Wenn der Toilettengang zur Qual wird
Hausmittel können bei Verstopfung helfen, die Verdauung auf Trab zu bringen
VILSBIBURG/BONN (dpa) - Eine Verstopfung ist nicht nur unangenehm, sie kann auch gesundheitliche Probleme verursachen. Und sie ist ein Volksleiden: Schätzungen zufolge hat ungefähr jeder fünfte Mensch in Deutschland damit zu kämpfen.
Um sich klarzumachen, was dahinterstecken kann, hilft es, sich einmal kurz den Verdauungsprozess im Ganzen zu vergegenwärtigen. „Der Magen-Darm-Trakt ist vom Mund bis zum After etwa sechs Meter lang“, erklärt die Gastroenterologin Birgit Terjung, Chefärztin der Abteilung für Innere Medizin an den GFO Kliniken in Bonn.
Die Nahrung wird also über die Speiseröhre in den Magen transportiert, dort zerkleinert und als Speisebrei durchmischt. Im Dünndarm wird der Brei in seine Bestandteile zerlegt, der Dickdarm entzieht ihm Wasser und dickt ihn als Stuhlgang ein. Über den After wird er wieder ausgeschieden.
Das ist ein langer Weg, den die Nahrung zurücklegt, und so verwundert es auch nicht, dass unterwegs Probleme auftreten können.
Wie oft wir auf die Toilette gehen, schwankt individuell – der eine geht dreimal pro Tag, der andere dreimal pro Woche. Doch wenn es Abweichungen von den zeitlichen Routinen gibt, kann das ein ungutes Gefühl hervorrufen.
„Tritt seltener als üblich eine Stuhlentleerung auf, fühlen sich die Menschen verstopft“, sagt Terjung. „Sie haben das Gefühl eines Völlegefühls, einer unvollständigen Stuhlentleerung. Sie müssen stark pressen, berichten über harten oder klumpigen Stuhl, oder es muss gar manuell nachgeholfen werden.“
ANZEIGEN
Das beunruhigt. Manche sorgen sich gar vor einer „inneren Vergiftung“, berichtet die Medizinerin. Doch keine Sorge: „Dieser Mythos entbehrt einer wissenschaftlichen Grundlage.“Mediziner unterscheiden zwei Hauptformen der Verstopfung: eine sogenannte Passagestörung und eine Entleerungsstörung des Enddarmes.
Eine zu langsame Darmpassage führt zu Völlegefühl, einem geblähten Bauch und zu seltenen Stuhlentleerungen. „Diese Form kann von Medikamenten und anderen Erkrankungen kommen“, sagt Terjung. Auch eine andere Ernährung – im
Urlaub zum Beispiel – kann vorübergehend dazu führen.
Ursächlich für eine Entleerungsstörung des Enddarmes können Verkrampfungen am Darmausgang, eine Beckenbodenschwäche mit einer möglichen Aussackung der Mastdarmvorderwand in die Scheide oder ein eingedickter Stuhlgang sein, erläutert die Gastroenterologin.
Eine chronische Verstopfung wird auch Obstipation genannt und kann in jedem Lebensalter auftreten, erklärt Professor Christian Pehl. Er ist Leitlinienkoordinator für chronische Obstipation der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie und Ärztlicher Direktor am Krankenhaus in Vilsbiburg in Bayern. Besonders betroffen sind ältere Menschen. „Die Gründe sind Bewegungsmangel, eine ballaststoffarme Ernährung oder eine zu geringe Trinkmenge“, sagt Terjung. Außerdem verändert sich bei Älteren oft die Transportzeit im Darm, der Stuhlgang wird langsamer transportiert.
Parkinson, Demenz, Depressionen oder Diabetes mellitus können sich ebenfalls negativ auf den Stuhlgang auswirken, so Terjung. Gleiches gilt für Antidepressiva, Parkinsonmittel, Psychopharmaka und opiathaltige Schmerzmittel.
Wer mit einer Verstopfung zu kämpfen hat, muss nicht immer gleich ärztlichen Rat einholen – man kann in bestimmten Fällen auch erst mal Hausmittel versuchen. „Trockenpflaumen, Dörrobst und Sauerkrautsaft können milde Formen einer chronischen Obstipation gut behandeln“, sagt Pehl. „Aber auch hier gibt es manchmal Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall.“Ebenso können Ballaststoffe zur Ernährung ergänzt werden. „Besonders FlohsamenschalenPräparate bieten sich hier aufgrund ihrer stuhlregulierenden Wirkung an“, erläutert Pehl.
Und wann sollte man zum Arzt gehen? „Ist eine Verstopfung neu und anhaltend, besonders ab einem Alter von 50 Jahren, sollte ein Arzt konsultiert werden“, rät Terjung. Das gilt ebenso, wenn starke Blähungen, Bauchschmerzen oder Blut im Stuhl auftreten. „Neben einer Ultraschalluntersuchung sollte gegebenenfalls eine Darmspiegelung erfolgen“, erklärt Terjung. Etwa, um Polypen oder Entzündungen auszuschließen.
Oft werden Abführmittel verschrieben. Sie sollen den Stuhltransport beschleunigen und die Entleerung erleichtern. Dafür gibt es laut Pehl verschiedenste Substanzklassen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen. Jedes Medikament sollte nur so lange wie nötig eingenommen werden.
Einer Verstopfung lässt sich vorbeugen, wenn man auf eine ausreichende Ballaststoffzufuhr achtet. „Die Empfehlungen liegen hier bei 30 Gramm pro Tag“, erklärt Pehl. Mehr vegetarische Mahlzeiten helfen ebenfalls. Und man sollte 1,5 bis 2 Liter am Tag trinken. Betroffene tun außerdem gut daran, auf genug Bewegung zu achten.