Eine ist schneller als die rodelnden Mamas
Julia Taubitz fährt am Königssee zu WM-Gold vor Natalie Geisenberger und Dajana Eitberger
SCHÖNAU AM KÖNIGSSEE (dpa/SID) - Nach ihrem kurzen Tanz auf dem Eis erhielt Julia Taubitz die Medaille von ihrer größten Konkurrentin und konnte ihr Glück kaum fassen. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich heute noch einmal gewinne. Das ist wunderschön, ich bin überglücklich“, sagte die 24 Jahre alte Doppel-Weltmeisterin vom WSC Erzgebirge Oberwiesenthal nach ihrer Triumphfahrt in der Eisarena am Königssee. Wie schon im Sprint am Freitag belegten alle vier deutschen Rodlerinnen die ersten vier Plätze.
Natalie Geisenberger, die der neuen Titelträgerin voller Anerkennung das WM-Gold umhängte, sorgte mit Platz zwei vor Dajana Eitberger für einen besonderen WM-Abschluss. Beide erfahrenen Athletinnen kamen nach einer einjährigen Babypause in den Rennzirkus zurück und erkämpften sich insgesamt drei Medaillen. „Ich habe im Mai ein Kind bekommen und stehe jetzt hier auf dem Podest. Da bin ich schon stolz drauf“, sagte Geisenberger. Auch Eitberger, die ihre erste WM-Einzelmedaille gewann, war überglücklich. „Das fühlt sich wie Gold an“, befand die 30-Jährige.
Julia Taubitz indes schrieb ihre eigene Geschichte fort – und auch die könnte eine große werden. 2015 debütierte sie mit nur 19 Jahren im Weltcup, in den vergangenen beiden Wintern gewann sie bereits WM-Silber und 2020 zudem den Gesamtweltcup – am Sonntag war nun der vorläufige Höhepunkt erreicht.
Und auch die Dominanz der deutschen Frauen setzt sich fort, bei den vergangenen 30 Weltmeisterschaften war die Siegerin nur viermal keine Deutsche. Dieser Trend schien in den vergangenen Jahren in Gefahr, da sich Natalie Geisenbergers Karriere irgendwann dem Ende zuneigen wird. Doch Julia Taubitz wächst immer besser in die Rolle hinein, der WM-Sieg war nun ein wichtiges Signal mit Blick auf Olympia 2022 und 2026. Eingeleitet wurde der große Coup zudem durch einen kleine(re)n: Am Freitag hatte Taubitz Gold im Sprint-Wettbewerb gewonnen.
Mit dem zweiten Platz in der Team-Staffel kommt das deutsche Team bei der Heim-Weltmeisterschaft auf insgesamt zwölf Medaillen und vier WM-Titel. Vor allem die
Frauen und die Doppelsitzer räumten fast alles ab. „Insgesamt ist das eine ganz tolle Mannschaftsleistung von allen Athleten, auch wenn nicht immer alles aufgegangen ist. Jetzt können wir nach dem Weltcup-Finale gut in die Vorbereitung für die Olympischen Spiele gehen“, sagte Bundestrainer Norbert Loch.
Für den bislang erfolgreichsten Rodler der Saison allerdings blieb am Ende nur zweimal WM-Silber: Felix Loch, der zuvor acht Weltcup-Siege nacheinander gefeiert hatte, musste sich Titelverteidiger Roman Repilow vom russischen Rodelverband geschlagen geben und kam auch mit dem Team in der Staffel nur auf Rang zwei. Loch nahm es mit einem Lächeln hin und war dennoch zufrieden. „Roman hat es heute einfach besser gemacht. Ich hatte zwei, drei grobe Sachen im zweiten Lauf. Ich bin mega happy mit dem zweiten Platz – und darüber, hier mit einer Medaille zu Hause zu bleiben“, sagte der Weltcup-Gesamtsieger dieses Winters. Mit einem Sieg hätte Loch Rekordweltmeister Armin Zöggeler
Julia Taubitz, die sich am Königssee zur Rodelweltmeisterin gekürt hat. (Italien) überholen können. Klar jedoch ist auch so: Gestärkt durch die Siege der vergangenen Monate zerstreut Felix Loch mittlerweile alle Zweifel an der Fortsetzung seiner Karriere, die er selbst eine Zeit lang genährt hatte. Der 31-Jährige will, wenn möglich, gar bis Olympia 2026 weitermachen – wohl auch, weil das deutsche Material wieder konkurrenzfähig ist. In den vergangenen Jahren hatten Russland und Österreich schnellere Schlitten gebaut.
Die beiden besten deutschen Doppelsitzer, die in der Weltcup-Saison nicht so erfolgreich gewesen sind und den Triumph im Gesamtklassement verpasst haben, zeigten sich bei der WM hingegen in blendender Form und teilten sich die Siege. Toni Eggert und Sascha Benecken siegten zum vierten Mal in Serie bei den Welttitelkämpfen und schlossen zu den Rekordweltmeistern Patric Leitner/Alexander Resch auf. Mit Silber am Samstag konnten die tags zuvor gekürten Sprint-Weltmeister Tobias Wendl/Tobias Arlt gut leben. „Wir haben super Rennen gezeigt und haben alles gegeben. Mehr war nicht drin. Wir sind total zufrieden“, sagte Wendl, der in dieser Woche zudem erstmals Vater geworden ist.
„Auf dieser Bahn kann immer so viel passieren.“