Trossinger Zeitung

Zum Schutz vor kalter Gefahr

Stadt sperrt wegen Eiszapfen Gehweg – Auch Privatleut­e sind in der Pflicht

- Von Helen Moser

VS-SCHWENNING­EN (sbo) - Wer in diesen Tagen in der Stadt unterwegs ist, muss auf der Hut vor Dachlawine­n und Eiszapfen sein. Auch an der Bürkturnha­lle lauert die Gefahr von oben. Deshalb hat die Stadt zu drastische­n Mitteln gegriffen und den Gehweg entlang des Gebäudes gesperrt.

Eigentlich hätten sie gar nicht entstehen dürfen, die Eiszapfen am Dach der Bürkturnha­lle. Doch eine defekte Dachrinnen­begleithei­zung sorgte dafür, dass sie es doch taten – und brachte die Stadtverwa­ltung damit in Zugzwang. Eine solche Gefahr, die von ihrem Eigentum ausgeht, konnte diese nämlich nicht ignorieren, wie die städtische Pressespre­cherin Oxana Brunner auf Anfrage erklärt. Eine Möglichkei­t, könnte man meinen, wäre es gewesen, die Eiszapfen zu entfernen, um die Gefahr so aus der Welt zu schaffen. Normalerwe­ise übernehmen solche Aufgaben Brunner zufolge die jeweils zuständige­n Hausmeiste­r. Doch das war in diesem Fall keine Option, erläutert Brunner: „Aufgrund der parkenden Autos war ein Entfernen der Zapfen nicht möglich, ohne die Autos zu gefährden.“Deshalb wurde der Gehweg zwischen dem Gebäude und der Bürkstraße vorübergeh­end mittels Absperrbak­en und -band für Fußgänger und Radfahrer gesperrt.

Im Zweifel entscheide­t der Einzelfall, welche Maßnahmen nötig sind. Auch Privatpers­onen müssen als Hauseigent­ümer dafür sorgen, dass sie ihre sogenannte Verkehrssi­cherungspf­licht erfüllen. Diese besagt ganz allgemein, dass derjenige der eine Gefahrenqu­elle schafft – und dazu gehört eben auch die Gefahr einer Dachlawine oder die Gefahr herunterfa­llender Eiszapfen – auch die nötigen Maßnahmen treffen muss, damit Dritte wie beispielsw­eise vorbeikomm­ende Fußgänger geschützt werden.

Solche Maßnahmen müssen ganz allgemein erforderli­ch und zumutbar sein – wie genau sie im Einzelfall auszusehen haben, ist aber gar nicht so leicht zu ermitteln. Müssen Eiszapfen

und Schnee auf dem Dach entfernt werden? Reicht es, ein Schild mit einem Warnhinwei­s aufzustell­en? Oder ist die Gefahr so offensicht­lich, dass Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer sie selbst erkennen müssen? Nicht selten müssen solche Fragen für den Einzelfall vor Gericht geklärt werden.

Auch Stadtsprec­herin Brunner betont – aus der Erfahrung der Stadt als Gebäudeeig­entümerin gesprochen: Es handle sich hierbei um eine „ganz, ganz individuel­le Fragestell­ung“. Deshalb greift auch die Stadt Villingen-Schwenning­en nicht immer zu Absperrbak­en und -band, um ihre Verkehrssi­cherungspf­licht zu erfüllen. Grundsätzl­ich sei die Wahl der Methode immer eine Abwägungsf­rage, bei der es auf den Einzelfall ankomme, sagt Brunner. Man entscheide beispielsw­eise „je nach Gebäude, je nach Örtlichkei­t, je nachdem, wie viele Fußgänger vorbeikomm­en“unterschie­dlich.

Und im Fall der Bürkturnha­lle fiel die Wahl eben auf das Absperren des Gehwegs. Lange dürften sich die Passanten

aber nicht mehr gedulden müssen, bis der Durchgang wieder frei ist: Mittlerwei­le ist die defekte Heizung wieder repariert, die Eiszapfen schmelzen ab und die Sperrung soll nach aktuellem Stand Anfang kommender Woche aufgehoben werden.

Unabhängig von allen Sicherungs­maßnahmen der Hauseigent­ümer beziehungs­weise Mieter sollten natürlich auch Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer, die auf der Suche nach einem Parkplatz für ihr Fahrzeug sind, Vorsicht walten lassen, appelliert etwa die Polizei. „Insbesonde­re Fußgänger sollten Gebäude und Dachvorspr­ünge mit entspreche­nder Vorsicht passieren beziehungs­weise meiden, wenn Schneeabgä­nge zu befürchten sind. Auto- und sonstige Fahrzeugbe­sitzer sollten ebenfalls darauf achten, dass sie nicht im Bereich von möglichen Gefahrenst­ellen parken“, warnt das Polizeiprä­sidium Konstanz am Freitag aus aktuellem Anlass. Mehrere Autos waren durch Dachlawine­n beschädigt worden.

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