Biberdamm gefährdet Regenüberlaufbecken
In Schura muss einer der Dämme im Schönbach beseitigt werden - Biberbeauftragte rät zu mehr großen Bäumen
TROSSINGEN-SCHURA - Am Schönbach sorgt der Biber für Probleme. Derzeit ist die Biberfamilie damit beschäftigt, ihr Revier in Richtung Dorfmitte auszuweiten - ein Problem für das geplante Regenüberlaufbecken (RÜB) bei der Irlebahnbrücke. Damit der Kanal nicht geflutet wird, muss einer der Biberdämme beseitigt werden.
Extra für die Ortschaftsratsitzung am Montagabend war Bettina Sättele angereist, selbstständige Biberbeauftragte für den Regierungsbezirk Freiburg. „Da gibt es deutlich kompliziertere Fälle“, kommentierte sie das Problem. Gemeinsam mit Sättele hatten Ortsvorsteher Wolfgang Schoch und Bauhofleiter Reiner Hils den Schönbach unter die Lupe genommen. „Das Problem ist, dass der Biber seinen neuesten Damm dort baut, wo der Kanal in den Schönbach mündet“, stellte Schoch fest. „Wenn er unter Wasser steht, kann das Regenüberlaufbecken seine Funktion nicht erfüllen.“Dieses ist nötig, um den Schönbach sauberer zu halten.
Bisher wird bei Starkregen im Regenüberlauf
die überschüssige Menge Mischwasser - Regen- und Abwasser - über einen separaten Kanal direkt in die naheliegenden Gewässer abgeleitet. Das bedeutet: Im Bach landen auch Fäkalien und Feststoffe wie Toilettenpapier. Im RÜB soll das überschüssige Mischwasser gesammelt werden und kann nach dem Starkregen von dort aus in die Kläranlage geleitet werden.
Einfach so beseitigen können Gemeinden Biberdämme aber nicht, denn die Tiere unterliegen dem Naturschutzrecht. Wer sich am Biberdamm zu schaffen machen will, benötigt eine Genehmigung des Landratsamts. Dass in Schuras Fall der Damm beim Kanal eingerissen werden müsse, stand für Sättele außer Frage. Für den Schwarzwald-BaarKreis habe sie auch für solche Fälle einen Biber-Leitfaden erarbeitet, der unter anderem Zonen der Gewässerstrecken des Kreises ausweist, in denen sich der Biber nicht ansiedeln darf. Eine Möglichkeit für Gemeinden und Städte, sich schneller einen Überblick zu verschaffen, wann ein Damm bleiben muss und wann er zerstört werden darf, sagte sie.
Am Schönbach sollten außerdem große Bäume als Schattenspender geschützt vorm Biber - nachgepflanzt werden. „Das Wasser erwärmt sich zu stark“, so Sättele. Auch die Bypässe im unteren Bereich des Schönbachs müssten überarbeitet werden. Sie schätzt, dass den Bibern das Revier an Schuras Schönbach aufgrund des Nahrungsangebots noch rund zehn Jahre als Lebensraum dienen wird.
Aktuell bewohnt eine vierköpfige Biberfamilie den Schönbach. Karl Braun, naturinteressierter Schuremer, hat die nachtaktiven Tiere per Wildkamera eingefangen und dem Ortschaftsrat seinen Film „Die
Nacht der Biber“vorgeführt. „Ich habe seit meiner Kindheit ein inniges Verhältnis zum Bach und bin schon auch traurig, dass dem Biber alles überlassen wird und die Renaturierung zunichte gemacht wird“, sagte er. Die Stadt hatte den Schönbach im mittleren Abschnitt 2015 für 180 000 Euro aufwendig renaturieren lassen. Seit 2019 haben die Biber in dem Bereich mehrere Dämme gebaut und die Renaturierung praktisch sinnlos gemacht. Für Bettina Sättele brachte der Film die Erkenntnis, dass am Schönbach nicht nur der Biber, sondern auch die Nutria (Biberratte) lebt.
Sowohl Braun als auch Schoch stellten die Frage, wo sich die beiden Jungtiere künftig ansiedeln werden. Denn sobald diese mit zwei bis drei Jahren geschlechtsreif werden, verlassen sie die Familie und suchen sich ein eigenes Revier. Sättele wies darauf hin, dass Biber sich in heftige Revierkämpfe verstricken, die aufgrund von Verletzungen auch tödlich enden können. „Der Biber reguliert sich selbst sehr stark“, sagte sie. Viele Biber würden auch durch den Straßenverkehr getötet.