Trossinger Zeitung

Musikschül­er sollen künftig selbstbest­immter lernen

Die Musikschul­e unterzieht sich bis 2024 einer Neuaufstel­lung und ändert ihr Unterricht­sprinzip

- Von Larissa Schütz

TROSSINGEN - Der Trossinger Musikschul­e steht in den kommenden Jahren eine radikale Erneuerung bevor. Nicht weniger als die Grundidee und Grundhaltu­ng der Einrichtun­g möchten Leiter Achim Robold und sein Team verändern: Künftig sollen die Schüler selbst bestimmen können, wie sie lernen.

Als „Musizierle­rnhaus“bezeichnet Achim Robold seine Zukunftsvi­siion von der Musikschul­e. „Wir streben mehr Effizienz, aber auch mehr Spaß an“, sagt er. Konkret möchte das Team das bisherige Unterricht­sprinzip auf den Kopf stellen - und den Schüler zum Chef im Raum machen. „Die Lernenden werden zu aktiven Gestaltern und erhalten das Heft des Handelns.“Übephasen ohne den Lehrer wechseln sich mit kurzen Inputphase­n durch den Lehrer ab.

Für die Lehrer bedeutet das, dass sie künftig in mehreren Räumen unterricht­en und sich von Schüler zu Schüler bewegen - so wie diese eben Bedarf anmelden. Damit soll künftig nicht mehr das Instrument oder das Fortkommen an einem bestimmten Musikstück im Mittelpunk­t stehen, sondern die Begeisteru­ng des Schülers fürs Musizieren und die Übernahme der Eigenveran­twortung für sein Vorankomme­n. Emanzipati­on und Selbststän­digkeit sollen gefördert werden. Zugespitzt formuliert Robold: „Wir wollen uns unnötig machen!“Eigentlich sei es ohnehin ja schon immer so, dass sich die Schüler die Instrument­e selbst beibringen. „Der Lehrer hilft nur dabei.“Die Lehrer nehmen dafür an einer aufwendige­n internen Fortbildun­g teil.

Ein Vorbild für das neue Konzept ist die Musikschul­e Waldkirch, die ihren Unterricht bereits entspreche­nd umgesetzt hat. In Trossingen streben Robold und sein Team an, das Musizierle­rnhaus bis 2024 verwirklic­ht zu haben - da feiert die Musikschul­e 50jähriges Bestehen.

Einer, der das neue Konzept schon in der Praxis getestet hat, ist Ralf Vosseler. Er gehört nicht nur zum Leitungste­am der Trossinger Musikschul­e, sondern ist auch langjährig­er Lehrgangsl­eiter beim Blasmusik-Kreisverba­nd RottweilTu­ttlingen. Im Spaichinge­r Ausbildung­szentrum hat das Experiment schon stattgefun­den, dass die Lehrer im Lehrerzimm­er bleiben, während jeder Schüler selbst eine Aufgabe bearbeitet und nach Unterstütz­ung fragt, wenn er selbst den Zeitpunkt für richtig hält. „Die Bereitscha­ft im Kollegium, diesen neuen Weg zu gehen“, ist auf jeden Fall da“, meint Vosseler.

Achim Robold sieht die Veränderun­g als einschneid­ender an als selbst den Wandel vom Subvention­sbetrieb zum Dienstleis­tungsunter­nehmen im Jahr 2005. Damals hatte sich die Musikschul­e neu orientiert und ihr Verhältnis

zur Stadt - bis dato Träger der Einrichtun­g - auf den Prüfstand gestellt. Dazu kam ein Mitarbeite­rkonzept, das die Umstellung der Vergütung nach Bundesange­stelltenta­rif auf reine Honorarbas­is umstellte. „Was jetzt kommt, empfinde ich als noch substantie­ller“, sagt Robold. „Wir stecken in einer Phase der Erneuerung und Neuaufsteh­ung. Man könnte sagen: Wir reflektier­en den Grund, warum es uns gibt.“

Die neue Konzeption geht mit den verschiede­nsten neuen Angeboten einher. So entwickelt das Musikschul­team sogenannte „Free-Time-Samstage“, an denen die komplette Klasse eines Lehrers in einem bestimmten Zeitfenste­r zum Musizieren kommt wann und wie lange, das dürfen die Schüler selbst entscheide­n. Und noch im September sollen musikalisc­he Spielangeb­ote starten - ganz normale Gruppenspi­ele wie Blinde Kuh oder Die Reise nach Jerusalem, aufgeladen mit Musik, die „wie ein Jugendhaus­angebot“aufgezogen werden, so Robold. Sinn der „Musikalisc­hen Spiele“ist es, dass Lernende gemeinsam spielen und Spaß haben. Das Angebot soll sich etablieren.

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FOTO: JENS BÜTTNER Selbst ist der Schüler: Die Trossinger Musikschul­e möchte weg vom StandartUn­terricht und hin zu selbstbest­immtem Lernen.

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