Mordprozess endet mit Überraschung
Gericht urteilt auf Totschlag – 50-Jähriger muss wegen Totschlags für 13 Jahre ins Gefängnis
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Der Mordprozess gegen einen 50Jährigen, der nach Überzeugung des Gerichts seine 39-jährige Ex-Freundin brutal erschlagen hat, endet mit einer Überraschung: Die Kammer verurteilte den Täter wegen Totschlags und nicht wegen Mordes. Er muss für 13 Jahre ins Gefängnis und darüber hinaus 10 000 Euro an die Mutter des Opfers zahlen.
Mit einem Gefühlsausbruch reagierte der 50-Jährige auf das Urteil. Während bei der Verkündung erste Tränen flossen, brach er nach Ende der Verhandlung zusammen. Minutenlang zitterte er am ganzen Körper, erlitt einen Weinkrampf – und konnte erst anschließend aus dem Saal geführt werden. Der Angeklagte hatte während der Dauer des Prozesses kaum Emotionen gezeigt und zu den Tatvorwürfen geschwiegen. In seinem letzten Wort nach den Plädoyers am Dienstag erklärt er gar, dass er nichts mit der Sache zu tun habe.
Dass dies das Gericht gänzlich anders sieht, war letztlich keine Überraschung. Zu eindeutig waren die Spuren, zu erdrückend die Indizienlage. Dennoch: In der Bewertung der Tat wich man nun deutlich von den Forderungen der Staatsanwaltschaft ab, welche eine Verurteilung wegen Mordes – und im Falle der Nebenklage – mit der besonderen Schwere der Schuld forderte. Aus Sicht des Vorsitzenden Richters Arno Hornstein sei trotz der umfangreichen Ermittlungen unklar, was sich zum Tatzeitpunkt wirklich in der Wohnung in der Schramberger Straße in VS-Schwenningen abgespielt hatte. Eine wichtige Rolle spielten hierbei Hämatome und Verletzungen im Bauchraum des Opfers. Es könne durchaus sein, dass es zunächst zu einer direkten Konfrontation zwischen Täter und Opfer kam.
Auch wenn die tötlichen Schläge auf den Hinterkopf erfolgten, sei es nicht ausgeschlossen, dass zuvor
Schläge von vorne erfolgten. Die Heimtücke könne damit nicht bewiesen werden. Auch das Motiv, woraus Staatsanwaltschaft und Nebenklage die niedrigen Beweggründe ableiteten, sei nicht zwingend in der Eifersucht zum neuen Lebensgefährten seiner Ex-Freundin zu sehen. Es handle sich nicht um die klassische Eifersuchtstat, vielmehr hätte der Angeklagte die Sorge gehabt, dass er die drei gemeinsamen Kinder nicht mehr sehen würde. Denn: Die 39-Jährige entzog ihm die Kinder bereits, nahm sie mit ins Frauenhaus und teilweise auch zum neuen Lebensgefährten, mit dem sie eine Heirat anstrebte.
Dass die Tat womöglich geplant war, würde daran nichts ändern, erklärte Hornstein bei der Urteilsbegründung. Die Planung an sich sei aber kein niedriger Beweggrund – zumal der 50-Jährige an jenem Tag nicht mal hätte wissen können, dass die Dreifachmutter tatsächlich in die Wohnung kommt, um weitere Habseligkeiten mitzunehmen. Und zu guter Letzt sei nicht klar, ob die Frau wirklich mit dem Tischbein erschlagen wurde. Denn es könne nicht sicher gesagt werden, wie die dort vorgefundenen Spuren hingelangt sind. Zumal jener Teil, der auf den Schädel des Opfers auftraf, trotz intensiver Suche nicht gefunden werden konnte.
Was das Strafmaß betrifft, so habe laut Hornstein eine Rolle gespielt, dass der Angeklagte seinen Sohn in die Wohnung führte, in der die tote Mutter lag. Dies sei an Dreistigkeit nicht zu überbieten, sagte der Vorsitzende Richter. Hartung Schreiber, Verteidiger des Anklagten, erklärt im Gespräch mit Journalisten, dass er voraussichtlich keine Revision einlegen werde. „Das Gericht hat das Urteil gut begründet“, betont er. Man habe die Angelegenheit „sehr ausgewogen“betrachtet.
Unklar blieb zunächst, ob die Staatsanwaltschaft gegen das Urteil, welches noch nicht rechtskräftig ist, Revision einlegen wird.