Jetzt starten die Kindergärten mit Lolli-Tests
Stadt hat Schnelltests für rund 1700 Kinder geordert – Eltern müssen Einwilligung geben
TUTTLINGEN - Sieht aus wie ein Lutscher, ist aber aus einer Art Schaumstoff und dient als Antigen-Schnelltest. In den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen wird der Lollitest ab Donnerstag auf freiwilliger Basis zweimal die Woche angeboten. Auch die freien Träger ziehen mit. Rund 1700 Kinder bis sieben Jahren in der Stadt und den Ortsteilen werden damit in das allgemeine Testverfahren eingebunden. Voraussetzung ist, dass die Eltern zustimmen.
Momentan sind vier Gruppen in den städtischen Einrichtungen wegen positiven Corona-Fällen geschlossen. Laut Stadtverwaltung zeigen neue Erkenntnisse, dass Infektionsherde seit Jahresbeginn verstärkt in Gemeinschaftseinrichtungen auftreten. „Das Landesgesundheitsamt empfiehlt deshalb aktuell auch die Testungen in Kindertageseinrichtungen“, teilt Stadtsprecher Arno Specht mit.
Die Stadt Tuttlingen hat die Tests beschafft und stellt sie den Einrichtungen zur Verfügung. Dafür wird sie bis zum Sommer 50 000 Euro ausgeben. Das Land habe bereits angekündigt, sich an den Kosten beteiligen zu wollen. Specht: „So wie bei der Stadt wird ein Teil der Kosten auch bei den anderen Trägern verbleiben.“Also die Summe, die über den angekündigten Landeszuschuss hinausgeht.
Die städtischen Einrichtungen haben die Eltern über die Testaktion informiert. Die evangelische Kirchengemeinde hat den Elternbrief am Dienstag herausgegeben. Die katholische Kirche wartet laut Marianne Gajo, Leiterin der katholischen Gesamtkirchenpflege, noch auf einige Einwilligungsbescheide der Eltern. „Ansonsten
ANZEIGE
machen wir es genau gleich wie die Stadt“, sagt sie.
Was sagen die Eltern dazu? Noch sei es zu früh, darüber eine abschließende Aussage zu treffen, da einige die Info erst diese Woche erhalten hätten. Bisher sei die Resonanz aber positiv gewesen, so Arno Specht. Nur wenige Eltern hätten sich kritisch geäußert. „Die überwiegende Mehrheit, die reagiert hat, ist dankbar für diese Möglichkeit.“So auch Maren Klose. „Ich finde das super und kann die Testaktion nur unterstützen“, sagt sie. Ihre Tochter Laura besucht den Kindergarten Altwegen. „Das bedeutet Sicherheit für uns alle, zumal die Kindergartenkinder und Erzieher ja auch keine Maske tragen. Natürlich ist es immer nur eine Momentaufnahme.“Dadurch, dass der Schnelltest mit einem Lolli gemacht wird, findet sie ihn für die Kinder zumutbar. Sie ist aber auch gespannt, ob und zu wie vielen Gruppenschließungen es kommt, wenn Tests positiv ausfallen sollten.
Das Angebot zur Testung ist zunächst zweimal pro Woche vorgesehen. „Optimal wäre es, wenn die Kinder gleich beim Kommen getestet werden könnten“, sagt Mandy Hamma, Abteilungsleiterin Familie und
Kindergärten bei der Stadt. Aus organisatorischen Gründen wird das nicht immer möglich sein. Daher ist angedacht, dass die Kinder nach dem Morgenkreis einzeln von den Erzieherinnen in einer Ecke oder einem abgetrennten Raum getestet werden. Die Stadtverwaltung schaut, wie das System angenommen wird. Ziel sei es, die Lollitests im Kindergartenalltag zu etablieren.
Dabei wird das den Kindergartenalltag erst mal kräftig durcheinander wirbeln. „Ein bis zwei Stunden fallen dabei pro Testtag weg, das beeinträchtigt die Abläufe natürlich schon“, sagt Beate Mink, die in der evangelischen Kirchengemeinde für die Kindergärten zuständig ist. Gleichzeitig seien die Erzieher aber auch froh darüber, dass nun auch die Kinder getestet würden.
„Es ist eine gute Sache, um die Pandemie damit weiterhin bekämpfen zu können“, findet Magdalena Koller, stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende der Kita Alte Post. Ob die Aktion Erfolg hat, hängt aus ihrer Sicht auch davon ab, wer alles mitmacht. „Uns ist wichtig, dass die Kinder die Tests gut vertragen“, ergänzt sie. Nasal-Schnelltests hätte sie nicht gut gefunden.
In der Stadtverwaltung ist man sich bewusst, dass die Testaktion auch eine Herausforderung darstellt. Ziel sei es, für alle einen möglichst reibungslosen Kindergartenalltag unter Pandemiebedingungen herzustellen. Specht: „Das ist nur möglich, wenn jeder seinen Beitrag leistet. Auch, wenn es unter Umständen bedeutet, neue Wege gehen zu müssen.“Laut Marianne Gajo sollen demnächst auch Lollitests ausgegeben werden, die die Eltern zu Hause an ihren Kindern anwenden können.
Als Ergänzung wird bei den städtischen Kindergärten zu den Bringzeiten ein Testmobil Halt machen. Vorgesehen ist das „niederschwellige Angebot für Familien“, so die Stadt, alle 14 Tage pro Kindergarten. Start ist Mittwoch diese Woche. Sollte es gut angenommen werden, könnten die Testzeiten ausgebaut werden.
Doch was geschieht, wenn sich ein positiver Schnelltest als falsch herausstellt? So verweist eine Kindergarten-Mutter auf das Risiko, dass dann eine komplette Einrichtung oder Gruppe in Quarantäne müsse – letztlich grundlos. „Ich persönlich finde das nicht gut“, sagt sie zu den Testungen in den Kindergärten. Namentlich genannt werden möchte sie nicht.
Maren Klose dagegen würde sich wünschen, dass die Lollitests auch in den Grundschulen Anwendung finden. Ihr Sohn Simon besucht die Schildrainschule, in der zweimal die Woche Nasal-Antigen-Schnelltests gemacht werden. Dafür wird ein Stäbchen etwa zweieinhalb Zentimeter tief in die Nase eingeführt. „Das sehe ich kritischer“, sagt Maren Klose. Sie und ihr Mann überlegen, ob sie ihren sechsjährigen Sohn dieser Prozedur aussetzen wollen. Doch ab dem 19. April ist in Stadt- und Landkreisen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 ein negatives Testergebnis Voraussetzung für die Teilnahme am Unterricht. Wenn er nicht getestet wird, darf er auch nicht in die Schule.
Diese Regelung gibt es für die Kindergärten – momentan – nicht, man setzt auf Freiwilligkeit. Doch überall gilt: Sollte ein Schnelltest positiv ausfallen, muss ein PCR-Test erfolgen. Erst der bringt weitere Sicherheit.