„Der stärkste Treiber sind die Meetings“
KONSTANZ - Einer Studie der Uni Konstanz zufolge ist die Infektionsgefahr im Betrieb um ein Vielfaches höher als im Homeoffice. Kerstin Conz sprach darüber mit dem Autor Florian Kunze (Foto: OH).
Herr Kunze, wie gefährlich ist die Präsenzarbeit?
Ich bin kein Virologe, aber nach unseren Daten und anderen Studien sehen wir, dass es massive Unterschiede gibt zwischen den Leuten, die noch im Homeoffice arbeiten und Mitarbeitern, die zu ihrem Arbeitsplatz zurückgekehrt sind. Die Gefahr, sich bei der Arbeit zu infizieren ist vier- bis achtmal so hoch wie im Homeoffice.
Wo ist die Infektionsgefahr besonders hoch?
Der stärkste Treiber sind Meetings. Hier ist die Gefahr, sich zu infizieren, achtmal größer als zu Hause. Bei Kantinen ist der Unterschied nicht ganz so stark, aber immerhin noch sechsmal so hoch, als wenn die Kantine geschlossen ist.
Während der ersten Welle waren viel mehr Beschäftigte im Homeoffice. Warum nicht jetzt?
Dafür gibt es mehrere Gründe. In der Hälfte der Fälle wünschen sich die Arbeitgeber oder Führungskräfte, dass die Mitarbeiter zum Arbeitsplatz zurückkehren. Hier sehen wir in manchen Unternehmen eine Rückkehr zur Kontrollkultur. Mehr als jeder Dritte Arbeitnehmer kehrt allerdings auf eigenen Wunsch zum Arbeitsplatz zurück.
Sind die Mitarbeiter an ihren Stammarbeitsplätzen wirklich produktiver?
Nein. Zumindest in der Selbsteinschäzung arbeiten die Leute zu Hause teilweise deutlich produktiver. Andererseits gibt es auch Tätigkeiten, für die es durchaus Sinn macht, ins Büro zu kommen. Etwa bei neuen Mitarbeitern oder zum kreativen Austausch. Für Organisationen, die vorher alles überwacht haben, ist das mobile Arbeiten aber schwierig.
Unmöglich oder schwierig?
Man kann durchaus auch große Teams im Homeoffice führen, wenn man eine Kultur hat, die auf Vertrauen basiert. Die Führungskräfte überwachen dann nicht ständig die laufenden Prozesse, sondern kontrollieren in weiteren Abständen die Ergebnisse.