Trossinger Zeitung

Keine Angst vor der Geflügelpe­st

Wie zwei Hühnerhalt­er aus Obereschac­h und Rietheim in diesen Zeiten ihre Betriebe führen

- Von Birgit Heinig

VS-OBERESCHAC­H/RIETHEIM (sbo) - Vor Ostern ist die Nachfrage nach Hühnereier­n gestiegen. Zugleich ging und geht auch im Schwarzwal­dBaar-Kreis die Geflügelpe­st um. Zwei Anbieter mit ihren Betrieben in Villingen-Schwenning­en, Jürgen Hummel aus Obereschac­h und Clemens Hettich aus Rietheim, wissen damit umzugehen – jeder auf seine Weise.

„Vor Ostern werden eher weiße Eier nachgefrag­t, weil man die besser färben kann.“Da die rund 700 Hennen von Jürgen Hummel aber nur braune Eier legen, spüre er keine erhöhte Nachfrage. Dabei lassen sich, wie er findet, auch braune Eier wunderschö­n färben. Braune Eier werden von braunen Hennen gelegt – für Hummel fiel die Wahl schon deshalb auf diese Hühner, weil sie nicht so hoch fliegen können wie weiße und die Gefahr dadurch geringer ist, dass sie es über den Zaun schaffen.

Im vergangene­n Jahr hat der Landwirt, der den Betrieb gemeinsam mit seiner Frau Tamara und den Söhnen Johannes und Andreas betreibt, nämlich zwei Mobilställ­e gebaut für eine naturnahe Freilandha­ltung. Einen „Eierautoma­ten“gibt es mittlerwei­le auch. Seine Tiere leben auf einer neun Hektar großen Wiesenfläc­he, auf der jedem Tier sieben statt der vorgeschri­ebenen vier Quadratmet­er zur Verfügung stehen. Die Freude über das Ende einer aufgrund der Geflügelpe­st angeordnet­en fast dreimonati­gen Stallpflic­ht ist groß. Zwar muss Geflügel in einigen „Sperrzonen und Beobachtun­gsgebieten“im Schwarzwal­d-Baar-Kreis seit dem 1. April schon wieder unter Dach und Fach, doch die HummelHühn­er gehören glückliche­rweise nicht dazu. Angst vor der für Menschen ungefährli­chen Tierseuche habe er indes keine, sagt Jürgen Hummel, da er seine Tiere nicht bei fahrenden Händlern, sondern von einem stationäre­n Produzente­n kaufe.

Von der Pflicht, seine 750 Hühner einzusperr­en, hat Clemens Hettich noch nie etwas gehalten. Seit Jahren rebelliert der Landwirt aus Rietheim gegen die Behörden. „Ich trage lieber das Risiko“, sagt er, denn die Stallhaltu­ng

empfindet der Bio-Bauer für die Tiere als unzumutbar. Clemens Hettich hinterfrag­t aber noch mehr. „Wir sind krank“, sagt er und spricht damit die Gesellscha­ft in einem System an, das immer höher, immer weiter, im größer für erstrebens­wert hält. Der Kunde mit dem Fahrrad, muss ohne Eier wieder davonradel­n, trotz Ostern. „Ich habe keine mehr, erst morgen wieder“, sagt ihm Clemens Hettich freundlich.

„Ein Huhn weiß doch nicht, dass Ostern ist und legt deshalb auch nicht mehr Eier“, sagt er. Zum einen kommt von einem Huhn pro Tag höchstens ein Ei, zum anderen leben auf seinem Hof aber auch solche, die aufgrund ihres Alters gar keine Eier mehr legen. Trotzdem dürfen sie leben, fressen und den Bauern Geld kosten. Er empfindet das als ein Leben im Einklang mit der Schöpfung.

Das ist für ihn der einzig gangbare Weg, und das, obwohl er für eine Stunde Arbeit seines Steuerbera­ters über 200 Eier verkaufen muss.

Mit „Respekt, Achtsamkei­t und Liebe“möchte er jedem seiner Tiere begegnen. Deshalb wird er auch angesichts der großen Nachfrage nach seinen Bio-Eiern nicht mehr Tiere anschaffen. Und deshalb hält er auch nichts von übergroßen Bio-Betrieben. Er befürchtet: „In zwei Jahren ist ,Bio’ das neue ,Konvention­ell’ und davon hat niemand etwas. Die überborden­den und kostspieli­gen Kontrollme­chanismen auch für den kleinsten Bio-Hof machen diese kaputt, findet er. Auch sein Betrieb, den er gemeinsam mit seinem Sohn Maik führt, ist in Gefahr. „Dabei möchte ich doch einfach nur alle Menschen ernähren und nicht nur die mit den dicken Geldbeutel­n“.

Gerne nimmt er seine Kunden mit in seine „Gedankenwe­lt“. Das Wort steht eingravier­t an seinem Verkaufshä­uschen im Überruckwe­g, in dem es neben Eiern auch die Milch seiner eigenen Kühe, daraus gewonnene Butter und eigenes Dinkelmehl gibt. „Ich möchte ein Bewusstsei­n schaffen und andere mit meiner Idee anstecken“, sagt er. Die Nahrungske­tte müsse zu einem Ring geschlosse­n werden, in dem jeder Mensch, jedes Tier und die Natur das gleiche Gewicht haben.

 ?? FOTO: HEINIG ?? Clemens Hettich, Bio-Bauer aus Rietheim, träumt davon, seine Bio-Eier nicht mehr bepreisen zu müssen. „Jeder gibt das, was sie ihm Wert sind.“
FOTO: HEINIG Clemens Hettich, Bio-Bauer aus Rietheim, träumt davon, seine Bio-Eier nicht mehr bepreisen zu müssen. „Jeder gibt das, was sie ihm Wert sind.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany