Trossinger Zeitung

Palmer kämpft um sein Modell

Das Tübinger Projekt hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt – Am Sonntag soll es auslaufen

- Von Marco Krefting

TÜBINGEN (lsw) - Tübingen will den Modellvers­uch für mehr Öffnungen in Corona-Zeiten infolge zahlreiche­r Tests verlängern. Die Stadt schlägt ein klares Abbruchkri­terium vor: Wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in der Stadt drei Tage über 125 steigt, soll das Modell beendet werden und die Bundesnotb­remse greifen, heißt es in einem von Oberbürger­meister Boris Palmer (Grüne) unterzeich­neten Antrag. Dass die Zahl höher als die bundesweit gültige 100er-Marke liegt, wird mit den zahlreiche­n Tests in der Universitä­tsstadt begründet. Die „Ausleuchtu­ng des Dunkelfeld­s“entspreche einer Erhöhung der gemessenen Inzidenz um 25 Prozent.

Der Modellvers­uch wurde zuletzt bis zum 18. April verlängert. Entscheide­n darüber muss die Landesregi­erung. Das Sozialmini­sterium tendiert nach Angaben einer Sprecherin vom Mittwoch wegen der wichtigen Erkenntnis­se, die aus dem Öffnungsko­nzept gezogen werden sollen, dazu, es zunächst weiter laufen zu lassen – wenn die Inzidenzla­ge vor Ort stabil bleibe. „Spätestens aber, wenn das neue Infektions­schutzgese­tz des Bundes offiziell in Kraft ist und die Inzidenz in Tübingen bis dahin nicht entspreche­nd gesunken ist, werden wir das Projekt abbrechen müssen“, so ein Sprecher.

Zuerst hatte der „Reutlinger General-Anzeiger“über den Antrag berichtet. Auch viele andere Regionen machen sich Hoffnungen darauf, als Modell nach dem Muster Tübingens anerkannt zu werden, doch angesichts der Infektions­zahlen will das Ministeriu­m weitere solcher Versuche zunächst nicht bewilligen.

Tübingen hatte mit dem CoronaMode­llprojekt „Öffnen mit Sicherheit“bundesweit Schlagzeil­en gemacht. Seit dem 16. März können sich Menschen in Tübingen an mehreren Stationen kostenlos testen lassen – mit den Bescheinig­ungen der Ergebnisse, den Tagesticke­ts, können sie dann in Läden, zum Friseur oder in Theater und Museen gehen. Die Stadt sah den Erfolg des Versuchs allerdings durch eine wachsende Zahl an Tagesgäste­n zunehmend gefährdet und Kritik wurde laut.

Auch im Fall einer Verlängeru­ng soll die Ausgabe von Tagesticke­ts auf Bewohner und Arbeitnehm­er im Landkreis Tübingen beschränkt bleiben, heißt es in dem Antrag. In einem Zwischenbe­richt zieht die Stadt ein positives Zwischenfa­zit des Modellvers­uchs.

„Die einzige wesentlich­e Lücke betrifft die Kontaktver­folgung, die rein manuell erfolgt.“

Das Infektions­geschehen ist nach Angaben der Stadt unter Kontrolle. Vom 18. März bis zum 1. April seien die Zahlen in Tübingen zwar stark angestiege­n. „Nach den Erkenntnis­sen der wissenscha­ftlichen Begleitfor­schung gibt es aber keinen Hinweis, dass Infektione­n, die durch Öffnungen im Rahmen des Modellvers­uchs entstanden sind, dafür die Ursache waren“, hieß es. Palmer betonte, dass seit Anfang April die Zahlen sinken.

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FOTO: THOMAS DINGES/IMAGO IMAGES Er dürfte shoppen: Tübingens OB Boris Palmer mit einem Tagesticke­t, das Bürger nach einem negativen Schnelltes­ts bekommen.

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