„Damoklesschwert über dem Königshaus“
Gräfin Leontine von Schmettow zur Lage der britischen Monarchie
HAMBURG - Am 21. April wird Queen Elizabeth II. 95 Jahre alt. Die ARD-Königshausexpertin Leontine Gräfin von Schmettow hat sich in ihrer TV-Dokumentation „Die Queen – Standhaft in stürmischen Zeiten“erneut der Monarchin genähert. Im Gespräch mit Urs Mundt vom Evangelischen Pressedienst (epd) erläutert die Journalistin die gegenwärtigen Herausforderungen der britischen Monarchie.
Frau von Schmettow, warum sind die Zeiten für die Queen stürmisch?
Mit Prinz Philip hat die Queen ihren wichtigsten Ratgeber und engsten Vertrauten verloren. Erstmals nach fast 70 Jahren steht sie in ihrem Amt ganz alleine da. Der Verlust bedeutet für die Königin sicher eine große Leere. Jetzt sind erst einmal Stille und Trauer angesagt. Doch die anderen Probleme bleiben: Prinz Harry und seine Frau Meghan haben sich 2020 vom Königshaus losgesagt und es mit ihrem Interview mit der USTalkmasterin Oprah Winfrey am 7. März direkt angegriffen.
Sie meinen die Vorwürfe Meghans, der Palast habe sie psychisch unter Druck gesetzt, nicht genügend beschützt, und ein Familienmitglied habe sich rassistisch über ihren damals ungeborenen Sohn geäußert? Ja, das mag alles zutreffen. Das Paar schadet der Queen aber, wenn es Familieninterna vor der Weltöffentlichkeit ausbreitet. Die Queen hat die die Vorwürfe zwei Tage später souverän pariert, indem sie mitteilen ließ, dass man sie ernstnehme, wenn sich auch „die Erinnerungen unterscheiden mögen“. Das Interview hat auch Harrys Beziehung zu seinem
Vater und zu seinem Bruder zusätzlich belastet. Vielleicht gibt die Trauerfeier für Prinz Philip Gelegenheit für eine neue Annäherung. Dass Meghan nicht dabei ist, erhöht die Chancen. Noch größere Sorge bereitet Elizabeth II. ihr sogenannter Lieblingssohn. Viele befürchten, dass Prinz Andrew tiefer in den Missbrauchsskandal um Jeffrey Epstein verstrickt ist als bislang bekannt. Die einstige Epstein-Vertraute Ghislaine Maxwell, mit der auch Andrew befreundet war, könnte ihn aus der amerikanischen U-Haft heraus schwer belasten. Das schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Königshaus.
Ist Abdankung für die Queen eine Option?
Das widerspräche ihrem Pflichtgefühl. Als sie zehn Jahre alt war, hatte ihr Onkel Edward VIII. nach nur elf Monaten auf dem Thron Elizabeths Vater die Krone überlassen, um seine nach damaligen Maßstäben untragbare Verlobte zu heiraten. Das hat die Monarchie nah an den Abgrund und die Familie in große Bedrängnis gebracht, besonders ihren Vater, der mit seinem Stottern als König sehr gelitten hat. Das wird die Queen nie vergessen.
Warum ist sie so sehr auf das Ansehen ihres Hauses bedacht?
Die britische Monarchie ist mehr als 1000 Jahre alt und nicht von Wählerstimmen abhängig. Sie wird aber zum großen Teil mit Steuergeldern finanziert und ist daher sehr wohl auf die Zustimmung des Volkes angewiesen. Sollten die Briten zu der Auffassung kommen, dass diese Institution überflüssig ist, hat sie ein Problem. Noch aber liegen die Vorteile auf der Hand: Die Monarchie macht einen Gutteil der nationalen Identität aus und ist auch ein großer Tourismusmagnet.
Wie beurteilen Sie die Aussichten der britischen Monarchie?
Prinz Charles wird vermutlich eine Art Übergangskönig sein. Aus Sicht der Queen sind ihr Enkel William und seine Frau Kate die Zukunft. Tatsächlich sind die beiden beim Volk sehr beliebt. Wie die Queen ist auch Kate sehr diszipliniert und hat diesen unbedingten Willen, dem Land und dem Volk zu dienen. Die Queen hat das erkannt und setzt große Hoffnungen auf William und Kate. Sie gehören aber einer anderen Generation an und können nicht ohne weiteres in die großen Fußstapfen der Queen treten. Sie müssen ihren eigenen Weg finden, um das Amt und die Tradition authentisch und glaubwürdig zu vertreten. An Harry und Meghan sehen wir, dass diese Aufgabe für junge Menschen eine große Bürde sein kann.