OB schickt Brandbrief nach Stuttgart und Berlin
Jürgen Roth fordert Perspektive und Unterstützung für Handel
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (mae/sbo) - Mit einem Brandbrief zur Lage im Handel und in den Innenstädten hat sich Oberbürgermeister Jürgen Roth an die Wirtschaftsministerin des Landes, Nicole Hoffmeister-Kraut, und an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gewandt. Er fordert dabei weitere Unterstützungen für die Unternehmen und eine gelockerte Regelung beim verkaufsoffenen Sonntag.
Roth betont, dass sich die Lage in den Innenstädten seit dem zweiten Lockdown von prekär zu existenzbedrohend verschlechtert“habe. „Die Zukunft des Kulturguts ,Innenstadt’ steht ebenso auf dem Spiel wie die Gesamtattraktivität unserer Städte“, so der Oberbürgermeister. In Zeiten des Lockdowns sei der „hochgelobte Online-Handel für viele kleinere Händler keine wirkliche Option“. Insbesondere deshalb, weil der dortige Markt bereits zwischen den großen Akteuren der Branche aufgeteilt sei. Dem stationären Handel sei das Alleinstellungsmerkmal der individuellen und persönlichen Beratung genommen worden, „ihre gut ausgearbeiteten und funktionierenden Hygienekonzepte in den Ladenlokalen werden nicht anerkannt“.
Am Beispiel eines „ursprünglich kerngesunden Familienunternehmens“, dem Modehaus Zinser mit einer Filiale in VS-Schwenningen, macht Roth die Auswirkungen deutlich: Der Umsatzverlust im vergangenen Jahr betrüge 35 Millionen Euro – bei einem Jahresumsatz von 87 Millionen Euro. Zudem sei die Herbstund Wintermode mit einem Wert von acht Millionen Euro Anfang März nicht mehr verkäuflich, die Frühlings- und Sommermode im Wert von neun Millionen Euro sei hingegen nicht mehr stornierbar.
Der Oberbürgermeister nutzt den offenen Brief aber ebenso für konkrete Vorschläge, die die neue Überbrückungshilfe betreffen. Roth fordert demnach „eine klare Perspektive, wann der Handel wieder öffnen kann“. Er setzt sich, wie beim Beispiel des Modehauses Zinser, darüber hinaus für eine Aufhebung der Begrenzung des monatlichen Zuschussbeitrags pro Unternehmen von 500 000 Euro und gleichzeitig sofortige Abschlagzahlungen in Höhe der selben Summe ein. Zudem sollen Abschreibungen des Warenlagers bei den Fixkosten berücksichtigt werden.
Roth sieht es darüber hinaus als zwingend notwendig an, dass Lockerungen bei der Genehmigung von verkaufsoffenen Sonntagen durchgesetzt werden. Diese waren bisher immer an publikumswirksame Aktionen gekoppelt, „diese Voraussetzungen lassen sich coronabedingt auf absehbare Zeit nicht erfüllen“.
In den sozialen Netzwerken erhält Roth viel Lob für die offenen Briefe nach Berlin und Stuttgart. Andere wiederum kritisieren, dass die jüngst beschlossenen Erhöhungen der Gewerbesteuer und der Parkgebühren in VS nicht gerade zur Unterstützung des Handels beitrügen.