Zum Schutz vor kalter Gefahr
Stadt sperrt wegen Eiszapfen Gehweg – Auch Privatleute sind in der Pflicht
VS-SCHWENNINGEN (sbo) - Wer in diesen Tagen in der Stadt unterwegs ist, muss auf der Hut vor Dachlawinen und Eiszapfen sein. Auch an der Bürkturnhalle lauert die Gefahr von oben. Deshalb hat die Stadt zu drastischen Mitteln gegriffen und den Gehweg entlang des Gebäudes gesperrt.
Eigentlich hätten sie gar nicht entstehen dürfen, die Eiszapfen am Dach der Bürkturnhalle. Doch eine defekte Dachrinnenbegleitheizung sorgte dafür, dass sie es doch taten – und brachte die Stadtverwaltung damit in Zugzwang. Eine solche Gefahr, die von ihrem Eigentum ausgeht, konnte diese nämlich nicht ignorieren, wie die städtische Pressesprecherin Oxana Brunner auf Anfrage erklärt. Eine Möglichkeit, könnte man meinen, wäre es gewesen, die Eiszapfen zu entfernen, um die Gefahr so aus der Welt zu schaffen. Normalerweise übernehmen solche Aufgaben Brunner zufolge die jeweils zuständigen Hausmeister. Doch das war in diesem Fall keine Option, erläutert Brunner: „Aufgrund der parkenden Autos war ein Entfernen der Zapfen nicht möglich, ohne die Autos zu gefährden.“Deshalb wurde der Gehweg zwischen dem Gebäude und der Bürkstraße vorübergehend mittels Absperrbaken und -band für Fußgänger und Radfahrer gesperrt.
Im Zweifel entscheidet der Einzelfall, welche Maßnahmen nötig sind. Auch Privatpersonen müssen als Hauseigentümer dafür sorgen, dass sie ihre sogenannte Verkehrssicherungspflicht erfüllen. Diese besagt ganz allgemein, dass derjenige der eine Gefahrenquelle schafft – und dazu gehört eben auch die Gefahr einer Dachlawine oder die Gefahr herunterfallender Eiszapfen – auch die nötigen Maßnahmen treffen muss, damit Dritte wie beispielsweise vorbeikommende Fußgänger geschützt werden.
Solche Maßnahmen müssen ganz allgemein erforderlich und zumutbar sein – wie genau sie im Einzelfall auszusehen haben, ist aber gar nicht so leicht zu ermitteln. Müssen Eiszapfen
und Schnee auf dem Dach entfernt werden? Reicht es, ein Schild mit einem Warnhinweis aufzustellen? Oder ist die Gefahr so offensichtlich, dass Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer sie selbst erkennen müssen? Nicht selten müssen solche Fragen für den Einzelfall vor Gericht geklärt werden.
Auch Stadtsprecherin Brunner betont – aus der Erfahrung der Stadt als Gebäudeeigentümerin gesprochen: Es handle sich hierbei um eine „ganz, ganz individuelle Fragestellung“. Deshalb greift auch die Stadt Villingen-Schwenningen nicht immer zu Absperrbaken und -band, um ihre Verkehrssicherungspflicht zu erfüllen. Grundsätzlich sei die Wahl der Methode immer eine Abwägungsfrage, bei der es auf den Einzelfall ankomme, sagt Brunner. Man entscheide beispielsweise „je nach Gebäude, je nach Örtlichkeit, je nachdem, wie viele Fußgänger vorbeikommen“unterschiedlich.
Und im Fall der Bürkturnhalle fiel die Wahl eben auf das Absperren des Gehwegs. Lange dürften sich die Passanten
aber nicht mehr gedulden müssen, bis der Durchgang wieder frei ist: Mittlerweile ist die defekte Heizung wieder repariert, die Eiszapfen schmelzen ab und die Sperrung soll nach aktuellem Stand Anfang kommender Woche aufgehoben werden.
Unabhängig von allen Sicherungsmaßnahmen der Hauseigentümer beziehungsweise Mieter sollten natürlich auch Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer, die auf der Suche nach einem Parkplatz für ihr Fahrzeug sind, Vorsicht walten lassen, appelliert etwa die Polizei. „Insbesondere Fußgänger sollten Gebäude und Dachvorsprünge mit entsprechender Vorsicht passieren beziehungsweise meiden, wenn Schneeabgänge zu befürchten sind. Auto- und sonstige Fahrzeugbesitzer sollten ebenfalls darauf achten, dass sie nicht im Bereich von möglichen Gefahrenstellen parken“, warnt das Polizeipräsidium Konstanz am Freitag aus aktuellem Anlass. Mehrere Autos waren durch Dachlawinen beschädigt worden.