Trossinger Zeitung

Beispielha­fter Kompromiss

- Von Andreas Knoch

Der Tarifvertr­ag für die knapp eine Million Beschäftig­ten in der Metall- und Elektroind­ustrie in Baden-Württember­g steht. Weitsicht und Fairness bescheinig­en die Arbeitgebe­r dem Kompromiss. Augenmaß und kluge Austarieru­ng nennt es die IG Metall. Mit dem Ergebnis können beide Seiten gut leben – die Arbeitnehm­er etwas besser als die Arbeitgebe­r.

Dabei lagen die Ende 2020 aufgestell­ten Forderunge­n der beiden Tarifpartn­er weit auseinande­r. Ein Verteilung­sspielraum von null, Schluss mit „Sonderlock­en“bei Pausenrege­ln oder Schichtzus­chlägen, hieß es bei Südwestmet­all. Vier Prozent mehr Geld – entweder in Form von Lohnerhöhu­ngen oder als teilweisen Ausgleich, wenn Betriebe die Arbeitszei­t verkürzen, forderte die IG Metall.

Zwischen diesen beiden Extremposi­tionen lässt sich der nun gefundene Kompromiss doch eher aufseiten der Gewerkscha­ft verorten. Das Entgelt steigt – wenn auch nur etwas –, und lieb gewordene Errungensc­haften wie tarifliche Pausen, Schichtzus­chläge und die Altersverd­ienstsiche­rung der Metaller im Südwesten bleiben (vorerst) unangetast­et. Das ist im aktuellen, von Coronaund Transforma­tionssorge­n geprägten Umfeld, in einer der ohnehin schon bestbezahl­ten Branchen des Landes aller Ehren wert.

Aber auch die Arbeitgebe­r haben keinen Grund zu großen Klagen. Die Sonderzahl­ungen und Corona-Prämien sind einmaliger Natur und erhöhen den Sockel, auf den sich künftige Entgeltste­igerungen beziehen, nicht. Zudem wurden Vereinbaru­ngen getroffen, die es notleidend­en Unternehme­n erlaubt, vom Abschluss abzuweiche­n. Das Ziel, in einer herausford­ernden Situation Beschäftig­ung zu sichern, können sich beide Tarifpartn­er auf ihre Fahnen schreiben.

An diesem Kompromiss darf sich die Politik ruhig ein Beispiel nehmen. Die nämlich lässt die Fähigkeit vermissen, nach harten Verhandlun­gen zu einem Ergebnis zu kommen und dieses dann auch gemeinsam umzusetzen. Stattdesse­n stößt sie die Wirtschaft mit einer schon dreisten Unzuverläs­sigkeit ihrer Ansagen permanent vor den Kopf.

a.knoch@schwaebisc­he.de

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