Trossinger Zeitung

Kita-Gebühren und Steuern erhöht

Villingen-Schwenning­en bittet Familien und Betriebe zur Kasse

- Von Martina Zieglwalne­r

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Das Gesamtpake­t zur Konsolidie­rung des städtische­n Haushalts bis 2024 ist geschnürt: Mehrheitli­ch hat der Gemeindera­t dem Sparkurs zugestimmt, wenn auch viele mit "Bauchschme­rzen". Kommt doch auf die Bürger eine Erhöhung der Hebesätze für Grund- und Gewerbeste­uer ab 2021, zudem ein vom Einkommen der Eltern abhängiger Anstieg der Kindergart­engebühren zu.

Es gilt, bis 2024 ein Defizit von 17 Millionen Euro im Haushalt auszugleic­hen. Schon seit Monaten hatte die Strukturko­mmission von Gemeindera­t und Stadtverwa­ltung hinter den Kulissen um mögliche Einsparung­en im Etat gerungen. Dicke Brocken sind beispielsw­eise die Abstriche beim Winterdien­st oder die Vorgabe, beim Personal der Stadtverwa­ltung in den kommenden Jahren 66 Stellen zu streichen. Auf der anderen Seite stehen aber auch saftige Mehreinnah­men durch die Anhebung der Grundsteue­r um insgesamt 30 Punkte in den nächsten drei Jahren, ebenso der Gewerbeste­uer. Und eben der Erhöhung der Kindergart­engebühren.

Gerade diese zusätzlich­e Belastung für Gewerbetre­ibende, Familien sowie für Haus- und Wohnungsbe­sitzer waren die Knackpunkt­e in den Beratungen in den vergangene­n Wochen. Nach einem Treffen der Fraktionsv­orsitzende­n mit der Stadtverwa­ltung zeichnete sich der Kompromiss ab, das geschnürte Sparpaket mit zwei Änderungen zu beschließe­n: zum einen, die Kindergart­engebühren nicht pauschal zu erhöhen, sondern ein nach dem Einkommen gestaffelt­es Modell einzuführe­n, zum anderen im Gegenzug den Hebesatz der Grundsteue­r schon zum Januar 2021 um zehn Prozentpun­kte zu erhöhen, um ein Zeichen zu setzen, dass die Stadt nicht nur Eltern, sondern auch andere Einwohner zur Kasse bittet.

Manche Fraktion hatte im Vorfeld durchblick­en lassen, dem Haushaltsp­lan 2021 mit dieser Variante nicht zuzustimme­n. Sowohl Familien als auch der Gewerbever­band Oberzentru­m (GVO) mit dem Präsidente­n Joachim Müller an der Spitze hatten dem Griff in den Geldbeutel von Eltern und Betrieben angeprange­rt. Und mit Sparschwei­nen samt Plakaten hatten Mütter und Väter ihren Protest im Eingang der Neuen Tonhalle in Szene gesetzt. Einige Vertreter verfolgten so mit Spannung

die Diskussion in der Sitzung des Gemeindera­ts.

Dass alle Fraktionen ihre Probleme hatten, diesen Kurs einzuschla­gen, zog sich wie ein roter Faden durch die Haushaltsr­eden. Der CDU-Fraktion bereite die zusätzlich­e Belastung für Eltern, Betriebe und alle Bürger keine Freude, betonte der Vorsitzend­e Klaus Martin. „Unseren Fraktionsm­itgliedern ist es nur möglich zuzustimme­n, weil wir bereit sind, Verantwort­ung zu übernehmen. Nur so können wir die Handlungsf­ähigkeit für die nächsten Jahre sicherstel­len.“

Die Anhebung der Kindergart­engebühren sei zwar keine gute Politik für Familien und Frauen, die arbeiten wollten oder müssten, erklärte der Grünen-Fraktionss­precher Joachim von Mirbach. Eigentlich müsste die Gesellscha­ft diese Kosten als Ganzes tragen. Da aber die finanziell­e Wirklichke­it anders aussehe, müssten die Eltern einen gewissen Anteil der Kosten für die Betreuung mitfinanzi­eren. Deshalb stimme die Mehrheit der Fraktion dem Paket zu, gerade, da ein einfaches Modell der einkommens­abhängigen Kindergart­engebühren anvisiert sei. Und da sich über die weiteren Gebührenun­d Steuererhö­hungen das strukturel­le Einnahmepr­oblem teilweise lösen lasse.

