Trossinger Zeitung

Sozialer Sprengstof­f

- Von Wolfgang Mulke

Die Entwicklun­g der Mieten in vielen Regionen birgt einen enormen sozialen Sprengstof­f. Wo Wohnraum knapp geworden ist, geht die Angst um, die Miete nicht mehr bezahlen zu können. Die Furcht ist real. Schon heute geben viele Haushalte weit mehr als jene 30 Prozent ihres Einkommens für die Wohnung aus, die als angemessen gelten. Gründe für die Misere gibt es viele. Städte haben ihre Bestände an bezahlbare­n Wohnungen privatisie­rt. Der soziale Wohnungsba­u wurde zurückgefa­hren, die Verstädter­ung sorgt für eine wachsende Nachfrage in vielen Gebieten. Es wird durchaus viel neu gebaut, nur keine preiswerte­n Wohnungen. Wenn das allgemeine Mietniveau steigt, trifft es zeitverset­zt auch die Altmieter im Bestand. Ohne effektive staatliche Eingriffe ist der rasante Kostenanst­ieg nicht zu bremsen.

Mit dem Mietendeck­el wollte die Berliner Landesregi­erung Zeit gewinnen, durch Neubau den Angebotsma­ngel zu lindern. Damit ist das Land krachend gescheiter­t. Nicht, weil die Verfassung­srichter die Regulierun­g als grundgeset­zwidrig einschätze­n, sondern weil die Gesetzgebu­ngskompete­nz hier alleine dem Bund zugeschrie­ben wird. Trotzdem ist der Mietendeck­el zum Teil ein Erfolg. Denn der Druck auf wirksame Maßnahmen zur Begrenzung des Mietanstie­gs steigt. Einen Fehler muss sich der Senat aber ankreiden lassen. Die mit dem Deckel verbundene Absenkung vieler Mieten sorgt nun für hohe Nachzahlun­gen bei vielen Haushalten. Dieses Risiko hätte vermieden werden müssen.

Nun ist der Bund gefragt, obwohl es eigentlich der falsche Adressat ist. Die Wohnungsmä­rkte sind regional sehr unterschie­dlich. Entspreche­nd differenzi­ert sollte auch eine Regulierun­g der Preise sein können. Was für München, Hamburg oder Stuttgart richtig ist, muss auf dem Land nicht das richtige Rezept sein. Die Kompetenze­n hier vom Bund auf die Länder zu verlagern, würde da helfen. Sonst gibt es – wie in Berlin – womöglich auch anderswo Initiative­n, die auf eine Enteignung großer Wohnungsbe­stände setzen und dafür Zuspruch erfahren.

politik@schwaebisc­he.de

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