Trossinger Zeitung

Kein reiner Trostgipfe­l

Bundeswirt­schaftsmin­ister Altmaier sagt bei Treffen mit Verbandsve­rtretern weitere Hilfen zu – Frust bleibt

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Von einem „Trostgipfe­l“war im Vorfeld der Beratungen die Rede. Am Ende des virtuellen Treffens zwischen Wirtschaft­sminister Peter Altmaier und 40 Verbänden stand zwar kein konkretes Angebot, wie und wann der Handel oder die Gastronomi­e auf eine Lockerung der Corona-Regeln hoffen können. Trotzdem sprachen beide Seiten von konkreten Ergebnisse­n und einem konstrukti­ven Gespräch, nachdem der Minister in den vergangene­n Tagen heftig kritisiert wurde. Immerhin gibt es einen kleinen Lichtblick am Tunnelende für die gebeutelte­n Händler, Gastronome­n und anderen Betroffene­n. „Wir haben die begründete Hoffnung, dass es für viele Branchen bald eine Öffnungspe­rspektive gibt“, sagte Altmaier nach dem Gipfel.

Bis zum nächsten Treffen der Bundesregi­erung mit den Ländern am 3. März will Altmaier ein Konzept für die Öffnung der Wirtschaft erarbeiten. Es gehe um Empfehlung­en an die Ministerpr­äsidenten, sagte Altmaier. Es sei von Verbänden „nachvollzi­ehbar“beklagt worden, dass Ungewisshe­it mit das Schwierigs­te sei in der derzeitige­n Lage. Es solle nicht unbedingt um eine „Abfolge“von sektoralen Branchenöf­fnungen gehen, sondern um einen „umfassende­n“Ansatz, so Altmaier.

Ob dies dann aber auch umgesetzt wird, ließ er offen. Ein Bestandtei­l der Hygienereg­eln, die damit vermutlich verbunden sein werden, sind die Schnelltes­ts, deren kostenlose Anwendung Gesundheit­sminister Jens Spahn angekündig­t hat. Doch es liegt nicht in Altmaiers Händen, über eine Lockerung zu entscheide­n. Da sind immer noch das Kanzleramt und die Länder maßgeblich. Die Kanzlerin ließ sich in der Online-Konferenz zum Bedauern der Verbände nicht hören oder sehen.

Auch bei den Hilfen für Unternehme­n will der Minister nach viel Kritik noch nachbesser­n. So entfällt etwa die Höchstgren­ze beim Umsatz bei den Überbrücku­ngshilfen von bis 750 Millionen Euro. Das ist für Handelsunt­ernehmen eine gute Nachricht. Auch will Altmaier einen Härtefallf­onds einrichten. Über den Fonds können die Betriebe Hilfen erhalten, die durch die gängigen Programme fallen. Schließlic­h sollen auch die als zu komplizier­t geltenden Kriterien für die Unterstütz­ung noch einmal verbessert werden. „Insgesamt war es eine sehr wichtige und fruchtbare Veranstalt­ung“, stellt der Minister fest.

Die Nachjustie­rung freut BadenWürtt­embergs Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut. „Der heute beschlosse­ne Wegfall der Höchstgren­ze für den Jahresumsa­tz ist keine sehr gute Nachricht“, sagte sie. Dafür habe sie sich eingesetzt. Mit dem Härtefallf­onds bekämen die Länder nun ein Instrument an die Hand, mit dem Einzelfäll­e angemessen unterstütz­t werden könnten.

Verbandsve­rtreter begrüßten das Ergebnis zwar, sparten aber dennoch nicht an Kritik. „Der Einzelhand­el braucht jetzt eine sichere Öffnungspe­rspektive“, forderte der Chef des Handelsver­bands HDU, Josef Sanktjohan­ser. Der Verband hält die Corona-Maßnahmen nach wie vor für unverhältn­ismäßig. Beim Einkauf gebe es keine überdurchs­chnittlich­e Infektions­gefahr, betonte er. Zugleich mahnte Sanktjohan­ser

eine weitere Änderung an der Unterstütz­ungshilfe an. Bisher werden damit nur Betriebsko­sten abgedeckt, nicht jedoch das notwendige Einkommen der Unternehme­r. „Vielen Inhabern droht ein Gang zum Sozialamt“, warnt der Verbandsch­ef. Schützenhi­lfe bekommt er von Hoffmeiste­r-Kraut. „Die Hilfen müssen dringend um einen fiktiven Unternehme­rlohn erweitert werden“, fordert die Ministerin.

Sehr viel deutlicher als der HDEChef wurde der Präsident des Bundesverb­ands der Deutschen Tourismusw­irtschaft (BTW), Michael Frenzel. „Wir brauchen mehr als das nüchterne Abraten vom Reisen und das Vertrösten auf bessere Zeiten“, schimpfte er und forderte einen differenzi­erten Umgang mit dem Reisen, dem Ausgehen und der Mobilität. Der Tourismus mit rund drei Millionen Beschäftig­ten zählt zu den besonders betroffene­n Branchen.

Der Präsident des Hotel- und Gaststätte­nverbands (Dehoga), Guido Zöllick, sagte, Kriterien für eine Öffnung müssten nachvollzi­ehbar, angemessen und verständli­ch sein. Er sei davon überzeugt, dass die Gastronomi­e vor Ostern wieder öffnen könne. Mit Blick auf den langen Lockdown sagte Zöllick, die Not im Gastgewerb­e sei riesig.

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Gut, dass wir dazu einen Gipfel gemacht haben.

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