältnisse werden beim Prozess beleuchtet
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Beim Mordprozess gegen einen 50Jährigen, der seine Ex-Lebensgefährtin in VS-Schwenningen erschlagen haben soll, wurden nun schlimme Details zur offensichtlich gewalttätigen Beziehung und den völlig zerrütteten Familienverhältnissen bekannt. Bei den Schilderungen der Mutter des Opfers und des Sohnes zeigt der Angeklagte erstmals Emotionen.
Es scheint, als wenn der 50-Jährige die Schilderungen nicht hören möchte. Die meiste Zeit hat er die Augen geschlossen, lässt den Kopf hängen, legt ihn zeitweise auf den Händen ab. Dass er nicht schläft und sehr genau zuhört, wird deutlich, als die Mutter des Opfers emotional schildert, wie sie ihre tote Tochter in der Rechtsmedizin gesehen hat. „Ich habe gesagt: ,Mama ist jetzt endlich bei Dir und bringt Dich nach Hause.’“In diesem Moment bricht es aus dem Angeklagten heraus – erstmals fließen Tränen bei ihm.
Bislang zeigte sich der mutmaßliche Mörder nicht nur überaus schweigsam, sondern auch gänzlich emotionslos. Dies steht dabei im kompletten Gegensatz zu dem, was in der Beziehung zwischen dem 50Jährigen und seiner langjährigen Lebensgefährtin geschehen sein soll. Immer wieder soll es zu lautstarken Streitereien und auch körperlichen Übergriffen gekommen sein. Dies berichtete die 57-jährige Mutter des Opfers, die als Nebenklägerin auftritt.
Ihre Tochter habe zuvor in ihrer Heimat im Zollernalbkreis ein gut bürgerliches Leben geführt und sei verheiratet gewesen. Aus einem unerfüllten Kinderwunsch resultierten offenbar psychische Probleme – die in einer Rottweiler Fachklinik behandelt wurden. Es ist die Zeit, als sie dem Angeklagten begegnet sein soll.
„Sie hat ihn in der Geschlossenen kennengelernt und ist dann nicht mehr nach Hause zum Ehemann“, erzählt die Mutter. Stattdessen sei sie mit dem 50-Jährigen eine Beziehung eingegangen, der schon in der vorherigen Ehe durch brutale Gewalt auffiel.
„Es gab immer Probleme“, so die Mutter. Nach diversen Verletzungen hieß es von dem späteren Opfer, sie sei die Treppe heruntergestürzt. Der 57-jährigen Mitter sei aber klar gewesen, dass ihre Tochter geschlagen wurde – das habe sie einmal am Telefon mithören können, als der Hörer nicht aufgelegt war. Mehrere Polizeieinsätze seien aktenkundig geworden, auch das Jugendamt sei mehrfach aktiv geworden und habe unangekündigt Hausbesuche durchgeführt. Allen Problemen zum Trotz hielt die 39-Jährige zu ihrem Partner, brachte mit ihm sogar drei Kinder zur Welt.
Im Mittelpunkt habe stattdessen das Wohlergehen ihrer Enkelkinder gestanden, die in der Wohnung der Großeltern immer öfter die notwendige Geborgenheit gefunden hätten. Gänzlich eskaliert sei die Situation schließlich, als die Tote eine neue
Partnerschaft einging. Im – mittlerweile – Ex-Freund brodelte es daraufhin, daraus machte er überhaupt keinen Hehl. Gegenüber der Mutter habe der Angeklagte schließlich geäußert, dass er zunächst den neuen Freund, anschließend seine ExFreundin und zuletzt sich selbst umbringen werde. „Bei der ersten Drohung haben wir noch gewitzelt“, sagt die 57-Jährige.
Doch immer wieder machte der zutiefst eifersüchtige Ex-Freund, der der Dreifachmutter nachstellte und regelmäßig auch Auseinandersetzungen mit dem neuen Lebensgefährten suchte, deutlich, dass er nach dem Leben der 39-Jährigen trachtete. „Er hat gesagt, dass er sie abschlachten wird“, erzählt einer der Bekannten. Unter den Kumpels hielt man die Worte für leere Drohungen. Allerdings nahmen selbst die Kinder die immer bedrohlicher werdende Situation wahr.
Der zehnjährige Sohn, dessen Videovernehmung im Gerichtssaal vorgespielt wurde, und die beim Angeklagten erneut Emotionen hervorrief, berichtete davon, dass seine Mutter immer wieder „im ganzen Gesicht geblutet“habe. Ständig sei er nachts wach geworden, wenn sich „Mama und Papa geschlägert“hätten.
Als die Familie im Frauenhaus unterkam, habe der Sohn eine Nachricht von seinem Vater gelesen: „Ich komme dort rein und mache Theater.“Der Zehnjährige habe deshalb seiner Mutter deutlich gemacht, dass sie nicht mehr alleine in die Wohnung dürfe. Auch ihre Mutter sagte ihr zwei Wochen vor der Tat: „Wenn Du jetzt nicht aufpasst, dann sieht Dich Deine Mutter nicht wieder.“Doch allen Warnungen zum Trotz betrat sie alleine die Wohnung, um den Auszug weiter voranzutreiben – so lange, bis sie von hinten auf brutale Art und Weise erschlagen wurde.
Sieben Mal, so bestätigte eine Rechtsmedizinerin, sei auf den Schädel eingeschlagen worden. Doch nicht nur das. Der Täter habe zudem massive Gewalt auf den Bauch ausgeübt. Dort, wo der Angeklagte wohl ein ungeborenes Kind seines Widersachers vermutete. Die Schilderungen hörte sich der 50-Jährige schweigend an, mit gesenktem Kopf wird er aus dem Gerichtssaal geführt. Am 2. Februar soll das Urteil verkündet werden.