„Keine Aussage zur Qualität des Stoffes“
Virologe Thomas Mertens über den Astra-Zeneca-Impfstoff und neue Medikamente
RAVENSBURG - Seit Freitag ist der dritte Impfstoff – ein Vakzin der Firma Astra-Zeneca – in der Europäischen Union zugelassen. Menschen über 65 Jahre sollen diesen Impfstoff jedoch nicht erhalten. Der Virologe Professor Thomas Mertens erklärt im Gespräch mit Daniel Hadrys die Gründe dafür.
Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat Bedenken beim Impfstoff von Astra-Zeneca. Auch die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt das Vakzin nicht uneingeschränkt für alle Altersgruppen. Was steckt hinter dieser Einschätzung?
Die EMA hat den Astra-ZenecaImpfstoff gegen Covid-19 heute ohne Altersbeschränkung zugelassen. Allerdings hat die EMA einen Hinweis veröffentlicht, dass die Daten für die Impfung von Patienten die älter als 55 Jahre sind, nicht ausreichen, um eine sichere Aussage über die Wirksamkeit in dieser Altersgruppe zu machen. Die STIKO hat den Impfstoff empfohlen für Menschen zwischen 18 und 64 Jahren (also bis zum 65. Geburtstag). Auch aus dem Grund, dass die aktuell verfügbaren Daten zur Impfung bei über 65-Jährigen zu gering sind. Dies ist ausdrücklich keine Aussage zur
Qualität des Impfstoffes, sondern ausschließlich die Feststellung, dass die erforderlichen Daten für eine Empfehlung zur Anwendung in allen Altersgruppen fehlen. Bei späterem Vorliegen solcher zusätzlicher Daten wird die STIKO ihre Empfehlung auch ändern.
Gesundheitsminister Jens Spahn hat 200 000 Dosen eines Antikörper-Medikaments gekauft. Wer soll das Medikament erhalten und wie wirkt es?
Es handelt sich um sogenannte monoklonale Antikörper, die im Labor hergestellt werden und die in der
Lage sind, Sars-CoV-2 sehr gut zu neutralisieren. Diese Antikörper können in der frühen Phase der Erkrankung intravenös gegeben werden und neutralisieren die im Körper neu gebildeten Viren. Die frühzeitige Behandlung ist deshalb wichtig, weil später im Verlauf von Covid-19 die Virusvermehrung eine geringere Rolle für den Verlauf der Erkrankung spielt und andere immunologische Mechanismen zur Verschlechterung des Krankheitsverlaufes führen.
Derzeit wird viel über Impfungen gesprochen. Welche aussichtsreichen Ansätze für Medikamente gegen das Coronavirus gibt es derzeit?
Viele Forscher und Laboratorien der pharmazeutischen Industrie sind damit beschäftigt, Wirkstoffe gegen Sars-CoV-2 zu finden und weiterzuentwickeln. Leider bedeutet das im Augenblick mehr Aufwand als die Entwicklung zum Beispiel eines mRNA-Impfstoffes. Man hört tatsächlich augenblicklich weniger über neue Medikamente, aber ich bin sehr sicher, dass auch hier in einiger Zeit die ersten Tierversuche und danach Versuche beim Menschen beginnen werden.