Geschäftsmodell der Bäder soll auf den Prüfstand
Querverbund mit den Stadtwerken nicht mehr tragfähig – OB Beck: „Schließung steht nicht zur Debatte“
TUTTLINGEN - Eins vorweg: „Die aktuelle Liquidität auf dem Konto ist knapp siebenstellig, es besteht keine Insolvenz-Gefährdung“, sagte Branka Rogulic, Geschäftsführerin der Stadtwerke, zur Lage der Tuttlinger Bäder am Montag im Verwaltungsund Finanzausschuss des Gemeinderats.
Trotzdem steht es um die finanzielle Gesamtlage der Tuttlinger Bäder GmbH nicht zum Besten. Wie berichtet, hat sie 2020 einen Verlust von 3,6 Millionen Euro erwirtschaftet, das sind noch einmal knapp 1,5 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. 2021 droht ein Verlust in ähnlicher Höhe. Schuld daran ist die coronabedingte Schließung; Seit März 2020 war das Tuwass nicht mehr offen, das Freibad nur mit stark beschränkter Besucherzahl. Aufs Jahr gesehen waren 75 Prozent weniger Besucher in den Bädern als im Vorjahr, zudem war der Betrieb des Freibads unter verschärften Hygienebedingungen deutlich teurer.
Die Stadt kann den Bädern nun ausnahmsweise finanziell unter die Arme greifen: Der Ausschuss stimmte einem Teilverlustausgleich von 800 000 Euro zu, der coronabedingt möglich ist. Das letzte Wort hat der
Gemeinderat am Montag.
Möglicherweise könnte die Stadt zusätzlich Stabilisierungshilfe aus einem Topf des Landes erhalten. Der sei allerdings nur für kommunale Bäder oder für Städte da, die schon länger den Verlust der Bäder ausgleichen, sagte Kämmerer Uwe Keller. „Wir probieren es trotzdem“, so Keller. Die Argumentation der Stadt: Durch den Teilverlustausgleich und eine seit 2017 bestehende Investitionshilfe an Bäder und Stadtwerke sei die Stadt finanziell belastet. Eine Antwort des Ministeriums für Tourismus steht noch aus.
Wie geht es darüber hinaus weiter mit den Bädern? Oberbürgermeister Michael Beck befand es für nötig, eins zu versichern: „Eine Schließung steht für uns nicht zur Debatte.“Es sei klar, dass man Bäder im öffentlichen Bereich nicht wirtschaftlich betreiben könne, so Beck. Aber: „Die langfristige Sicherung unserer Bäder genießt für uns oberste Priorität.“Man müsse deshalb eher das Unternehmenskonstrukt überdenken.
Das ist reichlich kompliziert, bietet aber steuerliche Vorteile: Die Stadtwerke, die Parkhaus GmbH und die Tuttlinger Bäder GmbH sind Teil eines Querverbunds. Die Bäder machen Verlust, Stadtwerke und Parkhaus gleichen ihn über ihren Gewinn aus. Das hat lange gut funktioniert, dann wurde der Gewinn der Stadtwerke unter anderem wegen der Liberalisierung des Energiemarkts schmaler und der Verlust der Bäder höher. Für Investitionen ins Leitungsnetz bleibt den Stadtwerken kein Geld, da hilft die Stadt inzwischen schon mit etwa einer Million Euro pro Jahr aus.
Darüber hinaus sind der Stadt Tuttlingen aber die Hände gebunden: Zwar könnte sie den Verlust der Bäder übernehmen, „dann müssten wir aber wahrscheinlich zusätzlich zum Verlust Mehrwertsteuer zahlen“, erläuterte Kämmerer Keller die Steuer-Problematik. Man werde sich deshalb beraten lassen und verschiedene Unternehmensmodelle für die Bäder prüfen, um das für die Zukunft Beste zu finden, so Keller.
Das Tuwass könnte übrigens innerhalb von zwei Wochen öffnen – wenn es coronabedingt erlaubt und zu verantworten wäre. Das ist der Hauptgrund, warum gewisse Kosten wie Heizung, Instandhaltung, Wasserbeprobung weiterliefen, sagte Rogulic auf Nachfrage von Hellmut Dinkelaker (SPD): „Man kann das Bad nicht einfach in den Winterschlaf versetzen. Also könnte man schon, aber dann kriegt man es nicht so schnell wieder geöffnet.“