Keine Angst vor der Männerdomäne
Alina Keller aus Seitingen-Oberflacht ist eine passionierte Technikerin
SEITINGEN-OBERFLACHT - Mit gerade einmal achtzehn Jahren weiß die junge Alina Keller genau, was sie will. „Nach dem Abitur werde ich ein Maschinenbaustudium und gleichzeitig eine Ausbildung zur Industriemechanikerin in Angriff nehmen. Und ich freue mich schon auf diese neue Herausforderung“, sagt Keller selbstbewusst. Und sie weiß auch, dass sie damit zukünftig als Frau eine seltene Position in einer klassischen Männerdomäne einnehmen wird.
Ihre Begeisterung für alles Handwerkliche und Technische zeigte sich schon früh und prägte sich immer weiter aus. Als kleines Kind werkelte sie gemeinsam mit ihrem Vater, dem gebürtigen Amerikaner Randy Seelbach: „Anfänglich bauten wir Hütten und Baumhäuser. Dann, als ich mit sechs Jahren das RhönradTraining begann, wurde unser gemeinsames Hobby anspruchsvoller“, erinnert sich Keller. Schließlich wurden zum täglichen Trainieren eine Sprossenwand und ein Schwebebalken gefertigt. Mit eisernem Training schaffte sie es so 2016 in die Bundesliga.
In den vergangenen Monaten hat sich ein weiteres Hobby hinzu gesellt: Keller absolvierte einen Kurs im Motorsägen und übte sich im Traktorfahren. „Dass ich jemals mit Freude und Leidenschaft Traktor
TRAUERANZEIGEN fahren und mit der Motorsäge in unserem Waldstück schädliche Bäume fällen würde, hätte ich noch vor einem Jahr nicht gedacht.“Und fügt hinzu: „Als ich in den vergangenen Monaten nahezu jedes Wochenende mit meiner Mutter und meinem Vater im Wald arbeitete, wurden wir schon von einigen überraschten Spaziergängern angesprochen.“Eine junge Frau, die mit schwerem Gerät Baumstämme aus dem Wald heraus befördert und kenntnisreich die Motorsäge betätigt, sei doch immer noch für viele ein ungewöhnliches Bild, so Keller. Leider fehle es in unserer Gesellschaft immer noch an Akzeptanz für Ungewohntes, betont sie. „Mein Ziel ist es zu zeigen, dass auch Frauen typisch männliche Tätigkeiten und Berufe ausüben können.“
So ist die junge Frau ambitioniert und konsequent diesem Ziel gefolgt. Als Gymnasiastin in Tuttlingen wählte sie am Immanuel-Kant-Gymnasium Naturwissenschaften und Technik als Profilfächer. Als zuverlässige, beliebte und sozial engagierte Schülerin wurde sie bald in die Schülermitverwaltung gewählt. „Das war allein von dem Zeitaufwand und den vielfältigen Themen her sehr anspruchsvoll“, erinnert sie sich. Auch nach dem Wechsel zur Ferdinandvon-Steinbeis-Schule, wo sie in diesem Jahr ihr Abitur machen wird, wurde sie gleich in ein gemeinnütziges Schulteam gewählt, das gerade auch jetzt in Corona-Zeiten die alltägliche Kommunikation zwischen Lehrenden und Schülern gewährleisten soll.
Mit ihrer Doppelbegabung sowohl im Technisch-Naturwissenschaftlichen als auch im Sozialen hat die junge Power-Frau eine klare Vision für die Zukunft: „ Ich möchte meinen Weg weiter verfolgen und nicht nur in der Mechatronik zur weiteren Optimierung des Bestehenden beitragen, sondern ich möchte gerade auch Mädchen Mut machen, sich für technische Berufe zu entscheiden. Die Begriffe Frau und Technik dürfen in der Vorstellung der Menschen nicht weiter als ein Gegensatz gelten“, betont sie überzeugend kämpferisch.
Aus ihrer Erfahrung, die sie in mehreren Bewerbungsgesprächen als zukünftige Mechatronikerin gesammelt hat, weiß sie, dass da noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten ist. „Da ist mir manches Mal heftiges männliches Unverständnis entgegen getreten.“
Doch Alina Keller verfolgt ihren Weg unbeirrt weiter. Die passende Ausbildungsstelle hierzu hat sie bei einem Unternehmen in Gosheim gefunden. „Und zwar nicht wegen der sogenannten Frauenquote“, so Keller, „sondern weil das Unternehmen gute Leute fördert, egal ob männlich oder weiblich.“