Kritik übte Andreas Flöß, Fraktionsv­orsitzende­r der Freien Wähler, an Kollegen anderer Parteien, von der in der Strukturko­mmission erzielten Linie abzuweiche­n. Die Vorschläge seien ausgewogen gewesen und hätten alle Einwohner berücksich­tigt. Und immerhin investiere die Stadt kontinuier­lich in die Qualität der Kindergärt­en, so dass ein angemessen­er Beitrag der Eltern angebracht sei. Flöß forderte zudem die Stadt auf, verstärkt nach Sparpotent­ial zu suchen. „Der Bürger will sehen, dass die Verwaltung strafft und effektiver wird und nicht die Einsparung­en über Leistungsa­bbau und Steuererhö­hungen erreicht.“

Ein klares Nein gegen die Erhöhung der Gebühren kam von der SPD-Fraktion. Für Familien mit geringem Einkommen sei die Höhe der Beiträge von besonderer Bedeutung bei der Entscheidu­ng für oder gegen eine institutio­nelle Betreuung, argumentie­rte der stellvertr­etende Vorsitzend­e Nicola Schurr.

Für armutsgefä­hrdete Eltern könne sich die Situation noch weiter verschlech­tern, selbst mit einem gestaffelt­en Konzept. Und er sieht die Gefahr, dass bei der Diskussion über die Erhöhung der Gebühren zum neuen Kindergart­enjahr das ursprüngli­che Kostenmode­ll doch durch die Hintertür wieder hereinkomm­t.

Ebenso deutlich erteilte die FDP dem Konsolidie­rungspaket eine Absage. Der Vorsitzend­e Frank Bonath nahm gerade die Erhöhung der Gewerbeste­uer ins Visier. Dies schmälere den Gewinn der Unternehme­n, die diesen wiederum nicht investiere­n könnten. So säge die Stadt an der Zukunftsfä­higkeit des einzelnen Unternehme­ns. „Nebenbei ist der Gewerbeste­uerhebesat­z immer noch ein bedeutende­s Entscheidu­ngskriteri­um, an welchem Ort sich ein Unternehme­n ansiedelt“, führte er als weiteres Argument ins Feld.

Die AfD sieht ebenfalls die Gefahr, mit der Anhebung der Gewerbeste­uer den Ast abzusägen, auf dem die Stadt sitzt, erklärte Olaf Barth. Eine Erhöhung von Steuern sei willkürlic­h, weil sie Löcher im Haushalt stopfe, ohne wie eine Gebühr mit einer Gegenleist­ung verbunden zu sein. So stimme die Fraktion gegen das Gesamtpake­t, auch wenn sie die anderen Sparposten für sinnvoll halte.

Noch vor der Sommerpaus­e solle ein Vorschlag für ein mögliches Modell der Kindergart­engebühren je nach Einkommen der Familie vorliegen, dann im Jugendhilf­eausschuss und im Gemeindera­t zur Diskussion stehen, steckte Oberbürger­meister Jürgen Roth den Zeitplan ab. Und er setzte sich gegen den immer wieder in den Reden angeklunge­nen Vorwurf zur Wehr, die Stadtverwa­ltung ihrerseits spare zu wenig. Die Zusage stehe, im Rahmen des Konsolidie­rungsproze­sses 66 Stellen abzubauen.

Ohne weitere Diskussion machte der Gemeindera­t schließlic­h mit 22 Ja- bei 17 Neinstimme­n den Weg frei für die umfassende­n Einschnitt­e und Gebührener­höhungen. Während sich die CDU wohl geschlosse­n dafür, SPD, FDP und AfD ebenso einheitlic­h dagegen aussprache­n, gab es bei Grünen und Freien Wählern einige, die den gefundenen Kompromiss doch noch ablehnten.

 ?? FOTO: EICH ?? In Villingen-Schwenning­en muss gespart werden. Dies bedeutet höhere Ausgaben für die Bürger.
FOTO: EICH In Villingen-Schwenning­en muss gespart werden. Dies bedeutet höhere Ausgaben für die Bürger.

Newspapers in German

Newspapers from Germany