Trossinger Zeitung

Übern Oberstrich

- Aufs, ins, beim, unterm, übern es hat’s, ist’s hats „Unter’m Deppenapos­troph es McDonald’s ans, wo’s Willi’s Würstchenb­ude Willis Andrea’s Blumenlade­n, Andreas’ Mannes Mann Würstchenb­ude „Kretschman­ns Andreas „Manne’s Willis’ Willi’s wird’s wirds

Eisenmann will’s wissen“. So stand es auf einem Plakat der CDU-Spitzenkan­didatin bei der Landtagswa­hl am Sonntag. Mittlerwei­le will sie gar nichts mehr wissen – zumindest von der Politik. Stattdesse­n wollte ein Leser wissen, ob die Kultusmini­sterin da nicht einen Rechtschre­ibfehler begangen hatte. Es müsse doch „Eisenmann wills wissen“heißen, also ohne Apostroph.

Beim Thema Apostroph – einst auch Hochkomma oder Oberstrich genannt – nützt uns die Erinnerung an die Schulzeit nur noch bedingt. In unserer Grammatik stand klipp und klar: „1) Wir setzen nie einen Apostroph bei Präpositio­nen, die mit dem Artikel verschmolz­en sind:

… 2) Der Apostroph steht für unterdrück­te, normalerwe­ise gesprochen­e Laute, zum Beispiel, wenn das von ausfällt: Er möglich …“Regel 1 von damals gilt im Standardde­utschen weiterhin. Strich kam die SPD bei der Wahl noch glimpflich davon“ist also falsch.

eRegel 2 war noch in den 1980ern unumstößli­ch, wurde aber spätestens seit den Jahren der Rechtschre­ibreform aufgeweich­t – wohl auch eine Folge der schnellen digitalen Medien, bei denen Satzzeiche­n wie der Apostroph zusätzlich­en Aufwand erfordern. So sind beim Abkürzen von

heute beide Varianten gestattet. Wird der Lesefluss nicht erschwert, favorisier­t der Duden sogar die Schreibung ohne Apostroph: „Die CDU nicht leicht gehabt bei diesem grünen Gegner“. In einem Satz wie „Die Partei sondiert gerade, bei der Wahl besonders schlecht gelaufen ist“rät er allerdings zum Apostroph.

Man merke: Der Duden wird allemal immer flexibler. Das gilt auch für den Einsatz des Apostrophs bei der Bildung des Genitivs. Was hat man nicht vor rund 20 Jahren über den sogenannte­n gelästert, der sich durch den wachsenden Einfluss des Angloameri­kanischen breitmacht­e! Weil mit Apostroph so schick aussah, musste es bei uns auch sein … Das Regelwerk gab das damals nicht her. Allenfalls zur Unterschei­dung

war der Apostroph gestattet – etwa im Fall um die Verwechslu­ng mit dem männlichen Vornamen zu vermeiden, obwohl das eigentlich auch durch die regelkonfo­rme Schreibung möglich gewesen wäre.

Auch heute gibt es Fälle, bei denen der Apostroph zur Klärung beiträgt. Konstruier­en wir als Beispiel einen Satz eines Grünen-Abgeordnet­en, in dem es um Gesundheit­sminister Manfred Lucha geht: derzeitige­s Problem ist das Impfmanage­ment.“ohne Apostroph wäre hier zunächst etwas verwirrend, weil das auch der Genitiv von ist. Zudem geht nun

durch, wenn im Unterschie­d zum englischen Vornamen

die Grundform des deutschen Vornamens betont werden soll – auch hier wäre aber eine korrekte Lösung.

Unsere Sprache ist immer im Fluss. Wörter kommen, Wörter gehen, Bedeutunge­n und Schreibwei­sen verändern sich. Jeden Freitag greifen wir hier solche Fragen auf.

Generell ist jedoch der Genitiv mit Apostroph weiterhin verpönt. Bei Kretschman­n wird wohl auch niemand auf die Idee kommen, einen Apostroph einzubauen. Es heißt also: Vorteil ist, dass er nun entscheide­n kann, mit wem er sich einlassen will.“Er vielleicht insgeheim schon wissen, uns aber nicht auf die Nase binden. Er hat die Wahl – wir auch, allerdings nur beim Apostroph.

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Rolf Waldvogel

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