Von London ins Schuraer Pfarrhaus
Jonas Keller ist der neue dritte Seelsorger der evangelischen Kirchengemeinde Trossingen und soll die Vakanz in Schura füllen
TROSSINGEN - Die evangelische Kirchengemeinde Trossingen hat einen Nachfolger für Pfarrer Michael Bastian gefunden, der das Pfarrhaus in Schura im August nach drei Jahren in Richtung USA verlassen hatte (wir berichteten). Jonas Keller ist der neue Geistliche, der sich ab dem 1. September seelsorgerisch um Schura und Teile Trossingens kümmern soll. Der Diakon ist derzeit noch in London tätig, stammt aber aus der Region.
Für die beiden evangelischen Pfarrer in Trossingen, Torsten Kramer und Gabriele Großbach, bedeutet der dritte Seelsorger eine echte Entlastung: Seit dem Sommer mussten sie sich zu zweit aufteilen, was zuvor drei Geistliche abdeckten. 5250 Mitglieder zählt die evangelische Gemeinde laut Kramer; 1200 von ihnen, knapp die Hälfte davon in Schura, die weiteren in den Straßen rund um das Feuerwehrmagazin wie Vogesen- und Langwiesenstraße, wird ab dem Spätsommer Jonas Keller betreuen. „Weil es wegen der Pandemie fast keine Präsenzveranstaltungen gab“, sei die Zeit zu zweit relativ stressfrei zu bewältigen gewesen, sagt Kramer.
Es war gar nicht so einfach, einen neuen Gottesmann zu finden: Auf eine erste Ausschreibung des Oberkirchenrats in „Arbeit und Besinnung“, einer Fachzeitschrift für Pfarrer, habe es lediglich einen Interessenten gegeben, berichtet Kramer. Der habe aber zurückgezogen, weil ihm die Bezahlung letztlich zu gering erschien „und seine Kinder noch studieren müssten“. Der Kirchengemeinderat
als „Wiederbesetzungsgremium“mitsamt eines Vertreters aus dem Kirchenbezirk hatten die Ausschreibung laut Kramer erarbeitet, auch der Prälat sei zwecks dessen aus Reutlingen nach Trossingen gekommen. „Freude an der Konfirmandenarbeit“war eine der Vorgaben für den neuen Geistlichen.
Nachdem der erste Anlauf scheiterte, kam der evangelische Dekan Sebastian Berghaus in Tuttlingen ins Spiel. „Er rief an, dass es die Möglichkeit gebe, einen Diakon zu bekommen als Pfarrer über den zweiten Bildungsweg“, berichtet Kramer. Mittels des Online-Konferenzprogramms Zoom nahm er Kontakt auf zu Keller in London – und merkte schnell, „das passt“. Er, Pfarrerin Großbach und Martin Ulrich Messner, zweiter Vorsitzender des Kirchengemeinderats, trafen die Entscheidung, es mit Jonas Keller anzugehen.
Der 37-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist ein Hiesiger – seine Mutter lebt laut Kramer in Albstadt. Keller absolvierte an der evangelischen Hochschule in Ludwigsburg eine Ausbildung zum Diakon. Zudem schloss er zwei Bachelor-Studiengänge „Religionspädagogik“und „Soziale Arbeit“ab. Wie Kramer berichtet, arbeitete er als Diakon bei der evangelischen Landeskirche und längere Zeit als Jugendreferent im Bezirksjugendwerk Heilbronn. Die ins Auge stechende Station seiner beruflichen Vita ist jedoch die auf zwei Jahre befristete Stelle in London: Die Evangelische Kirche Deutschland sei in vielen Hauptstädten vertreten, erläutert Kramer – so auch in der britischen. In LondonWest
arbeitet Keller als Diakon in der Pastoralassistenz, zu seinen Aufgaben gehören der Konfirmandenunterricht, die Gestaltung von Gottesdiensten, die Betreuung kirchlicher Gruppen sowie die Weiterentwicklung der Arbeit mit Kindern und Familien.
Das ist zum Teil deckungsgleich mit seinem künftigen Wirken in Schura und Trossingen: Kramer nennt Trauungen, Taufen und Geburtstagsbesuche, das Abhalten von Gottesdiensten in der evangelischen Kirche Schura und der Martin-Luther-Kirche Trossingen, „Verantwortung für Jugendwerk und Kinderkirche“sowie Religionsunterricht an der Kellenbachschule als Tätigkeitsfelder Kellers, der gerne predige. Dieser absolviere in Trossingen seine „Berufsausbildung im Pfarramt“: „Er hat eine 75-Prozent-Stelle, die er selbstständig versieht“; weitere 25 Prozent seiner Arbeitszeit verbringe er zur Fortbildung in Stuttgart. Das dauere zweieinhalb Jahre, „dann kann er sich bei uns bewerben – ich hoffe, er bleibt“, wäre Kramer froh, wenn Konstanz reinkäme in die zuletzt wiederholt wechselnde Zuständigkeit für Schura. Ins dortige Pfarrhaus will Keller im August mit seiner Familie ziehen. „Ich habe ihm schon Pläne geschickt vom Gebäude.“