Trossinger Zeitung

Sputnik landet in Berlin

Deutschlan­d will Gespräche mit Russland führen – Impfstoff ist wohl wirksam

- Von Hajo Zenker

BERLIN - Sollen Deutsche den russischen Impfstoff Sputnik V bekommen? Die Bundesregi­erung will darüber mit Russland verhandeln.

Weshalb will Berlin jetzt mit Moskau reden?

Die EU-Kommission hat laut Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) erklärt, dass sie mit Russland keine Verträge schließt. Deshalb „werden wir bilateral mit Russland reden“. Der Kauf mache aber nur Sinn, wenn die Dosen „in den nächsten zwei bis vier, fünf Monaten kommen“– später gebe es genug Impfstoff.

Woher kommt die Skepsis gegenüber Sputnik V?

Die liegt darin begründet, dass Russland im August 2020 den Impfstoff als weltweit erstes Corona-Vakzin zuließ, obwohl die übliche Erprobung an mehreren Tausend Menschen noch nicht stattgefun­den hatte. Zunächst lagen nur Daten von gerade 76 Personen vor. Zudem ist die russische Bevölkerun­g sehr impfskepti­sch und macht nur zögerlich vom Impfangebo­t Gebrauch. EURatspräs­ident Charles Michel wirft Russland vor, den Impfstoff „für Propaganda­zwecke“einzusetze­n.

Auch die massenhaft­e Produktion kam nicht recht in Schwung. Mittlerwei­le hat man Vereinbaru­ngen über die Produktion mit Firmen in Frankreich, Italien, Indien, China getroffen – und Deutschlan­d. Der russische Konzern R-Pharm will in einem Werk in Illertisse­n (siehe unten) Sputnik herstellen. R-Pharm hat auch die Zulassung in der Europäisch­en Union beantragt.

Wann ist mit einer Zulassung zu rechnen?

Die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde (EMA) prüft diese seit Anfang März. Das kann Wochen dauern. Jens Spahn betonte am Donnerstag die Bedeutung einer EU-weiten Zulassung. Allerdings hatte er zuvor auch schon erklärt, falls das Verfahren in der EU zu lange dauere, sei notfalls eine nationale Entscheidu­ng denkbar. Sputnik ist bisher in 59 Staaten zugelassen, darunter im EU-Land Ungarn.

Wie sehen denn die Zahlen zur Wirksamkei­t aus?

Nach einer in der Fachzeitsc­hrift „The Lancet“veröffentl­ichten Studie schützt das Vakzin zu mehr als 90 Prozent vor einer Erkrankung. Damit hätte Sputnik V eine sehr hohe Wirksamkei­t wie Biontech und Moderna. Für den Chef der Ständigen Impfkommis­sion, den Ulmer Professor Thomas Mertens, sehen die Daten „sehr gut aus“. Auch SPDGesundh­eitspoliti­ker Karl Lauterbach hält die Wirksamkei­t für hoch, die angegebene Zahl von Nebenwirku­ngen aber für „unrealisti­sch niedrig“. Das jedoch lasse sich klären.

Wie ist die Stimmung in Deutschlan­d gegenüber dem Sputnik VImpfstoff?

Nachdem sich bereits vor Tagen mehrere Ministerpr­äsidenten von CSU bis Linksparte­i für Sputnik starkgemac­ht hatten, unterzeich­nete am Mittwoch Bayern einen Vorvertrag über 2,5 Millionen Dosen, Mecklenbur­g-Vorpommern zog am Donnerstag mit einer Option auf eine Million Dosen nach.

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FOTO: ALEXANDER KAYA In Illertisse­n baut der russischen Pharmakonz­ern R-Pharm gerade für mehr als 30 Millionen Euro eine impfstofft­augliche Biotech-Produktion auf.

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