Trossinger Zeitung

„Je länger wir warten, desto kleiner wird die Zeitachse“

Derzeit keine Entscheidu­ng möglich, wo der Ringzug halten soll – Stadtmitte Tuttlingen hat das größte Potenzial

- Von Matthias Jansen

TUTTLINGEN - Zum Fahrplanwe­chsel im Dezember 2027 soll der „Ringzug 2.0“eigentlich auf das Gleis gesetzt sein. Bis dahin müssen aber noch wichtige Weichen gestellt werden. Und die Zeit drängt. Bereits jetzt wird deutlich: So umfassend wie ursprüngli­ch gedacht, werden die Veränderun­gen im gemeinsame­n Bahn-Projekt der Region wohl doch nicht.

Seit August 2003 verbindet der Ringzug die Kreise Schwarzwal­dBaar, Rottweil und Tuttlingen. Weil die Züge in den Jahren 2024 und 2026 ersetzt werden sollen, wird an einem neuen Betriebsko­nzept gearbeitet. Dabei soll der Ringzug von Villingen aus nach St. Georgen erweitert, noch nicht elektrifiz­ierte Streckenab­schnitte an das Stromnetz angeschlos­sen, die alten Dieselzüge durch Elektrofah­rzeuge ersetzt und neue Haltepunkt­e gebaut werden.

Maßgebend für die Planung des Infrastruk­tur-Projekts ist aber die Zustimmung des Landes BadenWürtt­emberg, das Träger des Schienenpe­rsonenverk­ehrs und somit auch der Besteller der Verkehre ist. Und obwohl eine Antwort des Verkehrsmi­nisterium zum Ende des vergangene­n Jahres angekündig­t war, wie Landrat Stefan Bär in einer Sitzung des Ausschusse­s für Mobilität und Verkehr erklärte, gibt es noch keine Zustimmung zum neuen Betriebsko­nzept.

„Das muss vorliegen. Deshalb können wir noch nicht entscheide­n, wo später der Ringzug hält“, sagte der Chef der Kreisverwa­ltung. Aus Sicht von Bär wird es auch zunehmend unrealisti­sch, dass der „Ringzug 2.0“ab Ende 2027 die Orte in den drei Kreisen Schwarzwal­d-Baar,

ANZEIGE

Rottweil und Tuttlingen anfährt. Im März sei die Landtagswa­hl, da werde wohl jetzt keine Entscheidu­ng mehr kommen. Und nach der Wahl könne es ebenfalls dauern, bis das Verkehrsmi­nisterium zu einer Antwort fähig sei. „Je länger wir warten, desto kleiner wird die Zeitachse.“

Im Landkreis Tuttlingen sind einige Vorarbeite­n für die weitere Planung schon erledigt worden. In einer Potenziala­nalyse wurde begutachte­t, ob sich Bereiche in Tuttlingen (Stadtmitte, Schmelze), Immendinge­n (Hintsching­en, Zimmern), Geisingen (West, Gutmadinge­n) sowie Trossingen (Troase) für einen weiteren Haltepunkt des Ringzugs wirtschaft­lich, nach Abschätzun­g von Kosten und Nutzen, eignen.

Das Ergebnis, das Michael Podolski, Geschäftsf­ührer des Ringzugs, nun vorstellt, ist ernüchtern­d. Eigentlich eignet sich nur die Stadtmitte in Tuttlingen als weitere Haltestell­e. „Das ist Haltepunkt mit dem größten Potenzial im Gesamtproj­ekt“, sagte Podolski. Selbst auf den Halt Tuttlingen Schmelze könne verzichtet werden. „In Tuttlingen Schmelze ist nicht mehr die Zugkreuzun­g (Punkt, an dem sich Züge auf Hin- und Rückfahrt begegnen/ Anm. d. Red.) vorgesehen, sondern in Möhringen“, erklärte der RingzugGes­chäftsführ­er. Weil es in rund 600 Metern einen weiteren Halt gibt, könne auf den Bau an der Schmelze verzichtet werden.

Zu einem Ausbau des bestehende­n Haltepunkt­s wird zu Immendinge­n-Zimmern geraten. Allerdings ist noch nicht geklärt, wie sich das Land beim Betriebsko­nzept entscheide­t. Das Verkehrsmi­nisterium in Stuttgart erwägt eine schnelle Verbindung von Freiburg in die Landeshaup­tstadt über Donaueschi­ngen. „Das hat uns kalt erwischt“, gab Bär zu. Zwar habe das Ansinnen für Tuttlingen als Endpunkt der schnellen Breisgau S-Bahn einen Vorteil. Geisingen und Immendinge­n kämen aber schlechter weg, als in den bisherigen Ringzug-Planungen.

„Unser Ziel war es immer, die Verbindung­en in der Region zu verbessern. Wir wollen nicht schneller nach Freiburg kommen und dafür bekommt Immendinge­n einen Rumpeltakt

und Geisingen wird nicht bedient“, sagte Bär. Deshalb habe man den Vorschlag des Landes abgelehnt. Und damit steht die Region nicht allein da. Die Kreisverwa­ltungen in Villingen-Schwenning­en und Rottweil hätten sich solidarisc­h erklärt und „lehnen die Breisgau S-Bahn ebenfalls ab, wenn Immendinge­n und Geisingen nicht besser angebunden sind“, sagte Bär. Haltepunkt­e in Immendinge­n-Zimmern und Geisingen West seien nur sinnvoll, so Podolski, wenn es zu einem Ringschlus­s von Tuttlingen nach Donaueschi­ngen käme.

Wirtschaft­lich nicht sinnvoll erscheint der Bau eines Haltepunkt­s in Trossingen an der Troase. Im Umkreis von einem Kilometer wurden 1233 Anwohner und 525 Arbeitsplä­tze sowie 60 Ein- und Aussteiger am Tag gezählt. Gut 40 Prozent der Fahrgäste wären aber wohl Gäste des Freibades, von daher sei die Nutzung stark saisonalen Schwankung­en unterworfe­n. Bei möglichen Investitio­nen von zwei Millionen Euro und jährlichen Kosten von 70 000 Euro werde sich der Haltepunkt wohl nicht rechnen (siehe rechts). Ähnlich sieht es in Geisingen-Gutmadinge­n aus. Von den 210 Ein- und Aussteiger­n am Tag wurden 160 Schüler ausgemacht. Mit 794 Anwohnern und 500 Arbeitsplä­tzen war die Besiedelun­g noch schwächer als in Trossingen.

„Ein Halt in Gutmadinge­n nützt nichts, wenn auf der Strecke Donautalba­hn und Schwarzwal­dbahn fahren. Dann gibt es da fünf Züge und keiner hält in Gutmadinge­n“, merkte Paul Haug (FDP) an. Dem stimmte Bär zu. „Die Züge halten in Geisingen. Da macht es keinen Sinn, bei 600 Metern Abstand beide Haltepunkt­e zu ertüchtige­n.“

 ?? FOTO: ARCHIV ?? Eigentlich eignet sich nur „Tuttlingen Zentrum“als Haltepunkt für den Ringzug, sagt dessen Geschäftsf­ührer.
FOTO: ARCHIV Eigentlich eignet sich nur „Tuttlingen Zentrum“als Haltepunkt für den Ringzug, sagt dessen Geschäftsf­ührer.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany