Hoffen auf die Stimmen der Republikaner
Ankläger warnen vor weiterer Gewalt – Verurteilung im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump unwahrscheinlich
WASHINGTON (dpa) - Die Ankläger im Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump haben eindringlich eine Verurteilung des ehemaligen US-Präsidenten gefordert. Trump habe seine Anhänger zum Sturm auf das Kapitol angestiftet, und wenn dies ungestraft bleibe, könne der Republikaner weitere Gewalt anzetteln, mahnten die Anklagevertreter am Donnerstag zum Abschluss ihrer zweitägigen Präsentation im US-Senat.
Sie argumentierten, Trumps Anhänger seien bei ihrer Attacke klar den Aufrufen des damaligen Präsidenten gefolgt. Das Anklageteam beschuldigte Trump auch, er habe seine Unterstützer schon in der Vergangenheit zu Gewalt ermuntert.
Am Freitag waren Trumps Verteidiger an der Reihe, ihre Argumente vorzutragen. Laut US-Medienberichten wollen sie nicht die ihnen zur Verfügung stehenden 16 Stunden ausschöpfen. Eine endgültige Abstimmung könnte in diesem Fall bereits heute möglich sein.
Bisher sieht es nach einem Freispruch für Trump aus. Für eine Verurteilung müssten sich den 50 Demokraten im Senat 17 Republikaner anschließen. Beim Votum über die Verfassungsmäßigkeit eines Verfahrens gegen einen bereits aus dem Amt geschiedenen Präsidenten stimmten nur sechs republikanische Senatoren mit den Demokraten.
Am 6. Januar hatten Anhänger des abgewählten Präsidenten gewaltsam das Kapitol gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Wahlsieg von Trumps Amtsnachfolger Joe Biden offiziell zu bestätigen. Bei den Krawallen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. Trump hatte seine Anhänger kurz zuvor bei einer Kundgebung damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg gestohlen worden sei.
Die Demokraten werfen ihm „Anstiftung zum Aufruhr“vor und haben im Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet. Geführt und entschieden wird dieses
Verfahren im Senat. Die Kongresskammer nimmt dabei die Rolle eines Gerichts ein. Mit dem Verfahren wollen die Demokraten Trump auch nach dem Abschied aus dem Weißen Haus zur Rechenschaft ziehen und zugleich erreichen, dass er für künftige Ämter auf Bundesebene gesperrt wird. Voraussetzung dafür wäre, dass der Republikaner in dem Verfahren verurteilt wird.
Die Ankläger hatten am Mittwoch damit begonnen, ihre Vorwürfe gegen Trump darzulegen, und dazu Videoaufnahmen des Angriffs auf das Kapitol genutzt. Sie beschuldigen Trump, mit seinen Wahlbetrugsbehauptungen über Monate hinweg den Boden für den Angriff bereitet und den Gewaltausbruch schließlich gezielt angezettelt zu haben.
Die Anklagevertreter argumentieren, Trump habe seine Anhänger auf Twitter aktiv für den 6. Januar nach Washington beordert, um die Zertifizierung des Wahlausgangs zu stoppen. Er habe sie mehrfach zum „Kampf“aufgerufen und ihren Marsch auf das Kapitol initiiert.
Das Anklageteam präsentierte am Donnerstag Aussagen von Beteiligten der gewaltsamen Proteste, die angaben, sie hätten auf Trumps Geheiß gehandelt. Eine Trump-Anhängerin sagte in einem Video etwa: „Ich habe getan, worum er gebeten hat.“Die Anklagevertreterin Diana DeGette sagte, Trumps Verteidiger behaupteten, die Randalierer hätten aus eigenen Stücken gehandelt. Das sei nicht der Fall. „Sie haben gesagt, sie seien gekommen, weil der Präsident sie dazu angewiesen habe.“Der leitende Anklagevertreter, Jamie Raskin, betonte: „Sie taten das, was er ihnen aufgetragen hat.“
Die Anklagevertreter zeichneten mit Tweets und Videobotschaften Trumps auch nach, wie der damalige Präsident damals auf die Attacke reagierte – wie er seine Anhänger an jenem Tag lobte und nur halbherzig zum Rückzug aufforderte, wie er Wahlbetrugsbehauptungen erneuerte und die Eskalation rechtfertigte. Erst am Tag danach, angesichts von wachsendem Druck, hatte er die Gewalt verurteilt.
Die Ankläger warfen Trump vor, er habe keinerlei Reue gezeigt und seine Äußerungen bei der Kundgebung vom 6. Januar später als „vollkommen angemessen“bezeichnet. Sie mahnten, die Bedrohung durch fanatische Trump-Unterstützer bestehe weiter. Das Team argumentierte auch, Trump habe seine Anhänger schon früher zu Gewalt ermuntert. Gezeigt wurden Videomitschnitte früherer Äußerungen von Trump, in denen dieser zum Beispiel bei einem Wahlkampfauftritt zu Gewalt gegen Störer aufrief und versprach, er werde die Anwaltskosten übernehmen, falls jemand deshalb Schwierigkeiten bekomme.
Trumps Verteidiger weisen die Vorwürfe zurück und halten das Verfahren gegen den Ex-Präsidenten für verfassungswidrig.