Zauberhafter Gypsy-Jazz
Der eine Gitarrist macht ständig „schrumm-schrummschrumm“, Rhythmus und Sound. Der Kontrabasser hat nicht allzu viel zu tun, tupft lässig die tiefen Töne. Der Leader spielt seine Gitarre atemberaubend schnell. Aber sind das nicht die immer mehr oder weniger gleichen Läufe? Von wegen. Hier zwei aktuelle CDs mit Gypsy-Swing, die Freude machen.
Der Sinto Diknu Schneeberger konzertiert seit gefühlten Ewigkeiten, stand aber immer im Schatten seines Vater Joschi. Ein Urgestein der Wiener Jazzszene. Jetzt mit 30 und auf seinem fünften Album hat Diknu sich vom Übervater freigespielt, im Trio mit Gleichaltrigen zusammengefunden. Zwölf eigene Kompositionen, dazu die großartige Hommage an die Lichtgestalt Django Reinhardt. „Nuages“. Diknu Schneeberger mag vielleicht früher sehr in der Tradition von Django gestanden haben, man kann das Feuer aber nur weitergeben, wenn man die Glut kennt. Zusammen mit Julian Wohlmuth (Gitarre) und Martin Heinzle (Bass) zaubert Diknu leichtfüßige Stücke, mit Namen wie „Frische Minze“oder „Feuerlicht“. Er kann superschnell über die Saiten flitzen, dabei klingt jede Mini-Note sauber, die Läufe fein vibrierend ausklingend. Klar und frisch. Erstaunlich auch, wie Diknu ganze Melodiefolgen mit Akkorden gestaltet, hohe Kunst. Aufgenommen wurde das Album live im Wiener Club „Porgy & Bess“, allerdings ohne Publikum, im Rahmen der Aktion „The show must go on(line)“. In Superklangqualität.
Einen gänzlich anderen Sound bringt Manfred Fuchs mit seinem Trio, dabei der viel gefragte Allgäuer Tiny Schmauch am Bass und Markus Kimmich an der Rhythmusgitarre. „Mampe“Fuchs ist ein erfahrener Gitarrist, ungezählte Auftritte mit verschiedenen Formationen, oft mit den ganz Großen der Szene. Auch mit Diknu hat er in Wien konzertiert. Der langjährige Leiter der Jugendmusikschule Bad Waldsee hat diverse CDs eingespielt, seine Gypsy-Jazz-Lernbücher mit vielen Beispielen und Praxistipps gelten als Standardwerk. Beweisen muss der jetzt im Ruhestand lebende Manfred Fuchs niemandem mehr etwas, kann ganz entspannt aufspielen, sich seiner Musik widmen. Das tut er, transparent, präsent, ausschließlich eigene Kompositionen. Auch er oft mit aufregenden Läufen, feinfingrig, schnell, jede Note ausbalanciert. Vor allem aber ist Fuchsens Spiel melodiebetont – der Romantiker an der Rasanzgitarre. Schön seine Liebeserklärung an die „Siebenbrünnen“in seiner Heimatstadt Leutkirch, da sprudeln muntere, saubere Quellen. Interessant der „Parking Lot Blues“oder der „Bossa Manfredo“. Nicht alles ist brandneu, manches hat man schon bei seinen Konzerten gehört. Das sensible „Late Night“hat Ohrwurmqualität wie ein Schmusestück von Santana. Tiny Schmauch streicht den Bass einfühlsam. Dann geht es munter weiter. Bravo, allen beiden.
Bernd Guido Weber
Manfred Fuchs Trio: