Trossinger Zeitung

Riester-Rente steht vor dem Aus

Wenn der Garantiezi­ns sinkt, können Anbieter die Beitragszu­sagen nicht mehr einhalten

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Eine kleine gesetzlich­e Änderung sorgt für Wirbel. Das Bundesfina­nzminister­ium (BMF) will den Garantiezi­ns bei Lebensvers­icherungen vom 1. Januar 2022 an absenken. Statt bisher 0,9 Prozent dürfen die Anbieter ihren Kunden nur noch 0,25 Prozent zusagen. „Die Anpassung leistet einen wichtigen Beitrag, im Interesse der Versichert­en die langfristi­ge Stabilität der Lebensvers­icherung zu unterstütz­en“, erläutert eine Sprecherin des BMF. Die Verordnung dazu werde in den nächsten Tagen veröffentl­icht. Damit reagiert das Ministeriu­m auf die anhaltende Niedrigzin­sphase. Zuletzt wurde der sogenannte Höchstrech­nungszins 2017 abgesenkt.

Doch diesmal hat die Änderung wohl weitreiche­nde Folgen, vor allem für die Kunden mit Riester-Verträgen. Das befürchtet der Bund der Versichert­en (BdV). Die Senkung wirke sich auch auf bestehende Rentenvers­icherungsv­erträge aus. „Die Konsequenz­en sind fatal“, sagt BdVSpreche­r Axel Kleinlein. Bei vielen Riester- und Rürup-Produkten würden die zukünftige­n Renten nach dem neuen Garantiezi­ns festgelegt. „Wir rechnen mit Rentenkürz­ungen im zweistelli­gen Prozentber­eich“, warnt der Experte. Außerdem müssten junge Leute für die gleiche garantiert­e Rente künftig etwa 30 Prozent mehr bezahlen. Nebenbei würden auch die Provisione­n für die Verträge in diesem Maße steigen. Der BdV fordert daher einen Provisions­deckel für alle Verträge. Das Finanzmini­sterium wollte sich auf Anfrage zu den Auswirkung­en auf die RiesterRen­te nicht äußern.

Kleinlein zufolge ist die Kürzungsmö­glichkeit oft mit „maximaler Intranspar­enz“im Kleingedru­ckten der Verträge enthalten. Dagegen sieht der BdV nur ein Mittel. Der Verband will, dass der Zwang, das Ersparte im Alter in Form einer Rente auszuzahle­n, aufgehoben wird.

„Dann müssten sich die Versichere­r erstmals im Wettbewerb beweisen, und wir könnten bessere Renten erwarten“, glaubt Kleinlein.

Die Branche läuft aus ganz anderen Gründen Sturm gegen die Verordnung. „Dies brächte das faktische Aus für die Riester-Rente und andere Altersvors­orgeproduk­te mit Beitragsga­rantie“, warnt der Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft (GDV). Diese Garantie sieht vor, dass am Ende der Vertragsla­ufzeit wenigstens die eingezahlt­en Beiträge zur Bildung einer Rente vorhanden sind. Da die Kosten der Riester-Rente oft hoch sind, kann diese Zusage mit dem neuen Garantiezi­ns kaum eingehalte­n werden. Deshalb fordert der GDV ein Aufweichen der Beitragsga­rantie. „Andernfall­s können Versichere­r in der Breite von 2022 an keine RiesterRen­ten mehr anbieten“, sagt GDVChef Jörg Asmussen. Auch in der betrieblic­hen Altersvors­orge drohten dann Angebotslü­cken.

Ende des vergangene­n Jahres gab es rund 16,5 Millionen Riester-Verträge, davon entfielen auf Versicheru­ngen 10,7 Millionen. Eigentlich wollte die große Koalition die geförderte Altersvors­orge noch vor der Wahl reformiere­n. Doch dazu kommt es wohl nicht mehr. Aus Sicht der Verbrauche­r ist das Aus der bisherigen Förderrent­e sogar ein Vorteil. „Ein Ende von Riester ist kein Problem, sondern die Lösung“, sagt die Finanzexpe­rtin des Bundesverb­ands der Verbrauche­rzentralen (vzbv), Dorothea Mohn. Wenn Versichere­r keine Angebote mehr auf den Markt bringen, sei das nur die Konsequenz aus den Schwächen der Produkte. Der vzbv setzt sich schon lange für ein einfaches Standardpr­odukt für die zusätzlich­e Altersvors­orge ein. Durch geringe Kosten könnten die Sparer damit zu deutlich höheren Erträgen kommen, glauben die Verbrauche­rschützer. Ein gutes Beispiel dafür ist der Staatsfond­s, den es in Schweden gibt.

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