Arbeiter sollen verzichten
Höhere Löhne sind laut Südwestmetall nicht drin
ULM - Südwestmetall Ulm vertritt 135 Firmen in der Metall- und Elektroindustrie mit knapp 60 000 Beschäftigten im Raum Ulm und Biberach. Nun schlägt die Verbandsspitze Alarm: Die Transformation hin zur Digitalisierung und Elektrifizierung könne nur gelingen, wenn die Arbeitnehmer zurückstecken. Sie sollen im Zuge der laufenden Tarifrunde auf Lohnerhöhungen verzichten.
Die Tarifverhandlungen stocken – und die Arbeitgeber scheinen nicht willens, auf diese Forderung der Gegenseite einzugehen: vier Prozent mehr Gehalt – je nach Lage der Unternehmen klassisch in Form von Lohnerhöhungen oder als zumindest teilweiser Ausgleich von Einbußen, wenn ein Betrieb unter wirtschaftlichem Druck die Arbeitszeit reduziert.
Dies ist aus Sicht von Peter Fieser, dem Vorsitzenden der Südwestmetall-Bezirksgruppe und gleichzeitig Vorstand der Rüstungsfirma Hensoldt, jedoch ein Ding der Unmöglichkeit. Zu groß sei für das Gros der Firmen die aktuelle Belastung, die vor allem dem „Absturz“infolge der Pandemie geschuldet sei. An Mitarbeiter und Gewerkschaft gerichtet sagte er am Donnerstag: Mehr Geld könne es erst wieder geben, wenn das Vorkrisenniveau erreicht sei.
Fieser zeichnete ein stellenweise düsteres Bild von der Lage der Metallund Elektroindustrie im Südwesten. So hätten landesweit ein Drittel der Verbandsmitglieder 2020 Verluste eingefahren. Noch immer nutze knapp die Hälfte der Firmen das Instrument Kurzarbeit. Auch steige der Anteil der Firmen, die bereits Kündigungen ausgesprochen haben. Mehr als jedes zehnte Unternehmen habe dies getan. Allerdings sieht Fieser auch positive Trends. Nach dem coronabedingten Einbruch in 2020 rechneten viele Firmen für 2021 mit einer deutlichen Erholung.
Ein nachhaltiges Wachstum und der Erhalt der Arbeitsplätze seien jedoch nur möglich, wenn die Firmen jetzt Geld in die Hand nähmen, um zu investieren: in Digitalisierung, Elektromobilität sowie klimaneutrale Produkte und Prozesse. Doch das hierfür benötigte Kapital sei knapp, höhere Löhne deshalb nicht drin.
Fieser stimmte auf einen tiefgreifenden Umbruch ein. Angesichts neuer Wettbewerber, beispielsweise aus China bei der E-Mobilität, würden „die Karten neu gemischt“. Viele Geschäftsmodelle stünden „komplett infrage“. Ob dies auch daran liegt, dass sich manche Firma zu lange auf den Erfolgen der Vergangenheit ausgeruht hat? Götz Maier, Südwestmetall-Geschäftsführer, konnte nicht beipflichten. Die hiesigen Firmen seien „schon immer innovativ“gewesen. Der Wandel habe bereits vor Corona eingesetzt, werde aber dadurch verschärft.
Sollten die Arbeitnehmer an Lohnsteigerungen festhalten, könne dies den Flächentarifvertrag gefährden. Immer mehr Firmen träten aus. In den vergangenen 20 Jahren hätten sich im Südwesten 400 Firmen verabschiedet.