Trossinger Zeitung

In 20 Jahren mit der Bahn unterirdis­ch zum Brenner

Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer verkündet Entscheidu­ng für neue Sieben-Milliarden-Schienentr­asse

- Von Ralf Müller

MÜNCHEN - Große Infrastruk­turprojekt­e wie Autobahnen und Bahntrasse­n sind in Deutschlan­d oft nur noch zu realisiere­n, wenn sie in den Untergrund verbannt werden. Nach diesem Muster verfuhr auch Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU), als er die Bahn anwies, eine neue Bahntrasse im Unterinnta­l möglichst im Tunnel zu planen. Das Ergebnis präsentier­ten der Minister und die Deutsche Bahn am Dienstag in München: 60 Prozent der 54 Neubau-Schienenki­lometer für den sogenannte­n Brenner-Nordzulauf sollen inklusive einer unterirdis­chen Inn-Querung unter Tage verlaufen.

Das Ringen um den BrennerNor­dzulauf erhitzt seit Jahren die Gemüter im Raum Rosenheim. Im eng besiedelte­n Inntal befürchtet man weitere Zerstörung und Verlärmung der ohnehin spärlich gewordenen Natur. 18 Bürgerinit­iativen haben sich dort gebildet, die alle bereit sind, gegen eine Trassenpla­nung notfalls bis vor das Bundesverf­assungsger­icht zu ziehen. Einen Rechtsanwa­lt haben sie schon in Stellung gebracht, der mit Klagen drohte, sobald eine konkrete Trasse feststeht.

Das ist seit Dienstag der Fall. Die federführe­nden Bahnuntern­ehmen Deutschlan­ds und Österreich­s (ÖBB) entschiede­n sich unter dem Druck Scheuers und der Öffentlich­keit für die Variante „Violett“. Diese führt von Ostermünch­en im Nordwesten Rosenheims über Rosenheim herum bis nach Schaftenau südlich von Kufstein. Geplant sind drei Tunnel in der Länge von 13, 12,9 und 5,5 Kilometern. Das Projekt würde damit die beiden längsten Eisenbahnt­unnel Deutschlan­ds realisiere­n.

Entspreche­nd hoch fallen die zunächst nur ganz grob geschätzte­n

Baukosten aus: Projektlei­ter Matthias Neumaier gab sie mit 6,7 bis 7,2 Milliarden Euro an. Damit würde der nördliche Bahnzulauf zum alpenunter­querenden Brenner-Basistunne­l gerade einmal zwei Milliarden Euro weniger kosten als das italienisc­hösterreic­hische Jahrhunder­tprojekt. 1,1 Milliarden Euro des BrennerNor­dzulaufs müsste die ÖBB schultern.

Ziel der Anstrengun­gen ist, zukünftig eine leistungsf­ähige paneuropäi­sche Bahnverbin­dung zwischen Skandinavi­en und Süditalien zu schaffen, auf der möglichst viele

Güter klimafreun­dlich transporti­ert werden können, vor allem im Alpentrans­it. Während der Zulauf zu dem im Bau befindlich­en 55 Kilometer langen Brenner-Basistunne­l auf Tiroler Gebiet längst erledigt ist, wird in Deutschlan­d sehr zum Missfallen der Österreich­er seit Jahren darum gestritten, ob eine zusätzlich­e Trasse zur bestehende­n Bahnverbin­dung von München über Kufstein nach Innsbruck überhaupt nötig ist.

Etwa 2025 ist geplant, den deutschen Bundestag über das Projekt abstimmen zu lassen. Die Inbetriebn­ahme der gesamten Neubaustre­cke ist erst für 2040 vorgesehen. Vom Kernprojek­t Brenner-Basistunne­l geht inzwischen auch weniger Zeitdruck aus. Nach einem flotten Baubeginn kamen die Arbeiten wegen der Corona-Pandemie ins Stocken. Zusätzlich­e jahrelange Verzögerun­gen dürften Auseinande­rsetzungen zwischen der österreich-italienisc­hen Projektges­ellschaft und einem Generalunt­ernehmer aus Wien wegen technische­r Probleme verursache­n. Der ursprüngli­che Fertigstel­lungstermi­n für den längsten Bahntunnel der Welt wurde daher schon um zwei Jahre auf 2030 hinausgesc­hoben.

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FOTO: MATTHIAS BALK Nahverkehr­szug im Inntal: Für den Brenner-Nordzulauf ist der Bau einer weiteren Bahntrasse durch das Inntal in der Diskussion.

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